3.15.1 Sachlicher Anwendungsbereich des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c) EStG a. F. (2021–2022)
Rz. 98a
Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019 wurde ursprünglich ein neuer § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c) EStG a. F. eingefügt, der mit inhaltlicher Änderung durch das JStG 2022 v. 16.12.2022 m. W. v. 21.12.2022 und Anwendbarkeit ab 1.1.2023 in den neuen § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 8a EStG"verschoben "wurde. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c) EStG regelte, dass die ESt auf Zinsen auch dann durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben wird, wenn die Zinsen aus einer Forderung stammen, die über eine Internet-Dienstleistungsplattform erworben wurde. Hintergrund für diesen zusätzlichen Tatbestand der Kapitalertragsteuer sind die als sog. "Crowdlending" bezeichneten Geschäfte. Beim Crowdlending erfolgt eine Kreditvergabe unter der Maßgabe, dass Kreditgeber an Stelle einer Bank ein einzelner oder eine Vielzahl von Anlegern sind. Über eine sog. "Internet-Dienstleistungsplattform" werden Kredite zwischen den Anlegern und dem Kreditnehmer vermittelt. Als Gegenleistung für die Bereitstellung der Kreditsumme erhalten die Anleger einen vorab festgelegten Zins. Die Anleger erzielen aus diesen Geschäften Kapitalerträge i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG für die Überlassung von Kapital zur Nutzung gegen Entgelt. Eine Verpflichtung, die ESt auf diese Kapitalerträge durch Abzug vom Kapitalertrag zu erheben, besteht derzeit nicht, da es sich bei dem Schuldner der Kapitalerträge (Kreditnehmer) nicht um ein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut gem. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. b) EStG handelt. Zwar wird für die Kreditvergabe ein Kreditinstitut eingeschaltet. Dieses tritt aber die Forderung aus dem Kreditvertrag an die Anleger ab, sobald der Kreditvertrag zustande gekommen ist. Der Kreditnehmer zahlt anschließend die Forderung zuzüglich Zinsen über die Plattform an die Anleger zurück. Die Besteuerung der Kapitalerträge erfolgt bisher nicht im Steuerabzugsverfahren, sondern nur bei Angabe der Kapitalerträge in der ESt-Erklärung durch die Anleger nach § 32d Abs. 3 EStG. Die Besteuerung der Kapitalerträge hängt bisher somit ausschließlich davon ab, dass der Anleger sie erklärt. Mit der Ergänzung unterliegen nun auch Zinsen aus Forderungen, die über eine Internet-Dienstleistungsplattform erworben werden, dem KapESt-Abzug. Die Vorschrift verbessert aus Sicht des Gesetzgebers somit die Verifikation von Steuerzahlungen beim Crowdlending. In § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c) S. 2 EStG wird der Begriff Internet-Dienstleistungsplattform definiert. Eine Internet-Dienstleistungsplattform ist danach ein webbasiertes Medium, das Kauf- und Verkaufsaufträge in Aktien und anderen Finanzinstrumenten sowie Darlehensnehmer und Darlehensgeber zusammenführt und so einen Vertragsabschluss vermittelt.
3.15.2 Änderung zum 1.1.2023
Rz. 98b
Durch das JStG 2022 v. 16.12.2022 kam es m. W. v. 21.12.2022 zu einer Änderung des Tatbestandes und "Verschiebung" in § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 8a EStG. Hintergrund ist, dass der KapESt-Einbehalt für Darlehen, die über Internet-Dienstleistungsplattformen vermittelt werden, aus Sicht des Gesetzgebers einheitlich geregelt werden soll. Dafür wurden die verschiedenen in der Praxis vorkommenden Varianten zukünftig gemeinsam unter der neuen Nr. 8a des § 43 Abs. 1 S. 1 EStG erfasst. Im Gegensatz zur vorhergehenden Fassung, bei der es sich nur im "Zinsen aus Forderungen" handeln muss (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c) S. 1 a. F.) sind vom neuen Wortlaut "Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 EStG" erfasst," wenn es sich um Zinsen aus Forderungen handelt". Laut Gesetzgeber unterstellte der bisherige § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c) EStG, dass Forderungen, die über Internet-Dienstleistungsplattformen vermittelt werden, stets Kapitalforderungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind. In der Praxis werden solche Darlehen laut Entwurfsbegründung des JStG 2022 aber häufig so ausgestaltet, dass es sich auch um Darlehen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG handeln kann. Eine exakte Unterscheidung, ob das vermittelte Darlehen zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 7 EStG führt, ist zudem in der Praxis oft schwierig. Um den KapESt-Einbehalt für Darlehen, die über Internet-Dienstleistungsplattformen vermittelt werden, einheitlich zu regeln, werden die verschiedenen in der Praxis vorkommenden Varianten zukünftig gemeinsam unter der neuen Nr. 8a des § 43 Abs. 1 S. 1 EStG erfasst. In dem neuen § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 8a S. 2 EStG wird – im Vergleich zum § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. c) EStG a. F. ohne inhaltliche Änderung – weiterhin der Begriff Internet-Dienstleistungsplattform definiert. Eine Internet-Dienstleistungsplattform ist danach weiterhin ein webbasiertes Medium, das Kauf- und Verkaufsaufträge in Aktien und anderen Finanzinstrumenten sowie Darlehensnehmer und Darlehensgeber zusammenführt und so einen Vertra...