Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 45
§ 50g Abs. 3 Nr. 4 EStG enthält die Definition der Begriffe der Zinsen und Lizenzgebühren. Diese Definitionen lehnen sich eng an Art. 2 der Zins- und Lizenzrichtlinie an. Sie sind Legaldefinitionen, allerdings nur für die Anwendung des § 50g EStG. Für andere Vorschriften des EStG, z. B. § 20 Abs. 1 Nr. 5, 7 EStG für Zinsen sowie § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG für Lizenzgebühren, sind die Definitionen in § 50g EStG nicht anzuwenden, da diese Definitionen auf der Zins- und Lizenzrichtlinie beruhen, die außerhalb des nach § 50g EStG geregelten Bereichs nicht anwendbar ist.
Rz. 46
Der Begriff der Zinsen erfasst nach § 50g Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a EStG Einkünfte aus Forderungen jeder Art. Bedeutsam ist, dass unter diesen Begriff auch Zinsen aus grundpfandrechtlich gesicherten Rechten fallen; diese Zinsen werden nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa EStG von der beschr. Steuerpflicht erfasst, bei Vorliegen der Voraussetzungen aber nach § 50g EStG freigestellt.
Von der Freistellung erfasst werden auch Zinsen aus öffentlichen Anleihen und Obligationen. Zinsen sind auch Aufgelder und Gewinne aus Losanleihen. Dagegen fallen Verzugszinsen und ähnliche Aufschläge für verspätete Zahlung sowie die Rückzahlung von Kapital nicht unter den Begriff der Zinsen.
Rz. 47
§ 50g Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a EStG fasst, abweichend von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie, Vergütungen aus Forderungen, die mit einer Beteiligung am Gewinn des Schuldners ausgestattet sind, nicht unter den Begriff der Zinsen. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 50g Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a EStG, da auch Forderungen mit gewinnabhängiger Vergütung "Einkünfte aus Forderungen" sind, sondern nur aus dem Vergleich mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie, da die Erweiterung auf Vergütungen aus einer Beteiligung am Gewinn nicht aufgenommen wurde. Ausgeschlossen sind damit insbesondere Vergütungen aus beteiligungsähnlichen und nicht beteiligungsähnlichen Genussrechten, aus partiarischen Darlehen, aus typischen stillen Gesellschaften und aus Wandel- und Optionsanleihen. Dies beruht darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland von der durch Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie eingeräumten Option Gebrauch gemacht hat, diese gewinnabhängigen Zinsen nicht freizustellen (zu Überschneidungen Rz. 33). Ebenfalls keine Zinsen i. d. S. sind Vergütungen für verspätete Zahlungen (Verzugszinsen) und die Rückzahlung des Kapitals.
Rz. 48
Die Definition der Lizenzgebühren in § 50g Abs. 3 Nr. 4 Buchst. b EStG beruht inhaltlich vollständig auf Art. 2 Buchst. b der Zins- und Lizenzrichtlinie. Lizenzgebühren sind danach alle Vergütungen, die für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung von geschützten oder ungeschützten immateriellen Wirtschaftsgütern gezahlt werden. Ausdrücklich einbezogen sind Zahlungen für die Nutzung von Computersoftware. Da es sich um Nutzungsvergütungen handeln muss, werden Vergütungen für die Übertragung des immateriellen Wirtschaftsguts selbst nicht von der Vorschrift erfasst. Der Begriff der Lizenzgebühr wird über seinen eigentlichen Wortsinn hinaus ausgedehnt auf Zahlungen für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstung. Diese Zahlungen wären sonst als Miet-, nicht als Lizenzzahlungen einzuordnen.