Dr. Dino Höppner, Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 513
Ein weiterer in der Steuerbilanz anzusetzender Posten ist der passive Ausgleichsposten. Zu aktiven Ausgleichsposten vgl. Rz. 265a. Diese Posten entstehen, wenn eine Lücke im Bilanzsteuerrecht zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Gewinnauswirkungen führt. Der BFH leitet die Berechtigung solcher Ausgleichsposten aus § 265 Abs. 5 S. 2 HGB ab, wonach der Bilanz neue Posten hinzugefügt werden dürfen, wenn ihr Inhalt nicht von einem vorgeschriebenen Posten gedeckt wird.
Passive Ausgleichsposten sind bei einem Organträger im Fall der Mehrabführung zu bilden, wenn das an den Organträger handelsrechtlich abgeführte Ergebnis höher ist als die steuerliche Vermögensmehrung, die dem Organträger zur Versteuerung zuzuweisen ist. Ein passiver Ausgleichsposten entsteht aber auch in diesen Fällen nur, wenn er nicht mit einem vorher gebildeten aktiven Ausgleichsposten zusammenhängt; dann führt er nicht zur Bildung eines passiven, sondern zur Auflösung des aktiven Ausgleichspostens. .
Ein weiterer Fall des passiven Ausgleichspostens liegt vor bei der Überführung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von dem inländischen Stammhaus in eine in der EU oder dem EWR belegene ausl. Betriebsstätte. Dieser Ausgleichsposten dient dazu, die Besteuerung des Gewinns, der sich aus dem Ansatz des überführten Wirtschaftsguts zum gemeinen Wert ergibt (§ 4 Abs. 1 S. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Halbs. 2 EStG), aufzuschieben; vgl. § 4g EStG.
Schließlich kann ein passiver Ausgleichsposten zu bilden sein, wenn der Verkäufer eines Wirtschaftsguts dem Käufer eine Zuzahlung leistet, die als "negativer Kaufpreis" zu beurteilen ist, also nicht nur mit der Anschaffung im Zusammenhang stehende, aber getrennt zu beurteilende Vorgänge abgelten soll. In diesem Fall entstünde beim Käufer ein "Anschaffungsgewinn", wenn die Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsguts bereits 0 betragen, also nicht mehr weiter "abgestockt" werden können. Anschaffungsvorgänge sind beim Käufer aber grundsätzlich erfolgsneutral zu behandeln, d. h., aus dem Anschaffungsvorgang darf sich für den Käufer weder ein Gewinn noch ein Verlust ergeben. Der Ansatz eines "Anschaffungsgewinns" beim Käufer widerspricht bilanzrechtlichen Grundsätzen; er würde dem Realisationsprinzip widersprechen. Dieser "Anschaffungsgewinn" ist daher bilanziell zu neutralisieren; da eine Abstockung der Anschaffungskosten nicht mehr möglich ist, "negative Anschaffungskosten" begrifflich mangels "Kosten" nicht vorliegen können und die Voraussetzungen eines Rechnungsabgrenzungspostens mangels konkreten Zeitbezugs nicht vorliegen, kommt nur die Neutralisierung durch einen passiven Ausgleichsposten in Betracht. Seinem Charakter nach ist der Ausgleichsposten ein Korrekturposten zum Wert des erworbenen Wirtschaftsguts; dieser Wert beträgt nicht 1 EUR, wie auf der Aktivseite ausgewiesen, sondern ist negativ. Dieser Ausgleichsposten ist fortzuführen, solange das Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen gehört; eine Auflösung bei Werterhöhung des Wirtschaftsguts würde eine Aufstockung des Buchwerts des Wirtschaftsguts über die Anschaffungskosten hinaus bedeuten und daher gegen das Realisationsprinzip verstoßen. Der passive Ausgleichsposten ist erfolgswirksam aufzulösen, wenn hinsichtlich des Wirtschaftsguts ein Gewinnrealisierungstatbestand verwirklicht ist (Veräußerung, Entnahme).