Immobilienbranche: Mittel gegen den IT-Fachkräftemangel

Die wachsende Nachfrage nach technischen Fachkräften in allen Branchen spült die Immobilienbranche in einen höchst umkämpften Markt. Bislang finden die raren Kandidatinnen und Kandidaten nur selten den Weg in den Immobilienbereich – zu wenig sexy. Aber es gibt Mittel dagegen.

Wir befinden uns im Jahre 2024 n. Chr. ... Ganz Deutschland spricht von der Krise ... Ganz Deutschland? Nein! Eine Branche leistet den Negativmeldungen Widerstand: Trotz der schwachen konjunkturellen Entwicklung konnten die von Lünendonk untersuchten IT-Dienstleister ihre Inlandsumsätze 2023 um durchschnittlich 9,7 Prozent steigern. Ein Knick in der Nachfrage ist nicht in Sicht. Vor allem die Industrie (34 Prozent) und der Finanzsektor (17,7 Prozent) sind aktiv. Eine Zunahme sehen die Analysten aber auch im öffentlichen Sektor (9,6 Prozent). Kein Wunder: Der Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung bei den Behörden ist groß.

Immobilienbranche: Mangel an Tech-Talenten als Digitalisierungsbremse

Viele Unternehmen, darunter auch die Immobilienbranche, können ihre vakanten IT-Stellen nicht oder nur schwer besetzen. Das nervt nicht nur die Personalabteilungen, sondern kostet auch viel Geld. Und: 52 Prozent der befragten Unternehmenssprecher gaben an, dass die Schwierigkeit, digitale Kompetenzen aufzubauen, die digitale Transformation verlang[1]same und es dadurch dauerhaft zu Wettbewerbsnachteilen kommen werde. Ohne IT geht es angesichts des demografischen Wandels nirgends mehr. 94 Prozent der befragten CIOs und IT-Leiter setzen große Hoffnung in die IT, um mit generativer KI, Robotisierung und Automatisierung die Lücke zu füllen. Die Entwicklung bei den IT-Fachkräften ist wenig überraschend. Erschreckend ist allerdings die Dimension.

Wie groß die Lücke bereits geworden ist, zeigt die diesjährige Bitcom-Langzeitstudie. Aktuell sind in Deutschland 149.000 Stellen für IT-Expertinnen und -Experten unbesetzt. Das sind 12.000 mehr als vor einem Jahr. Bis 2040 werden rund 660.000 IT-Fachkräfte fehlen. Werfen wir nun einen Blick auf die komplexe und vielschichtige Immobilienbranche.

Die Immobilienbranche und ihr konservatives Image

Auch sie steht an der Schwelle der digitalen Transformation, und deshalb spielen auch hier IT-Expertinnen und -Experten eine zentrale Rolle. Doch die finden die Branche langweilig. Das hat seine Gründe: Die Immobilienbranche hat sich im Vergleich zu anderen Branchen, wie FinTech, E-Commerce oder Softwareentwicklung, langsam digitalisiert. Viele junge Menschen assoziieren sie daher mit veralteten Prozessen und überbordender Bürokratie, mit papierbasierter Dokumentation und manuellen Prozessen, und nicht mit KI und Blockchain.

Dabei hat die als konservativ eingestufte Branche enormes Potenzial und bietet Gestaltungsspielraum für innovative Lösungen, angefangen bei Themen wie Smart Buildings und Senior Living, über die Automatisierung von Verwaltungsprozessen von tausenden von Wohnungen bis hin zu vielschichtigen Mietanalysen. Doch das wird oft nicht ausreichend kommuniziert. Branchen wie die Automobilindustrie oder die Luftfahrt sind Meister der Selbstvermarktung.

"Die Immobilienbranche ist zwar nicht das Silicon Valley, aber dennoch sehr attraktiv für IT-Experten, weil sie aufgrund des allgemein geringen Digitalisierungsstandes der Branche sehr großes Potenzial und überdurchschnittliche Entwicklungsmöglichkeiten bietet", betont Marko Broschinski, Head of Sales Intreal Solutions. Fachkräfte könnten auch durch Weiterqualifikation aus den eigenen Reihen entstehen. Große Chancen sieht er auch in der Zusammenarbeit mit externen Partnern wie Bildungseinrichtungen und in der Kooperation mit PropTechs, die aus Universitäten hervorgegangen seien.

Innovative Rekrutierung etablieren

Andere Branchen, wie die Banken- oder Versicherungsbranche, denen ebenfalls ein konservativer Ruf anhängt, haben schon viel früher auf innovative Rekrutierungsstrategien gesetzt. Die Immobilienbranche hinkt da noch hinterher. "Von ausgebildeten IT-Fachkräften werden Unternehmen aus der Immobilienbranche als potenzieller Arbeitgeber häufig gar nicht erst wahrgenommen. Der ‚Coolness-Faktor‘ fehlt einfach", bringt es Matthias Höppner, Geschäftsführer des Recruiting- und Personalberatungsunternehmens RecToCon auf den Punkt. Das sei unbegründet.

"Ich sehe großes Potenzial in der sinnhaften Tätigkeit, die die Branche bietet, insbesondere durch die Reduktion fossiler Energien und die damit verbundenen Einsparungen für Mieter." Für viele Bewerber ist das Thema "Sinnhaftigkeit" tatsächlich ein zunehmend wichtiges Argument für oder gegen eine Stelle (siehe auch Interview). Doch das allein ist es nicht. "Auch aus Arbeitgebersicht ist es schwierig, Fachkräfte zu finden, die sowohl IT-Wissen als auch Immobilienkenntnisse besitzen", zeigt Höppner die andere Seite der Medaille auf.

So wird die Immobilienwirtschaft sexy

Was also tun? Wie wird eine Branche sexy? Die Ergebnisse aus den Studien verdeutlichen: Ein proaktiver, mehrdimensionaler Ansatz ist notwendig, um dem IT-Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Viel Make-over und Tand braucht die Branche eigentlich nicht, denn die inneren Werte sprechen für sich; nur dringt das selten nach außen. Höppners Empfehlung: Bereits während der Berufsausbildung oder dem Studium im Immobilienbereich sollte verstärkt das Thema IT in die Lehrinhalte integriert werden und gleichzeitig unternehmensintern Weiterbildungsmöglichkeiten in dem Bereich angeboten werden, um attraktive Karriereaussichten zu schaffen. Das sei auch bei Bewerbenden häufig ein entscheidender Punkt.

Dies ist ein Auszug des Beitrags "Keine Zukunft ohne Techies". Um zu erfahren, welche weiteren Veränderungen in der DNA der Immobilienbranche notwendig sind, lesen Sie den kompletten Artikel in der Ausgabe 06/24 der "Immobilienwirtschaft". 


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