Leitsatz
1. Für die Anwendung des EigZulG anstelle des § 10e EStG ist bei der Herstellung genehmigungsbedürftiger Objekte auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Bauantrags abzustellen und nicht auf einen späteren Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer der aufgrund des ursprünglichen Bauantrags erteilten Baugenehmigung oder auf eine Nachtragsgenehmigung, sofern keine Veränderung hinsichtlich wesentlicher baurechtlicher Merkmale vorliegt.
2. Die baurechtliche Behandlung eines Nachtragsantrags ist für das Zulagenverfahren zwar nicht rechtsverbindlich. Ihr kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 und 4 EigZulG
Sachverhalt
Die Kläger hatten bereits 1994 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Anbaus an ihr Einfamilienhaus beantragt. 1996 und 1998 beantragten sie die Verlängerung der Baugenehmigung und reichten 1998 einen Nachtragsantrag ein. Mit den Bauarbeiten wurde 1998 begonnen.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil, das den Verlängerungsantrag und die baulichen Änderungen als entscheidend ansah, auf und wies die Klage ab. Insbesondere berühre der Nachtragsantrag auf der Grundlage sog. Tekturpläne nicht die planerische Identität. Denn Bauvolumen und Nutzfläche seien nicht wesentlich verändert worden. Auch die Anpassung der Dachneigung und der Einbau weiterer Fenster ließen das Objekt nicht als "anderes Bauwerk" erscheinen.
Hinweis
Das EigZulG ist in Herstellungsfällen erstmals anzuwenden, wenn der Anspruchsberechtigte nach dem 31.12.1995 mit der Herstellung begonnen hat. Auf Antrag konnte die Eigenheimzulage auch bei Herstellung nach dem 26.10.1995 gewährt werden. Als Herstellungsbeginn ist bei genehmigungspflichtigen Objekten auf den Zeitpunkt des Bauantrags abzustellen. Bei Stellung des Bauantrags vor dem Stichtag kommt die Förderung nach § 10e EStG in Betracht. Im vorliegenden Fall stellte sich die Frage, ob trotz Stellung des Bauantrags vor dem Stichtag gleichwohl das EigZulG anzuwenden ist, weil der Anspruchsberechtigte nach dem Stichtag zunächst eine Verlängerung der erteilten Baugenehmigung beantragt und später einen Nachtragsantrag gestellt hatte.
Der BFH sieht grundsätzlich den ursprünglichen Bauantrag als entscheidend an. Denn dadurch wird die Investitionsentscheidung zuverlässig dokumentiert. Mit dem Abstellen auf diese sicher feststellbare Verfahrenshandlung werden Schwierigkeiten in der Feststellung der für eine Verzögerung maßgeblichen inneren Beweggründe vermieden.
Ein nach dem Stichtag gestellter Verlängerungsantrag ist nicht maßgebend. Denn der Antrag auf die Verlängerung einer bereits erteilten Baugenehmigung führt nicht zu einem neuen Genehmigungsverfahren, sondern nur zu einer beschränkten Prüfung durch die Baubehörde, ob sich tatsächliche oder rechtliche Änderungen ergeben haben. Der ursprüngliche Bauantrag besteht fort. Die Verlängerung wirkt auf den ursprünglichen Bauantrag zurück, so dass auf diesen zurückgegriffen werden kann.
Wird nach dem Stichtag ein Nachtragsantrag gestellt, ist entscheidend, ob dieser als neuer Bauantrag gewertet werden kann. Das ist nur dann möglich, wenn keine Identität zwischen dem beantragten Vorhaben und dem tatsächlich errichteten Objekt besteht, d.h. wenn wesentliche baurechtliche Merkmale geändert wurden. Als solche beurteilt der BFH die Erweiterung der Nutzfläche und des umbauten Raums oder des Ausbaus des Dachgeschosses und ergänzend die Veränderung des äußeren Erscheinungsbilds, z.B. die Dachneigung oder die Zahl der Fenster. Dabei ist die Gesamtwürdigung entscheidend.
Letztlich kommt auch der bauordnungsrechtlichen Behandlung indizielle Bedeutung zu. Erteilt die Baubehörde keine eigenständige Baugenehmigung, sondern lediglich eine Nachtragsgenehmigung, kann dies dafür sprechen, dass das errichtete Objekt in seinen wesentlichen baurechtlichen Merkmalen nicht ein anderes Gebäude als das ursprünglich beantragte darstellt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 4.11.2004, III R 61/03