5.3.3.1 Allgemein
Rz. 161o
Anleger müssen zukünftig während der Haltedauer eine sog. Vorabpauschale nach § 18 InvStG versteuern, die an die Stelle der bisherigen ausschüttungsgleichen Erträge tritt. Die Vorabpauschale ist nach § 18 Abs. 1 S. 1 InvStG der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kj. den Basisertrag für dieses Kj. unterschreiten.
5.3.3.2 Berechnung
Rz. 161p
Der Basisertrag wird gem. § 18 Abs. 1 S. 2 InvStG ermittelt durch Multiplikation des Rücknahmepreises des Investmentanteils zu Beginn des Kj. mit 70 % des Basiszinses nach § 203 Abs. 2 BewG.
Die Vorabpauschale ist somit eine "pauschale Bemessungsgrundlage in Höhe einer risikolosen Marktverzinsung", die dann greift, wenn in dem Veranlagungszeitraum die Ausschüttungen des Investmentfonds diese Marktverzinsung nicht erreichen. Durch § 18 Abs. 1 S. 3 InvStG wird klargestellt, dass die Vorabpauschale auf die tatsächliche Wertsteigerung des Fondsanteils im Veranlagungszeitraum begrenzt ist. Daraus folgt, dass eine Vorabpauschale dann nicht angesetzt wird, wenn beispielsweise der Rücknahmepreis eines Fondsanteils während eines Jahres nicht gestiegen ist. Für das Jahr des Erwerbs wird die Vorabpauschale nur anteilig berechnet. Die Vorabpauschale mindert sich gem. § 18 Abs. 2 InvStG im Jahr des Erwerbs um ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat des Erwerbs vorangeht. Analog Rz. 85 des Anwendungsschreibens zur Abgeltungsteuer ist hierfür der Schlusstag maßgeblich. Liegt für einen Investmentfonds weder ein Rücknahmepreis noch Börsen- oder Marktpreise vor, kann auch von den depotführenden Stellen keine Vorabpauschale angesetzt werden.
Der Zufluss der Vorabpauschale wird nach § 18 Abs. 3 InvStG zum ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres fingiert.
5.3.3.3 Ausnahme nach § 16 Abs. 2 InvStG
Rz. 161q
Nach § 16 Abs. 2 S. 2 InvStG sind die Vorabpauschalen nicht anzusetzen, wenn die Investmentanteile unter den folgenden Voraussetzungen gehalten werden:
- im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge nach dem Betriebsrentengesetz, hierunter fallen alle Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge,
- von Versicherungsunternehmen im Rahmen von Versicherungsverträgen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG (Kapital- und Rentenversicherungen) und § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 4 EStG (fondsgebunde Lebensversicherungen) oder
- von Kranken- und Pflegeversicherungsunternehmen zur Sicherung von Alterungsrückstellungen.
5.3.3.4 Verfahrenserleichterung für die Steuerabzugsverpflichteten nach § 44 Abs. 1 S. 8 und 9 EStG
Rz. 161r
Durch das InvStRefG kam es m. W. v. 1.1.2018 (Art. 11 Abs. 3 S. 1 InvStRefG) auch zu einer Einfügung in § 44 Abs. 1 S. 8 EStG, wonach nunmehr der Steuerabzugsverpflichtete den Fehlbetrag von einem bei ihm unterhaltenen und auf den Namen des Gläubigers der Kapitalerträge lautenden Konto, ohne Einwilligung des Gläubigers, einziehen kann. Gem. § 52 Abs. 28 S. 23 EStG ist die Vorschrift ab dem 1.1.2018 anwendbar.
§ 44 Abs. 1 S. 8 EStG stellt klar, dass die depotführenden Stellen zur Erhebung der Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale ohne Einwilligung des Gläubigers auf ein Girokonto oder sonstiges für den Gläubiger der Kapitalerträge geführtes Konto zugreifen dürfen.
Rz. 161s
Nach dem ebenfalls m. W. v. zum 1.1.2018 (Art. 11 Abs. 3 S. 1 InvStRefG) eingefügten § 44 Abs. 1 S. 9 EStG darf der zum Steuerabzug Verpflichtete auch die Geldbeträge von einem auf den Namen des Gläubigers der Kapitalerträge lautenden Konto einziehen, wie ein mit dem Gläubiger vereinbarter Kontokorrentkredit für dieses Konto nicht in Anspruch genommen wurde. Die Vorschrift ist nach § 52 Abs. 44 S. 2 EStG ab dem 1.1.2018 anwendbar.
Aufgrund der Regelung dürfen die zum Steuerabzug Verpflichteten für den Steuerabzug auf die Vorabpauschale auch einen Kontokorrentkredit des Gläubigers bis zu dessen Obergrenze nutzen. § 44 Abs. 1 S. 9 EStG sieht jedoch ein Widerspruchsrecht des Gläubigers für Zugriffe auf den Kontokorrentkredit vor, das dieser jedoch nur für die Zukunft ausüben darf. Nach der Gesetzesbegründung sollen auch Teilwidersprüche des Gläubigers gegen die Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits möglich sein und die Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits durch den Steuerabzug auf die Vorabpauschale auf einen Teilbetrag des Kontokorrentkredits begrenzen können. Diese Annahme findet jedoch keine Stütze im Wortlaut des § 44 Abs. 1 S. 9 EStG und dürfte die Norm daher unzulässigerweise ausdehnen.
Die zum Steuerabzug Verpflichteten sind nicht verpflichtet, einen bereits erfolgten Steuerabzug zu erstatten, wenn der Widerspruch erst danach erfolgt.