Hamburg: Senat beschließt neue Bauordnung

Der Senat hat der neuen Hamburgischen Bauordnung (HBauO) zugestimmt. Wohnungen sollen künftig einfacher, günstiger und experimenteller gebaut werden – in kleineren Mehrfamilienhäusern sogar genehmigungsfrei. Ein Überblick.

Karen Pein (SPD), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, hat am 29.10.2024 die von der rot-grünen Landesregierung beschlossenen Eckpunkte zur Novellierung der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) vorgestellt.

Baugenehmigungen sollen künftig deutlich schneller erteilt werden. Für Einfamilien-, Doppel-, Reihen- oder kleinere Mehrfamilienhäuser soll sogar eine Bauanzeige reichen. Auch Umbauten im Bestand können dann von Bauherren einfacher umgesetzt werden.

Gleichzeitig passt Hamburg Regelungen der Musterbauordnung an. Im nächsten Schritt befasst sich die Bürgerschaft mit den Änderungen. Das ist geplant.

Bauen im Bestand: Umnutzung zu Wohnungen

Bei Nutzungsänderungen und wesentlichen baulichen Änderungen gilt aktuell kein Bestandsschutz: Die Immobilien müssen beim Umbau aufwändig und kostenintensiv ertüchtigt werden. Für Eigentümer ist es oft einfacher, das Gebäude abzureißen und auf dem Grundstück einen Neubau zu errichten.

Das soll mit der Neuregelung geändert werden: Der Bestandsschutz wird ausgeweitet. Werden etwa Büroräume in Wohnungen umgewandelt, müssen Wände und Decken nicht mehr dem Neubaustandard gleichen.

Bauvorschriften: Abweichung möglich

Ist eine Abweichung von den baurechtlichen Vorschriften erforderlich, soll die genehmigende Behörde das künftig leichter erteilen können – vor allem, wenn es der Weiternutzung von bestehenden Gebäuden oder der Schaffung von neuem Wohnraum dient.

Nachbarrechte und Schutzziele werden den Angaben zufolge bei der Entscheidung weiterhin berücksichtigt.

Experimenteller Wohnungsbau: weniger Regeln

Innovative, kostengünstigere Bau- und Wohnformen nach dem experimentellen Gebäudetyp E sollen nach dem Willen des Hamburger Senats auch dann genehmigt werden, wenn sie nicht alle Bauvorschriften einhalten.

Die Genehmigungsbehörde prüft, ob übergeordnete Schutzziele beachtet werden. Eine Genehmigung soll erteilt werden können, wenn niemand gefährdet wird.

Mobilitätsnachweis ersetzt Stellplatzpflicht

Die derzeit geltende Stellplatzpflicht ist in der geänderten Bauordnung durch einen Mobilitätsnachweis abgelöst: Dabei werden die Lage, die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, die örtlichen Verkehrsverhältnisse und der Bedarf der jeweiligen Nutzer individuell berücksichtigt. Die bisherigen finanzielle Ausgleichszahlungen für rechtlich notwendige, aber nicht zu realisierenden Kfz-Stellplätze sollen künftig entfallen.

Die neue Bauordnung will außerdem für mehr barrierefreie Wohnungen sorgen: Ist in Neubauten ein Aufzug erforderlich, wird künftig jede dritte Wohnung (inklusive Balkon) barrierefrei hergestellt.

Wärmepumpe bis E-Ladepunkt genehmigungsfrei

"Schnelleres Bauen heißt günstigeres Bauen", sagte Pein. Dazu sollen künftig auch Wärmepumpen, Ladestationen für E-Autos, Solaranlagen an Fassaden kleinerer Gebäude und Balkonkraftwerke ganz ohne Genehmigung auskommen. "Das spart den Menschen Zeit und Kosten." Dabei ist das geltende Baurecht aber zu beachten.

Genehmigungsfreistellung und schnelle Verfahren

Mit der Neufassung der HBauO soll die Genehmigungsfreistellung eingeführt werden: Einfamilienhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser und kleinere Mehrfamilienhäuser, die im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegen und die das Baurecht vollständig einhalten, müssen nur noch "angezeigt" werden. Einen Monat nach Einreichung der Bauvorlagen darf bereits mit dem Bau begonnen werden. Eine Baugenehmigung ist nicht mehr erforderlich.

Liegt das Grundstück im Bereich eines alten Baustufenplans oder im Bereich einer städtebaulichen Erhaltungsverordnung, werden Wohngebäude weiterhin im vereinfachten Genehmigungsverfahren genehmigt. Das gleiche gilt für große Mehrfamilienhäuser. Hier bleibt die Genehmigungsfrist von zwei Monaten bestehen.

Hamburg setzt Musterbauordnung um

Umgesetzt werden damit auch Änderungen der geplanten BauGB-Novelle. Außerdem entwickelt Hamburg die neue HBauO anhand der Musterbauordnung weiter. So soll etwa für große Gewerbegebäude und Sonderbauten wie Hochhäuser die Pflicht zur Anwendung des Genehmigungsverfahrens mit Konzentrationswirkung aufgehoben werden.

Bauherren von gewerblichen Vorhaben, die Wert auf ein schnelles und schlankes Baugenehmigungsverfahren legen, haben künftig die Möglichkeit, den Bauantrag im "Baugenehmigungsverfahren nach § 64 HBauO", dem neuen Regelverfahren, einzureichen. Die Bauaufsicht prüft nur das Planungsrecht und das Bauordnungsrecht, daneben wenige Fachrechtsbelange wie Baumschutz oder Altlastgefährdung. Eine Baugenehmigung wird innerhalb von drei Monaten erteilt. Sind weitere Genehmigungen erforderlich, holen die Antragsteller diese direkt bei den Fachdienststellen ein. Planer können selbst bestimmen, in welcher Reihenfolge und wann die einzelnen Genehmigungen beantragt werden.

Wohnungsunternehmen wünschen "noch mehr Mut"

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) begrüßte die Pläne. Die Novelle zeige, "dass der Senat die Probleme der ausufernden Bürokratie verstanden hat", sagte Direktor Andreas Breitner. "Ausdrücklich begrüßen wir, dass der Bestandsschutz für Gebäude bei einem Umbau oder einer Nutzungsänderung ausgeweitet wird." Ob in erheblichem Umfang Büros zu Wohnungen umfunktioniert werden, bleibe abzuwarten.

Kay Brahmst, Vorstandsvorsitzender des Landesverbands Nord des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), forderte noch mehr Mut vom Gesetzgeber: "Dringend notwendig wäre zum Beispiel eine Verpflichtung der Behörden, die Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen unverzüglich zu prüfen und fehlende Unterlagen nötigenfalls konkret, einmalig und abschließend nachzufordern."

Hamburg: Neue Bauordnung soll 2026 in Kraft treten

Nach dem Senatsbeschluss befasst sich nun die Hamburger Bürgerschaft mit der Neufassung der Bauordnung. Wir sie beschlossen, kann die Stadtentwicklungsbehörde entsprechende Verordnungen und Gesetze anpassen. Die Software zum Bearbeiten von Bauanträgen werde entsprechend programmiert, damit das Gesetz Anfang 2026 in Kraft treten kann, wie Pein mitteilte.


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Schlagworte zum Thema:  Wohnungsbau, Gesetzesänderung