Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Rz. 97
Änderung des Bescheids über die Zuschlagsteuer, Festsetzungsverjährung und Rechtsschutz sind durch den Charakter des Bescheids über die Zuschlagsteuer als Folgebescheid determiniert.
Rz. 98
Der Bescheid über die Zuschlagsteuer ist an die Festsetzung der Maßstabsteuer gebunden, ohne dass eine selbstständige Prüfung ergehen könnte (Rz. 47ff.); nach § 51a Abs. 5 EStG ist er auch verfahrensmäßig an den Bescheid über die Maßstabsteuer gebunden. Damit ist der Bescheid über die Maßstabsteuer Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO, der Bescheid über die Zuschlagsteuer hierauf aufbauender Folgebescheid i. S. d. § 182 Abs. 1 AO. Das gilt allerdings nur, soweit die festgesetzte ESt auch tatsächlich die Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuer bildet. Soweit die Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuer von der Maßstabsteuer abweicht, besteht auch keine Bindung (Rz. 103).
Rz. 99
Hieraus folgt, dass der Bescheid über die Zuschlagsteuer zu ändern ist, soweit ein Bescheid über die Maßstabsteuer (Grundlagenbescheid) erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Diese Rechtsfolge spricht § 51a Abs. 5 S. 2 EStG ausdrücklich aus; diese Regelung ist jedoch überflüssig (und unvollständig), da sich diese Rechtsfolge bereits aus § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO ergibt.
Rz. 100
Für die Berechnung der Festsetzungsfrist für die Zuschlagsteuer gilt an sich § 170 Abs. 1 AO, da für die Zuschlagsteuer keine Steuererklärungspflicht besteht (Rz. 33). Damit könnte die Festsetzungsfrist für die Zuschlagsteuer anders ablaufen als für die Maßstabsteuer, bei der wegen der Steuererklärungspflicht die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO, und damit regelmäßig später, beginnt. Den Gleichklang des Ablaufs der beiden Festsetzungsfristen stellt jedoch § 171 Abs. 10 AO sicher; solange der Grundlagenbescheid noch geändert werden kann, kann auch der Bescheid über die Zuschlagsteuer als Folgebescheid angepasst werden.
Rz. 101
Andere Tatbestände der Ablaufhemmung nach § 171 AO werden für die Zuschlagsteuer kaum in Betracht kommen. Ein eigenständiges Rechtsbehelfsverfahren (§ 171 Abs. 3a AO, s. aber Rz. 103) und eine eigenständige Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 AO) über die Zuschlagsteuer werden kaum in Betracht kommen (Rz. 45).
Rz. 102
Gegen den Bescheid über die Zuschlagsteuer ist nach § 347 Abs. 1 AO der Einspruch gegeben. Dem Charakter dieses Bescheids als Folgebescheid entsprechend können mit dem Rechtsbehelf allerdings nicht die Besteuerungsgrundlagen angegriffen werden, die in dem Grundlagenbescheid ermittelt und festgesetzt werden. § 51a Abs. 5 S. 1 EStG bestimmt demgemäß, dass mit einem Rechtsbehelf gegen den Bescheid über die Zuschlagsteuer weder die Höhe der Bemessungsgrundlage (festgesetzte ESt) noch die Höhe des zu versteuernden Einkommens angegriffen werden können. Insoweit ist gegen den Grundlagenbescheid Einspruch einzulegen.
Rz. 103
Die Bindung der Zuschlagsteuer an die Maßstabsteuer, die formelle Abhängigkeit des Bescheids über die Zuschlagsteuer als Folgebescheid von dem Bescheid über die Maßstabsteuer als Grundlagenbescheid sowie die Beschränkung der Rechtsbehelfsmöglichkeit auf Rechtsbehelfe gegen den Grundlagenbescheid gilt allerdings nur, soweit die festgesetzte ESt nach der gesetzlichen Regelung auch tatsächlich Bemessungsgrundlage der Zuschlagsteuer ist. Soweit die ESt für Zwecke der Bemessungsgrundlage verändert wird, erfolgt dies außerhalb der ESt-Festsetzung und damit auch außerhalb der Bindung an die Maßstabsteuer und des Verhältnisses von Grundlagen- und Folgebescheid. Solche Veränderungen der ESt als Bemessungsgrundlage der Zuschlagsteuer sind die Berücksichtigung von Freibeträgen (Rz. 52ff.), das Ausscheiden der Wirkung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens (Rz. 59ff.) und Korrektur um die nach § 35 EStG abgezogenen Beträge (Rz. 64ff.). Insoweit ist in dem ESt-Bescheid als Grundlagenbescheid nicht entschieden. Diese Entscheidung erfolgt daher in dem Bescheid über die Zuschlagsteuer. Soweit diese Korrekturen in Streit stehen, muss der Bescheid über die Zuschlagsteuer isoliert angefochten werden; eine Anfechtung des ESt-Bescheids als Grundlagenbescheid reicht nicht aus.
Rz. 104
Hieraus folgt auch, dass bei einer Änderung des ESt-Bescheids der Bescheid über die Zuschlagsteuer als Folgebescheid nur insoweit geändert werden darf, als die Änderung des Grundlagenbescheids reicht. Das bedeutet, dass bei der Anpassung des Folgebescheids Fehler im Bereich des Abzugs der Freibeträge, der Korrektur um die Wirkungen des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens und des § 35 EStG nicht korrigiert werden können. Wenn gegen den Bescheid über die Zuschlagsteuer kein Einspruch eingelegt worden ist, sind diese Entscheidungen bestandskräftig geworden.