Neuer Gebäudetyp E: Das plant die Bundesregierung

Bezahlbare Wohnungen fehlen, nicht zuletzt weil Bauen so teuer ist. Die Bundesregierung will gegensteuern und schafft einen ganz neuen Gebäudetyp E – das E steht für einfach oder experimentell. Die Leitlinien sind schon verfügbar, ein Gesetzentwurf soll im Herbst 2024 im Kabinett beschlossen werden.

Weniger Steckdosen, dünnere Zwischendecken: Die Bundesregierung will kostengünstigeres und einfacheres Bauen ermöglichen. Das Bundesministerium für Wohnen, Bauwesen und Stadtentwicklung (BMWSB) hat nun einen Leitfaden veröffentlicht, der Planern und Bauherren ermöglicht, sich auf niedrigere Baustandards zu einigen. Die Idee stammt von Architekten.

Branchenverbände hatten beklagt, es werde oft nach Goldstandard gebaut, weil man andernfalls rechtliche Probleme fürchte. Das führe zu hohen Kosten, sodass die Wohnungen für Verbraucher dann kaum noch bezahlbar seien. Sie hatten gefordert, viele ungeschriebene Standards im Wohnungsbau infrage zu stellen. Die Bundesregierung reagiert darauf nun mit dem sogenannten Gebäudetyp E – wobei E für einfach oder experimentell steht.

Hohe Baukosten: Grund für den Wohnungsmangel

Gemeinsam mit den Partnern aus dem Bündnis bezahlbarer Wohnraum hat sich das BMWSB zum Ziel gesetzt, den Bau von bezahlbaren Wohnungen zu fördern. Eine Maßnahme ist die Etablierung des Gebäudetyp E mit einer zielgerichteten und nutzerorientierten Anwendung von Baunormen.

"Bauen muss wieder einfacher und preisgünstiger gemacht werden, ohne Abstriche bei der Sicherheit", erklärte Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Die Vertragspartner könnten damit beim Bauen rechtssicher von kostenintensiven Standards abweichen. Das kann etwa den Verzicht auf Keller, weniger Balkone oder geringere Lärmschutzvorkehrungen bedeuten. Von solchen Vereinbarungen profitierten Baubranche und Nutzer zugleich, weil Bauen preiswerter werde. Baukosten gelten als Hauptgrund, warum in Deutschland bezahlbare Wohnungen fehlen.

Der Leitfaden enthält Empfehlungen, wie Vereinbarungen über niedrigere Baustandards möglichst rechtssicher getroffen werden können – im Detail geht es um die Abweichung von den sogenannten "allgemein anerkannten Regeln der Technik" (aRdT). Auch Planungsbeispiele für Vereinfachungen, exemplarische Aufklärungsinhalte und Vertragsformulierungen sind enthalten.

BMWSB-Leitlinie und Prozessempfehlung zum Gebäudetyp E

Das sagt die Immobilienbranche zum neuen Gebäudetyp E

Aus Sicht des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) hat die Einführung eines Gebäudetyps E große Bedeutung. Gunther Adler, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Verbands, sagte: "Im nächsten Schritt kommt es jetzt entscheidend auf die Konkretisierung sowohl der zivilrechtlichen Regelungen – der Haftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) – als auch der baurechtlichen Vorgaben an, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden."

Für die soziale Wohnungswirtschaft erklärte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW): "Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung." Viele Normen des Bauens, vor allem bei der Haustechnik, führten nicht zwingend zu den gewünschten Ergebnissen, verteuerten aber massiv den Wohnungsbau. Lüfter, Fahrstühle, komplizierte Heizungsanlagen seien sind nicht nur beim Bau teuer, sondern auch in der Unterhaltung. "Was nicht eingebaut wird, kann nicht kaputt gehen und verursacht keine Kosten."

"E wie einfaches Bauen – das ist ein wichtiger Lösungsansatz für bezahlbares Wohnen in Deutschland und kann dazu beitragen, Baukosten wieder auf ein erträgliches Maß zu reduzieren", ergänzte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Ein gesetzlich geregelter Gebäudetyp E könne eine neue Rechtssicherheit schaffen und klarstellen, dass kein Mangel vorliegt, sollten mal nicht alle Normen im Sinne der aRdT eingehalten werden.

Gebäudetyp E in Gesetz gegossen: So geht es weiter

Die Bundesregierung kündigte am 23.7.2024 an, nun die erforderlichen Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) auf den Weg bringen zu wollen, die das einfache und kostengünstige Bauen im Zivilrecht unterstützen werden. Mit dem "Gebäudetyp-E-Gesetz" soll das Werk- und Bauvertragsrecht angepasst werden.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte Mitte Juli 2024 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus vor an die Ressorts geschickt. Der Entwurf soll im Herbst 2024 im Kabinett beschlossen werden. Ab Anfang 2025 soll das Gesetz laut Bundesbauministerium in Kraft treten.


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dpa