Prof. Dr. Alexander Kratzsch
Rz. 21
Nach der für Investitionen ab 1.1.1988 geltenden Vorschrift des § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG können die Sonderabschreibungen nur dann in Anspruch genommen werden, wenn das Wirtschaftsgut "im Jahr der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen im Betrieb des Stpfl. ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird". Diese Voraussetzung ist allerdings nur für die Sonder-AfA gem. § 7g Abs. 1 EStG, nicht aber zur Bildung einer Ansparrücklage gem. § 7g Abs. 3ff. EStG zu beachten. § 7g Abs. 3 EStG verweist ausdrücklich nur auf § 7g Abs. 1 EStG, nicht auf Abs. 2.
Von dieser Ausschließlichkeitsklausel werden in erster Linie Pkw betroffen sein.
Eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut nicht zu mehr als 10 % für außerbetriebliche Zwecke genutzt wird.
Die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung muss nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht in jedem Jahr des Begünstigungszeitraums vorliegen, sondern nur in dem bzw. den Jahren, in denen Sonderabschreibungen tatsächlich in Anspruch genommen werden. Gemeint ist mit dem Begriff "Jahr" das Wirtschaftsjahr. Die Voraussetzung der nahezu ausschließlichen Nutzung muss nicht einmal im Wirtschaftsjahr der Zuführung des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen und auch nicht in den Jahren gegeben sein, für die die Sonderabschreibung zwar im Übrigen in Betracht käme, aber kein Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht werden soll.
Der Stpfl. A, dessen Wirtschaftsjahr das Kalenderjahr ist, schafft am 5.9.2004 einen Pkw an, den er bis zum 31.12.2004 nach Fahrtenbuch zu 95 % betrieblich nutzt. Im Jahr 2005 beträgt die betriebliche Nutzung 90 %, in den Jahren danach lediglich 75 %. A kann die Sonderabschreibungen in 2004 und 2005 in Anspruch nehmen. Diese Vergünstigung entfällt nicht etwa dadurch, dass er in den Jahren ab 2006 die Voraussetzung des § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht mehr erfüllt.
Nach dem System des Einkommensteuerrechts wird bei der Frage, ob ein Wirtschaftsgut betrieblich genutzt wird, stets auf die Nutzung durch denjenigen abgestellt, zu dessen Betriebsvermögen das Wirtschaftsgut gehört. Nach dem steuerrechtlichen Sprachgebrauch wird deshalb auch ein vermietetes Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens durch den Vermieter zur Erzielung gewerblicher Einkünfte genutzt. Nach Auffassung des BFH kommt es für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird, auf die Verhältnisse desjenigen an, bei dem es verblieben ist. Ist ein Wirtschaftsgut, das einem Dritten zum Gebrauch überlassen worden ist, in der Betriebsstätte des Investors verblieben, so ist es unerheblich, in welchem Umfang der Dritte das Wirtschaftsgut betrieblich, beruflich oder privat nutzt. Diese Entscheidung ist auch auf § 7g EStG anzuwenden.
Bei Anwendung der 1 %-Regelung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Schätzung der Privatnutzung bei Pkw) ist die Anschaffung des Fahrzeugs nicht begünstigt, weil der private Nutzungsanteil regelmäßig mehr als 10 % beträgt. Zwar ist theoretisch denkbar, dass der Nutzungsanteil genau 10 % beträgt, dann wäre bereits eine Bilanzierung als gewillkürtes Betriebsvermögen möglich. Der Stpfl. müsste allerdings eine Nutzung von genau 10 % nachweisen. Dies kann er – mangels Fahrtenbuchs (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2) – grundsätzlich nicht, so dass in derartigen Fällen die Anwendung von § 7g regelmäßig ausscheidet.
Unschädlich ist eine Nutzung im Sonderbetriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft bei Anschaffung im Gesamthandsbereich, aber auch das Bereithalten für eine zukünftige Nutzung.