3.10.3.1 Allgemeines
Rz. 78
Werden die Kapitalerträge nicht vom Steuerabzug nach Nr. 7 Buchst. a) (Rz. 72ff.) erfasst, sondern handelt es sich um Kapitalerträge, denen nicht verbriefte, d. h. einfache Kapitalforderungen zugrunde liegen, bei denen Schuldner der Kapitalerträge ein inländisches Kreditinstitut oder ein inländisches Finanzdienstleistungsinstitut ist, hat das betreffende inländische Institut den KapESt-Abzug vorzunehmen.
Rz. 79
Inländische Kreditinstitute i. S. d. Vorschrift sind
- Kreditinstitute i. S. d. KWG, d. h. Banken, Sparkassen, Volksbanken, Genossenschaftsbanken etc.;
- die Kreditanstalt für Wiederaufbau;
- Bausparkassen;
- Versicherungsunternehmen für Erträge aus Kapitalanlagen, die dem Einlagengeschäft vergleichbar sind. Dies gilt insbesondere für Zinsen aus Beitragsdepots (Depots, aus denen die in mehreren Jahresraten zu erbringende Beiträge gezahlt werden) und Ablaufdepots, in denen stehengelassene Versicherungsleistungen verwaltet werden. Der KapESt-Abzug ist erstmals für Versicherungsverträge vorzunehmen, die nach dem 31.12.2006 abgeschlossen werden (§ 52 Abs. 53a EStG);
- die Deutsche Bundesbank (sowohl bei normalen Bankgeschäften als auch bei Bankgeschäften mit ihren Betriebsangehörigen);
- inländische Zweigstellen ausl. Kreditinstitute i. S. d. § 53 KWG (Rz. 194) und i. S. d. § 53b KWG (Rz. 195), nicht aber ausl. Zweigstellen inländischer Kreditinstitute.
Die inländische Zweigstelle gilt anstelle des ausl. Kreditinstituts als Schuldner der Kapitalerträge (zum Inlandsbegriff i. S. d. Vorschrift vgl. Rz. 81).
Rz. 80
Zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen i. S. d. Vorschrift gehören z. B. Zinsen aus
- Bankkonten aller Art, d. h. aus Sparkonten und Girokonten,
- Sichteinlagen,
- Postsparguthaben, Postgiroguthaben,
- Sparbriefen,
- Banksparplänen,
- Fremdwährungskonten (dazu Rz. 80a),
- Schuldscheindarlehen,
- Sparobligationen,
- Termineinlagen, Festgeldern,
- Bausparguthaben und
- allen sonstigen Darlehensforderungen.
3.10.3.2 Fremdwährungskonten/ -beträge, -guthaben
3.10.3.2.1 Allgemein
Rz. 80a
Die Finanzverwaltung hat sich mit dem vom 19.5.2022 überarbeiteten Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer in Rz. 131 ausführlich zu der in der Praxis bedeutsamen Besteuerung von Fremdwährungskonten geäußert. Im Kern wurden in der geänderten Rz. 131 Währungsgewinne und -verluste aus Fremdwährungsguthaben bzw. aus (verzinslichen) Fremdwährungskonten erstmals in die Besteuerung nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 und Abs. 4 S. 1 EStG einbezogen. Diese von der Finanzverwaltung als "Klarstellung" betitelte Änderung stellt jedoch eine Neuregelung dar, da sich weder das zugrunde liegende Gesetz (§§ 20, 23 EStG), noch die zugrunde liegende Rspr. des BFH geändert hat. Über §§ 43, 44 Abs. 1 S. 3 EStG ist diese Neuregelung jedoch – trotz der entgegenstehenden Regelungen in §§ 20, 23 EStG und der anders lautenden Rspr. (Rz. 80c) – durch die auszahlenden Stellen verpflichtend anzuwenden (Rz. 4n).
3.10.3.2.2 Auffassung der Finanzverwaltung
Rz. 80b
Im Einzelnen ist nach Ansicht der Finanzverwaltung jede Einzahlung oder Zinsgutschrift auf ein verzinsliches Tages-, Festgeld- oder sonstiges Fremdwährungskonto ein Anschaffungsvorgang. Im Falle der späteren Rückzahlung liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung ein veräußerungsgleicher Vorgang i. S. v. § 20 Abs. 2 S. 2 EStG vor. Dabei komme es nicht darauf an, ob eine etwaige Fremdwährungskapitalforderung zugleich in Euro oder eine dritte Währung umgewandelt wird. Das Gleiche gelte, wenn die Fremdwährungskapitalforderung nach Fälligkeit erneut verzinslich angelegt wird oder auf ein anderes verzinsliches Konto bei demselben oder einem anderen Kreditinstitut umgebucht wird. Diese Vorgänge stellten steuerlich eine Veräußerung der ursprünglichen Kapitalforderung und zugleich eine Anschaffung einer neuen Kapitalforderung dar.
Eine praxisrelevante Ausnahme wird gemacht für Fremdwährungsguthaben auf Zahlungsverkehrskonten (z. B. Giro-, Basiskonten, Girocard), Kreditkarten und digitalen Zahlungsmitteln, bei denen laut Finanzverwaltung unterstellt werden kann, dass diese ausschließlich als Zahlungsmittel eingesetzt werden und eine Einkunftserzielungsabsicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht vorhanden ist.
3.10.3.2.3 Kritik an der Auffassung der Finanzverwaltung
Rz. 80c
Die Neuregelung in Rz. 131des obigen BMF-Schreibens ist aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage und der langjährigen Rspr. m. E. "contra legem" und zu kritisieren. Zunächst ist die Gesetzeslage seit 2009 unverändert: Nach der st. Rspr. des BFH gehören Fremdwährungsbeträge (auch in Form von Kontoguthaben oder Festgeldanlagen) zu den "anderen Wirtschaftsgütern" i. S. v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Die Veräußerung von fremden Währungen fällt auch nach Einführung der Abgeltungsteuer weiter unter § 23 EStG und nicht unter § 20 EStG. Nach der Rspr. des BFH werden Fremdwährungsbet...