3.5.2.1 Konkurrenzverhältnis zu Kinderbetreuungskosten
Rz. 84
Um eine Doppelbegünstigung zu vermeiden, sind auch Aufwendungen von der Begünstigung nach § 35a EStG ausgeschlossen, die als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen "berücksichtigt" wurden. § 35a EStG ist gegenüber diesen anderweitigen Abzugsmöglichkeiten nachrangig. Die Nachrangigkeit des § 35a EStG hing nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 35a EStG davon ab, dass die Aufwendungen dem Grunde nach nicht unter die Abzugsmöglichkeiten gem. § 9c EStG zu subsumieren war (Wortlaut: "fallen"). § 9c EStG entfiel mit Gesetz v. 1.11.2011 ab Vz 2012 und ging in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG auf, sodass die Verweisung in § 35a Abs. 5 EStG entsprechend angepasst wurde. Es kommt darauf an, dass der Tatbestand der Abzugsmöglichkeiten gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG objektiv erfüllt ist. Nicht entscheidend ist daher, ob ein Abzug gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG (gem. § 9c EStG bis Vz 2011) tatsächlich berücksichtigt wurde und ob die Aufwendungen sich tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben. Der Stpfl. hat also insoweit kein Wahlrecht, ob er von den anderweitigen Abzugsmöglichkeiten oder von § 35a EStG Gebrauch machen will. Dies bedeutet auch, dass Aufwendungen, die den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG erfüllen, aber wegen der in der jeweiligen Vorschrift enthaltenen betragsmäßigen Abzugsbeschränkung dort nicht berücksichtigt werden, auch nicht nach § 35a EStG abgezogen werden können.
3.5.2.2 Konkurrenzverhältnis zu anderen Aufwendungen als Kinderbetreuungskosten und Erwerbsaufwendungen
Rz. 85
Anders ist das Verhältnis zu § 33 EStG zu beurteilen, da § 35a Abs. 5 EStG insoweit darauf abstellt, ob Aufwendungen "berücksichtigt wurden" (Rz. 87ff.). Anders als bei den Kinderbetreuungskosten i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG, bei denen § 35a EStG bereits dann nicht anwendbar ist, wenn die Aufwendungen dem Grunde nach unter die genannten Vorschriften fallen (Rz. 84), geht § 33 EStG nur insoweit der Vorschrift des § 35a EStG vor, wie tatsächlich ein Abzug erfolgt ist, sodass jedenfalls in Höhe der zumutbaren Belastung ein Abzug nach § 35a EStG erfolgen kann (Rz. 90). Soweit dagegen Aufwendungen für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen getätigt werden, geht ein Abzug nach § 10f EStG der Steuerermäßigung nach § 35a EStG vor allem im Hinblick auf die Arbeitskosten (§ 35a Abs. 5 S. 2 EStG) vor.
Vorrangig gegenüber § 35a EStG sind danach folgende Abzugsmöglichkeiten:
- Kinderbetreuungsaufwendungen, die dem Grunde nach gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abziehbar sind; dies gilt unabhängig davon, ob die Aufwendungen zu einem Abzug von den Einkünften oder als Sonderausgaben führen;
- nach Auffassung des BFH auch § 34f EStG (Baukindergeld); hierdurch geht der Rück- bzw. Vortrag nach § 34f Abs. 3, 4 EStG verloren, sodass die Entscheidung des BFH insoweit im Widerspruch zum Begünstigungszweck der Steuerermäßigungen stehen könnte; allerdings spricht der Wortlaut des § 35a Abs. 1 EStG ("ermäßigt sich die ESt vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen") für diese Auslegung;
- alle Aufwendungen, die dem Grunde nach Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben oder Werbungskosten) "darstellen".
Rz. 86
Im Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (BGBl 2008, 2955) wurde – offenbar versehentlich – eine Ausschlusswirkung nicht für den Fall eines Sonderausgabenabzugs geregelt. Dabei handelte es sich indes um ein erkennbares redaktionelles Versehen, sodass auch im Verhältnis zu Sonderausgaben im Vz 2009 und 2010 gilt, dass ein derartiger Abzug Vorrang vor § 35a EStG hat. Im JStG 2010 wurde dieser redaktionelle Fehler beseitigt. Ein – dem entgegenstehender – Vertrauensschutztatbestand ist angesichts der erkennbaren Systematik, nach der § 35a EStG nur subsidiär gegenüber anderen Begünstigungsvorschriften angewendet werden darf, nicht gegeben. Dies ergab sich auch aus der Begründung der Bundesregierung:
Zitat
Durch das Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen v. 22. Dezember 2008 (BGBl I S. 2955) war § 35a EStG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 umgestaltet und neu formuliert worden. Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 können die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG nur in Anspruch genommen werden für "Aufwendungen, die nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Aufwendungen für eine geringfügige Beschäftigung i. S. d. § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch darstellen oder unter die §§ 4f, 9 Abs. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 5 oder Nr. 8 fallen und soweit sie nicht als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden sind". Dieser Ausschlusstatbestand wurde in § 35a Abs. 5 S. 1 EStG übernommen. Dabei ist übersehen worden, dass der Ausschluss bei Abzug als Sonderausgaben in den Text des § 35a Abs. 5 S. 1 EStG nicht mit übernommen worden ist. Mit der Änderung des § 35a Abs. 5 S. 1 EStG durch das vorliegende Gesetz wird das redaktionelle...