Prof. Dr. Alexander Kratzsch
Rz. 19
Die Sonderabschreibung des § 7g EStG kann nach der Rechtslage bis einschließlich Vz 2007 nur für die Anschaffung oder Herstellung von neuen Wirtschaftsgütern beansprucht werden. Zur Auslegung dieses Merkmals kann auf die Verwaltungsanweisungen zum Investitionszulagenrecht zurückgegriffen werden.
Die vom Investor angeschaffte Maschine, eine für Schreinereien entwickelte Breitbandschleifmaschine, wurde vom Hersteller (Veräußerer) an 26 Tagen auf einer Ausstellung als Anschauungsobjekt lediglich vorgezeigt, ohne dabei zu Vorführzwecken tatsächlich in Betrieb genommen zu werden. Das FA vertrat die Ansicht, dass bereits in der Nutzung zu Werbezwecken eine bestimmungsgemäße Verwendung liege, so dass das Wirtschaftsgut bereits gebraucht sei. Der BFH stellte klar, dass eine Sache neu ist, wenn sie ungebraucht, d. h. unbenutzt, sei bzw. noch nicht in Gebrauch genommen oder sonst verwendet worden ist. Diese Erwägungen gelten entsprechend bei der Anwendung von § 7g EStG. Auch ein technisch veraltetes Wirtschaftsgut kann "neu" sein.
Rz. 20
Ein bewegliches Wirtschaftsgut, das der Anspruchsberechtigte selbst hergestellt hat, ist stets als "neu" anzusehen, wenn der Teilwert der bei der Herstellung verwendeten gebrauchten Wirtschaftsgüter 10 % des Teilwerts des hergestellten Wirtschaftsguts nicht übersteigt.
Vorhandene Teile einer nicht mehr betriebsfähigen Maschine haben einen Teilwert von 1.000 EUR. Der Stpfl. schafft zusätzlich neues Material mit Anschaffungskosten von 6.000 EUR an. Die Fertigungskosten betragen 3.000 EUR, die Gesamtherstellungskosten somit 10.000 EUR. Der Teilwert der zur Herstellung verwendeten gebrauchten Wirtschaftsgüter beträgt nicht mehr als 10 % des Teilwerts, so dass die hergestellte Maschine als neu anzusehen ist. Nach BFH v. 12.6.1975, VIII R 38/73, BStBl II 1976, 96 ist ein bewegliches Wirtschaftsgut in jedem Fall als neu anzusehen, wenn bei der Herstellung eine neue Idee verwirklicht wird, die dem Betrieb im Wettbewerb hilft. Danach sind z. B. aus gebrauchten Containern hergestellte Bau-, Werkzeug- und Maschinenbuden neue Wirtschaftsgüter. Eine "neue Idee" i. d. S. setzt allerdings keine neue Erfindung i. S. v. § 1 Abs. 1 PatG voraus. Ein aus dem Vorderteil und dem Hinterteil zweier gebrauchter Schiffe zusammengesetztes Binnenschiff ist dagegen kein neues Wirtschaftsgut.
Wird ein bewegliches Wirtschaftsgut angeschafft, so ist es "neu", wenn es in ungebrauchtem Zustand erworben wird und beim Hersteller die Voraussetzungen vorliegen, die für die Annahme eines neuen Wirtschaftsguts bei der Selbstherstellung erforderlich sind (fabrikneu). Auch ein technisch veraltetes oder lange Zeit gelagertes Wirtschaftsgut kann neu sein. Tiere sind (nur) im Anschluss an ihre unmittelbare Geburt neue Wirtschaftsgüter.
Wird ein fabrikneues Wirtschaftsgut zunächst mietweise genutzt und später vom Mieter unter Anrechnung der gezahlten Miete gekauft, so ist das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Kaufs nicht neu. Ein Wirtschaftsgut ist nicht neu, wenn es vor dem Erwerb zu Vorführzwecken verwendet worden ist. Dagegen ist die Nutzung zu Probe- oder Versuchszwecken, die über das bei den jeweiligen Wirtschaftsgütern allgemein zur Prüfung der Funktionsfähigkeit notwendige Maß nicht hinausgeht, unschädlich.