Carsten Schmitt, Prof. Dr. Bert Kaminski
Rz. 121
Da an einer Personengesellschaft mehrere Gesellschafter beteiligt sind, bedarf es eines Aufteilungsschlüssels, wie der potenzielle Anrechnungsbetrag auf die einzelnen Gesellschafter zu verteilen ist. Würde eine solche Zuweisung in das Belieben der Gesellschaft oder ihrer Gesellschafter gestellt, wären hiermit nicht sachgerechte Gestaltungsmöglichkeiten verbunden, die schon vor dem Hintergrund der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zu rechtfertigen wären.
Der Gesetzgeber knüpft deshalb an den allgemeinen vertraglichen oder gesetzlichen Gewinnverteilungsschlüssel an. Hierbei kommen die gesetzlichen Regelungen in §§ 120, 121, 167 HGB nur zur Anwendung, wenn gesellschaftsvertraglich nicht etwas anderes geregelt ist. Dies folgt aus der Subsidiarität der gesetzlichen Regelungen (§§ 108, 161 Abs. 2 HGB). Allerdings setzt dies voraus, dass der Gewinnverteilungsschlüssel auch steuerlich anzuerkennen ist..
Rz. 122
Eine steuerliche Korrektur des Schlüssels kann aus unterschiedlichen Gründen geboten sein. Diese kann zu einer Erhöhung oder auch zu einer Verringerung des jeweiligen Gewinnanteils führen. Als wesentliche Anwendungsfälle lassen sich nennen:
- Annahme einer vGA bei einer GmbH & Co. KG, weil die Komplementär-GmbH keine angemessene Vergütung erhalten hat und deshalb in einer Betriebsprüfung der Gewinnanteil des Kommanditisten korrigiert wird.
- Nachträgliche Änderungen von Gewinnverteilungsabsprachen.
- Eine Gewinnverteilung zwischen Familienunternehmen, die steuerlich nicht anzuerkennen ist, weil Vermögensvorteile in ungerechtfertigter Weise innerhalb des Gesellschaftskreises verschoben werden.
Rz. 123
Steuerlich anzuerkennen sind auch Gewinnverteilungsabreden, die etwa eine Mindestverzinsung für einen Gesellschafter vorsehen oder den Gewinn über eine bestimmte (i. d. R. absolute) Höhe hinaus nicht anwachsen lassen. Hingegen sind gewinnabhängige Vorabgewinne und Sondervergütungen nicht im Aufteilungsschlüssel zu berücksichtigen.
Nach § 35 Abs. 2 S. 2 EStG i. V. m. § 35 Abs. 4 EStG richtet sich der Anteil eines Mitunternehmers am GewSt-Messbetrag und an der zu zahlenden GewSt nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. Ein "Vorabgewinnanteil" i. S. v. § 35 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 EStG ist dadurch gekennzeichnet, dass der betroffene Gesellschafter vor den übrigen Gesellschaftern aufgrund gesellschaftsvertraglicher Abrede einen Anteil am Gewinn erhält. Der "Vorabgewinnanteil" ist vor der allgemeinen Gewinnverteilung zu berücksichtigen und reduziert den noch zu verteilenden Restgewinn.
Rz. 124
Das Abstellen auf den zivilrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel hat zur Folge, dass die Qualifikation von Vergütungen zwischen dem Mitunternehmer und der Personengesellschaft nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Halbs. EStG keine Berücksichtigung findet. Vielmehr wird der GewSt-Messbetrag insoweit nicht beeinflusst. Außerdem bleiben Vorgänge im Sonderbetriebsvermögen und gewinnunabhängige Tätigkeitsvergütungen unberücksichtigt.
Rz. 125
Die Nichtberücksichtigung der Sondervergütungen kann zu erheblichen Unstimmigkeiten bei den Gesellschaftern führen, indem die Gesellschafter etwa gleich hohe Anrechnungsmöglichkeiten erhalten, obwohl sie sehr unterschiedlich hohe Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen.
Sondervergütungen ändern nichts am Zurechnungsmaßstab der Anrechnung
An der A & B OHG sind die ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtigen natürlichen Personen A und B jeweils hälftig beteiligt. A ist Geschäftsführer und erhält hierfür eine Vergütung i. H. v. 200.000 EUR. Der Steuerbilanzgewinn der OHG, der vereinfachend dem Handelsbilanzgewinn und dem Gewerbeertrag entsprechen soll, beträgt 300.000 EUR.
Es ergibt sich folgende Situation:
|
Gesamt |
A |
B |
Steuerbilanzgewinn |
300.000 |
150.000 |
150.000 |
Geschäftsführervergütung |
200.000 |
200.000 |
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Einkünfte |
500.000 |
350.000 |
150.000 |
Anteil an den Einkünften |
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70 % |
30 % |
Ermäßigung nach § 35 EStG |
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GewSt-Messbetrag |
16.642,50 |
8.321,25 |
8.321,25 |
4,0-Faches |
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33.285,00 |
33.285,00 |
Anteil am Messbetrag |
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50 % |
50 % |
Obwohl sich der Gewinn auf die Gesellschafter A und B im Verhältnis 70:30 verteilt, bekommen beide die Hälfte des GewSt-Messbetrags als Anrechnungspotenzial zugewiesen.
Rz. 126
Entsprechende Divergenzen entstehen auch, wenn ein Gesellschafter hohe Einkünfte aus dem Sonderbetriebsvermögen erzielt, etwa weil Wirtschaftsgüter mit hohen stillen Reserven veräußert werden. Dies kann dazu führen, dass ein negatives Ergebnis aus dem Gesamthandsvermögen positiv wird und dadurch erst eine Steuerbelastung ausgelöst wird. Hierbei ist auch zu beachten, dass die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils – vorbehaltlich der Steuerbefreiung nach § 7 S. 2 Halbs. 2 EStG – grundsätzlich nach § 7 S. 1 GewStG i. V. m. § 16 Abs. 1 EStG gewerbesteuerpflichtig ist. Hierbei geht die h. M. davon aus, dass eine Befreiung von der GewSt nur erfolgt, wenn d...