Bohrlöcher, Latexfarbe, Schadensersatz: Was gilt nach Mietende?
Mieter und Eigentümer kommen nach dem Mietende häufig darüber ins Streiten, wer für die Schönheitsreparaturen nach dem Auszug zuständig ist, was renoviert werden muss und wie es am Ende auszusehen hat. So haben die Gerichte entschieden.
Lila ja, Glitzerfarbe nein: Was muss ein Vermieter dulden?
Ein Sternenhimmel an der Decke, eine lila-grüne Bordüre an der Wand – was dem Eigentümer gefällt, muss dem Mieter noch lange nicht passen. Deswegen akzeptierte das Landgericht (LG) Krefeld die Übergabe einer Wohnung in diesem Zustand nicht als renovierte Wohnung. Die Folge: Der Mieter hatte bei Auszug keine Pflicht zu Schönheitsreparaturen.
(LG Krefeld, Urteil v. 26.8.2021, 2 S 26/20)
Die Wandfarbe Helllila hingegen galt dem Landgericht (LG) Halle zufolge als nicht so außergewöhnlich, dass sie dem Eigentümer bei einer Rückgabe nicht zugemutet werden könne. Von einer Sachbeschädigung durch das Streichen in dieser Farbe könne schon gar keine Rede sein. Grundsätzlich sei ein Mieter frei, "die Wände, je nach Mode, in beliebiger Art (zu) streichen", hieß es in dem Urteil.
(LG Halle, Beschluss v. 08.07.2021, 1 S 36/21)
Wenn aber Mieter für die Wände Glitzerfarbe verwenden, müssen sie diese beim Auszug entfernen. Das Amtsgericht (AG) Paderborn bezeichnete ein solches Dekor als ungewöhnlich und nicht so neutral, wie es bei der Rückgabe einer (bei der ursprünglichen Übergabe weiß gestrichenen) Wohnung erforderlich sei. Auf diese Urteile weist der Infodienst Recht und Steuern der LBS hin.
(AG Paderborn, Urteil v. 3.12.2020, 57 C 44/20)
Nach Mietende: Schadensersatz bei Substandsverletzungen
Endet ein Mietverhältnis, bevor die im Vertrag festgelegten Renovierungsfristen abgelaufen sind – oder ist die vertragliche Schönheitsreparaturklausel unwirksam, etwa weil die Wohnung unrenoviert übergeben wurde, ist der Mieter beim Auszug grundsätzlich nicht zu Malerarbeiten verpflichtet.
Unabhängig davon ist der Mieter aber zur Beseitigung von Substanzverletzungen der Mietsache verpflichtet. Einbauten und Umbauten müssen vom Mieter entfernt und der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden. Auch Dübellöcher stellen einen Substanzeingriff dar. Allerdings ist hier strittig, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter zur Beseitigung der Löcher verpflichtet ist. Immer, sagt das Landgericht (LG) Wuppertal – und zwar unabhängig davon, in welcher Anzahl sie vorhanden sind. Auch mit Latexfarben bemalte Wände müssen überstrichen werden.
Wegen der fehlenden Beseitigung – die trotz Fristsetzung nicht erfolgte – der Latexfarben und der Dübellöcher haben sich die Mieter letztlich schadensersatzpflichtig gemacht.
(LG Wuppertal, Urteil v. 16.7.2020, 9 S 18/20)
Abwälzung von Schönheitsreparaturen: Klausel wirksam oder nicht?
Nach Auffassung des Landgerichts (LG) Berlin ist die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf Mieter auch bei renoviert übergebener Wohnung unwirksam, wenn dem Mieter kein (finanzieller) Ausgleich gewährt wird. Der Mietvertrag enthielt die Klausel "Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter". Die Richter verneinten auch einen Anspruch der Vermieter auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen.
Zur endgültigen Klärung der Frage, ob solche Klauseln wirksam sind oder nicht, hat das LG Berlin die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Im März 2015 hat der BGH bereits seine Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen in wichtigen Punkten geändert: Seinerzeit stellten die Bundesrichter klar, dass eine formularmäßige Übertragung der Renovierungspflicht auf den Mieter jedenfalls dann unwirksam ist, wenn die Wohnung unrenoviert übergeben wurde.
(LG Berlin, Urteil v. 9.3.2017, 67 S 7/17)
Manche Mieter beanspruchen die Wände sehr stark, indem sie alle paar Zentimeter einen Dübel setzen – hier: 50 bis 60 in einem Raum. Ist ein Eigentümer gezwungen, das für den Mieter zu erledigen, kann er nach Ansicht des Amtsgerichts (AG) Mönchengladbach Schadenersatz fordern, der sich ganz wesentlich an den Kosten für die Farbe orientiert.
(AG Mönchengladbach, Urteil v. 2.8.2012, 11 C 329/11)
Zustand der Wohnung bei Einzug: Beweis liegt beim Mieter
Beruft sich ein Mieter auf die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel, weil die Wohnung bei Mietbeginn renovierungsbedürftig gewesen sei, muss er beweisen, dass damals Renovierungsbedarf bestand. Das gilt auch, wenn das Mietverhältnis lange Zeit – hier: 58 Jahre – bestanden hat. Kann der Mieter den Beweis nicht führen, geht das zu seinen Lasten, hat ebenfalls das LG Berlin entschieden.
(LG Berlin, Urteil v. 18.8.2015, 63 S 114/14)
Falsche Farbe? – Gericht stellt auf Beratung im Baumarkt ab
Mieter dürfen sich, wenn sie die Wände streichen, auf die Produktangaben des Farbenherstellers und auf die fachkundige Beratung im Baumarkt verlassen. Das bestätigte das Amtsgericht (AG) München. Der Eigentümer hatte nach dem Auszug eines Paares 4.000 Euro Schadenersatz gefordert, weil die Farbe nicht geeignet sei. Doch der Firmenbeschreibung nach war sie durchaus für Innenräume vorgesehen und dies war für das Gericht maßgeblich. Auch darauf weist der Infodienst Recht und Steuern der LBS hin.
(AG München, Urteil v. 21.5.2015, 432 C 7911/15)
Vermieter muss Farbwünsche des Mieters beachten ...
Liegt die Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen beim Vermieter, muss dieser beim Anstrich die Farbwünsche des Mieters berücksichtigen, wenn ihm hierdurch keine Mehrkosten entstehen oder sonstige Interessen dagegen sprechen.
Die Wohnung ist ein verfassungsrechtlich geschützter, räumlich abgegrenzter Bereich zur eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Lebensgestaltung. Daher ist laut LG Berlin geboten, dem Mieter einen weitgehenden Ermessensspielraum in Bezug auf das Gebrauchsrecht und die Dekoration der Mieträume zuzubilligen, solange berechtigte Vermieterinteressen dem nicht entgegenstehen. Dass den Vermietern hier durch einen weißen Anstrich anstelle eines gelben Mehrkosten entstehen, war den Richtern nicht ersichtlich.
(LG Berlin, Beschluss v. 23.5.2017, 67 S 416/16)
... und dezent streichen, wenn es sein Turn ist
Wenn ein Vermieter die Wände und Decken der Wohnung streicht, darf er nach einer Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Berlin-Mitte keine grellen Farben und Tapeten verwenden. Er muss dezente Farben wählen, so wie er dies auch vom Mieter bei Rückgabe erwarten könnte.
Zwar hat der Mieter kein grundsätzliches Recht darauf, eine Farbe zu bestimmen. Der Vermieter ist aber – genau wie der Mieter im umgekehrten Fall – gehalten, einen neutralen oder gedeckten Farbton zu wählen, damit die Farbwahl der Wände nicht von vornherein zu einer Unverträglichkeit mit den denkbaren Farben von Einrichtungsgenständen (Möbeln, Gardinen, Teppichen, Bildern) führt.
Die Mieter haben es demnach zurecht verweigert, die Wände hellblau streichen zu lassen und durften die Arbeiten anderweitig in Auftrag geben.
(AG Berlin-Mitte, Urteil v. 8.8.2013, 121 C 135/13)
Einbaumöbel, Fenster innen und außen: Streichen oder nicht?
Ist in einem Mietvertrag davon die Rede, dass die Einbaumöbel gemäß Schönheitsreparaturklausel vom Mieter zu streichen seien, so ist das ungültig. Hier könne man von einem Übermaß sprechen, das dem Mieter abverlangt werde, urteilte das Landgericht (LG) Berlin.
(LG Berlin, Urteil v. 17.11.2015, 67 S 359/15).
Wenn in einer Klausel zu Schönheitsreparaturen festgelegt ist, dass die Innentüren gestrichen werden müssen, dann kann der Vermieter nicht stattdessen ein Abbeizen und Ölen der Türen verlangen, heißt es beim LBS-Infodienst. Dazu ist der Mieter nach Meinung des LG Berlin nicht verpflichtet, denn es war eindeutig in den Vereinbarungen nicht so vorgesehen.
(LG Berlin, Urteil v. 6.7.2021, 65 S 292/20)
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