Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 442
Zulässig ist die AfaA nach § 7 Abs. 4 S. 3 i. V. m. Abs. 1 S. 7 EStG auch bei der linearen Gebäude-AfA. Voraussetzung ist das Vorliegen einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung. Es gelten die Grundsätze des § 7 Abs. 1 S. 7 EStG (Rz. 324a ff.). Die AfaA kann bei Verkürzung der Restnutzungsdauer auch die Anwendung von § 7 Abs. 4 S. 2 EStG zur Folge haben. Die AfaA setzt eine Beeinträchtigung der Substanz, zumindest aber eine Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit voraus. Maßstab für die Nutzbarkeit im Rahmen einer AfaA ist das bestehende Wirtschaftsgut in dem Zustand, in dem es sich beim Erwerb befindet.
Rz. 442a
Hat der Stpfl. nach § 7 Abs. 4 S. 3 EStG bei einem Gebäude eine AfaA vorgenommen, bemessen sich die Absetzungen für Abnutzung vom folgenden Wirtschafts- oder Kj. an nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes abzüglich des Betrags der AfaA. Entsprechendes gilt, wenn der Stpfl. ein zu einem Betriebsvermögen gehörendes Gebäude mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt hat. Im Fall der Zuschreibung nach § 7 Abs. 4 S. 3 EStG oder der Wertaufholung nach vorgenommener Teilwertabschreibung erhöht sich die Bemessungsgrundlage für die AfA von dem folgenden Wirtschafts- oder Kj. an nach § 11c Abs. 2 EStDV um den Betrag der Zuschreibung oder Wertaufholung.
Rz. 443
Erwirbt der Stpfl. ein Grundstück, dessen Gebäude er später abreißt, und ist das erworbene Gebäude objektiv wertlos, ist der gesamte Kaufpreis dem Wirtschaftsgut Grund und Boden zuzuordnen. Gleiches gilt auch für die späteren Abbruchkosten des Gebäudes. Objektive Wertlosigkeit ist gegeben, wenn – unabhängig von einer fortbestehenden technischen Verwendbarkeit – die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Verwendung des Gebäudes durch Nutzung oder anderweitige Veräußerung sowohl für den Erwerber als auch für den Veräußerer endgültig entfallen ist. Gleiches gilt in den Fällen, in denen der Veräußerer verpflichtet ist, das Gebäude vor Übergabe des Grundstücks abzubrechen. Auch hier wird der gesamte Kaufpreis für den Erwerb eines unbebauten Grundstücks verwandt.
Rz. 444
War das Gebäude zum Zeitpunkt des Erwerbs nicht objektiv wertlos, führt der spätere Abbruch bei bestehender Einkünfteerzielungsabsicht zu einer AfaA i. H. v. dessen Restbuchwert, wenn das Gebäude ohne Abbruchabsicht erworben wurde. Die Abbruchkosten sind sofort abzugsfähige Betriebsausgaben oder Werbungskosten. An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn der Stpfl. auf dem erworbenen Grundstück ein neues Gebäude errichtet. Die entsprechenden Aufwendungen fließen nicht in die Herstellungskosten des neuen Gebäudes ein, da beim Erwerb eines Gebäudes ohne Abbruchabsicht das spätere Motiv des Stpfl. für den Abbruch grundsätzlich unerheblich ist. Der anteilige Restbuchwert der Bausubstanz des alten Gebäudes führt aber insoweit zu Herstellungskosten des neuen Gebäudes, als diese im Rahmen des Neubaus verwendet wird. Lag bei Erwerb des Gebäudes Abbruchabsicht vor, sind der Restwert des Gebäudes und die Abbruchkosten dem Wirtschaftsgut Grund und Boden oder den Herstellungskosten des später errichteten Neubaus zuzuordnen, weil beim Erwerb mit Abbruchabsicht das Entgelt für das Gebäude und die späteren Abbruchkosten für den künftigen Verwendungszweck des Grund und Bodens geleistet werden. Steht der Abbruch des Gebäudes mit der Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang, gehören der Restwert des Gebäudes und die Abrisskosten zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes, sonst zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Abbruchabsicht besteht auch dann, wenn der Abriss bei Erwerb zwar noch nicht feststand, aber z. B. bei Undurchführbarkeit des geplanten Umbaus billigend in Kauf genommen wurde. Als Indizien für eine Abbruchabsicht sind anzusehen z. B. eine Abbruchverpflichtung des Erwerbers, vorbereitende Maßnahmen für einen Abbruch oder Planungsmaßnahmen für eine Neubebauung. Wird mit dem Abbruch eines Gebäudes innerhalb von 3 Jahren nach dem Erwerb begonnen, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Erwerber das Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen. Der Stpfl. kann diesen Anscheinsbeweis durch einen Gegenbeweis entkräften, z. B. dadurch, dass er darlegt, dass es zu dem Abbruch erst aufgrund eines ungewöhnlichen Geschehensablaufs gekommen ist. Ein Vollbeweis des Gegenteils ist nicht erforderlich. Dabei umfasst der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Erwerber ein Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen, wenn er mit dem Abbruch innerhalb von 3 Jahren beginnt, auch die Abbruchabsicht in Gestalt der billigenden Inkaufnahme des Abbruchs. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Fällen, z. B. bei großen Arrondierungskäufen, auch bei einem Zeitraum von mehr als 3 Jahren zwischen Erwerb und Beginn des Abbruchs der erste Anschein für einen Erwerb in Abbruchabsicht spricht. Für den Beginn der Fris...