Workplace Automation: New Work treibt Facility Manageme­nt

Ohne bedarfsorientiertes Immobilienmanagement sind Nachhaltigkeitsziele gefährdet. Für Mehrwerte müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: die Automatisierung der Räume und eine angepasste Gestaltung der Verträge. Workplace Automation steht ante portas.

Ist nicht längst alles diskutiert? So scheint es zumindest angesichts der ausführlichen Debatten um Homeoffice, Back to Office, Bindungsverlust und viele andere Schlagworte. Fakt ist, dass viele Büroimmobilien inzwischen zumindest rudimentär auf die flexiblere und geringere Präsenz der Mitarbeitenden eingestellt sind. Flächen werden untervermietet. Desk-Sharing ist meist ohne größere Probleme möglich.

Und die IT-Systeme erlauben "work from anywhere". Die Hauptdiskussion unter Corporate Real Estate Managern und Facility Managern dreht sich meist um die Frage, wie viele Schreibtische pro Mitarbeiter vorgehalten werden sollen: 0,7 oder 0,5? Oder reichen auch 0,3? Und was passiert, wenn viele Kolleginnen und Kollegen gleichzeitig im Büro sind und keinen Platz mehr finden?

Facility Management: Digitalisierung fördert Flächeneffizienz

Effizientes Management bedeutet, für 80 bis 90 Prozent der Arbeitstage ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig die Leerstandsquote so gering wie möglich zu halten. Dies gelingt nur mit einer aktiven Auslastungsplanung über Buchungssysteme. Für das Facility Management ist New Work damit zu einem wesentlichen Treiber der Digitalisierung von Immobilien geworden. Vor 2020 war Digitalisierung im Real Estate Management ein Wunsch zur Arbeitserleichterung. In Zeiten von New Work ist sie eine wesentliche Voraussetzung für eine effiziente und damit kostenoptimierte Flächennutzung.

Optimierte Flächennutzung: Steuerung nach Bedarf

Hohe Flexibilität bedeutet nicht mehr nur eine geringere Planbarkeit von An- und Abwesenheiten, sondern auch einen gestiegenen Anspruch an vielfältigere Nutzungsmöglichkeiten. Was für Büroimmobilien in Bezug auf kollaborative Flächen mit spezieller Ausstattung gilt, lässt sich unter anderem auch auf Einkaufszentren, Flughäfen, Bahnhöfe oder Eventlocations übertragen. Die Digitalisierung von Arbeitsplätzen und -flächen ermöglicht eine bessere Planung und bedarfsgerechte Steuerung.

Wenn etwa aufgrund eines hohen Krankenstandes oder eines Streiks im öffentlichen Nahverkehr in einer Woche deutlich weniger Personen einen Präsenzarbeitsplatz buchen, können auf Basis einer verlässlichen Planungsgrundlage einzelne Gebäudeteile geschlossen, Heizung, Lüftung und Reinigung auf ein Minimum reduziert und geplante Wartungsarbeiten vorgezogen werden. Der tägliche Betriebsablauf wird dadurch weniger gestört, Kosten und Emissionen des Gebäudes werden minimiert. Davon profitiert auch die Betriebsgastronomie, die gezielter einkaufen kann und weniger Ausschuss produziert. Ohne bedarfsorientiertes Immobilienmanagement sind Nachhaltigkeitsziele gefährdet.

Effiziente Ressourcenplanung bei variierenden Anwesenheiten

Diese Mehrwerte können nur realisiert werden, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: die Automatisierung der Räume und eine angepasste Gestaltung und Vergabe der Managementverträge. Im vierten Jahr von New Work hat sich auf der Anbieterseite für die Automatisierung von Arbeitsräumen einiges getan: Inzwischen sind mehrere Unternehmen am Markt aktiv, die Sensorik, Software und die notwendigen Prozesse verstehen und bereits bei einer Vielzahl von Kunden implementiert haben.

Die Zusammenarbeit mit Technik- und Möbelherstellern, der Unternehmens-IT und den FM-Dienstleistern hat die Pilotphase bereits verlassen, und so mehren sich die Stimmen im Markt, die eine Etablierung von "Workplace Automation" für Neubauten und Revitalisierungen in den nächsten drei bis fünf Jahren erwarten. Lünendonk & Hossenfelder hat in Zusammenarbeit mit dem Digitalisierungsexperten Prof. Dr. Joachim Hohmann in einer Studie erarbeitet, dass sich ein Markt für Workplace Automation herausbildet, der die unterschiedlichen Leistungen bündelt.

Workplace Automation: Gebäudetechnik und Dienstleistungen

Langfristig wird dies jedoch nur gelingen, wenn die für die Bewirtschaftung maßgeblichen FM-Verträge die notwendige Flexibilität in der Leistungserbringung abbilden und nicht weiterhin verrichtungsorientierte Leistungen vorschreiben. Dies kann etwa durch die Vereinbarung von Servicequalität und des dafür notwendigen Budgets mit Pauschalen erfolgen.

Die Automatisierung von (Büro-) Arbeitsplätzen umfasst nicht nur die Reservierung von Büro- und Konferenzräumen, sondern auch das Besuchermanagement, die Wegeleitung, die Unterstützung der Gebäudesicherheit, die Auslastungsanalyse und die automatisierte Steuerung der Gebäudetechnik. Die dafür notwendige Technik ist datenschutzkonform realisierbar. Sensoren zur Messung der CO2-Konzentration in der Luft, von Bewegungen oder Türöffnungen sind weitgehend etabliert und erfüllen die strengen Anforderungen, da sie keine individualisierbaren Daten erheben.

Desk-Sharing-Konzepte unterstützen die Anonymität, vor allem wenn sie auf Buchungen pro Bereich und nicht pro Einzelplatz basieren. Workplace-Automation-Systeme gehen über klassische Computer-Aided-Facility-Management-Systeme (CAFM) und reine Flächenbuchungssysteme hinaus, da sie diese Funktionalitäten mit anderen Systemen verknüpfen und in Beleuchtung und Büromöbel integriert werden können.

Den Mehrkosten für die Implementierung und den Betrieb der Systeme stehen Einsparungen durch geringeren Flächenbedarf sowie niedrigere Energie- und Medienkosten gegenüber. Moderne, digitalisierte und hochwertig ausgestattete Arbeitsplätze wirken sich zudem auf das Employer Branding aus und unterstützen das Recruiting – ein nicht zu unterschätzender Aspekt in einer von Effizienz getriebenen Diskussion, die durch Facility Management unterstützt wird.

Marktreife von Workplace Automation: Ein Modell in vier Phasen

Der Begriff Workplace Automation bündelt die dafür notwendigen Dienstleistungen. Doch wie sieht es mit der Marktreife aus? Zur Einordnung ist ein Modell hilfreich, das im ersten Schritt aus vier einfachen Phasen besteht:

  • Geringe Marktreife: Ein Markt ist theoretisch beschrieben, ein verbindender Begriff ist nicht allgemein etabliert, es findet sich ein sehr heterogenes Anbieterfeld mit wenig Überschneidungen untereinander und der Mehrwert ist den meisten potenziellen Kunden nicht bekannt.
  • Entstehender Markt: In der zweiten Phase haben die Early Adopters positive Erfahrungen gesammelt und diese über den Austausch im Markt verbreitet. Der Mehrwert der Anbieter ist für eine größere Kundengruppe nachvollziehbar und erste Leuchtturmkunden führen zu einer steigenden Nachfrage. In der Diffusionsphase ist ein hoher Innovationszyklus zu beobachten und die Umsätze steigen von einem noch niedrigen Niveau deutlich an.
  • In der Wachstums- und Reifephase ist der Übergang zum Mainstream erreicht und die Anwendungen verbreiten sich auch in der Nische. Es entsteht ein Ökosystem aus Medien, Beratern, Veranstaltungen, Wissenschaft, Verbänden und Anbietern. Die Nachfrage übersteigt das Angebot und weitere Akteure treten in den Markt ein.
  • Ein Markt in einer hohen Reifephase weist ein konsolidiertes Anbieterfeld auf. Durch Weiterentwicklung und Professionalisierung sowie gestiegene Qualitätsanforderungen sind Markteintrittsbarrieren entstanden. Der Markt ist von integrierten Anbietern geprägt und die Margen sind im Vergleich zu den Vorphasen gesunken.

Facility Management: Verträge für New Work

Der Markt für Workplace Automation befindet sich in diesem Modell in Phase zwei. Entscheidend für die weitere Entwicklung wird sein, ob in den nächsten drei bis fünf Jahren der Übergang zum Mainstream gelingt. Die Anzeichen dafür sind positiv.

FM-Verträge sind komplex und es gibt unterschiedliche Modelle am Markt. Eine Pauschalisierung für "den" FM-Vertrag aus Old Work und "den" FM-Vertrag aus New Work wird der Realität in ihrer Vielfalt nicht gerecht. Warum ist das so?

Viele Verträge über Einzelleistungen, die im Rahmen des Facility Managements erbracht werden sollen, sind leistungsbezogen. Ausschreibung, Angebotskalkulation, Angebotsbewertung und die Steuerung des Dienstleistungspartners basieren auf dem Intervall, in dem eine Leistung für eine bestimmte Fläche zu erbringen ist. Dies ist planbar und gut kalkulierbar, stößt aber bei komplexen Liegenschaften und Flächen an Grenzen und führt zu einem hohen Verwaltungsaufwand. Dies wird seit Langem unter anderem durch Pauschalen für Kleinreparaturen gelöst.

Durch New Work sind die zu bewirtschaftenden Flächen komplexer geworden. Ein breiteres Speisenangebot für unterschiedliche Lebensstile erhöht den Aufwand für Einkauf und Zubereitung ebenso wie die Pflege von Räumen mit hochwertiger Medienausstattung, Telefonzellen mit großflächigen Stoffbespannungen, Kollaborationsflächen mit Materialmanagement wie Flipcharts und Stiften. Das weit verbreitete "work from anywhere" mit weniger planbaren Anwesenheiten macht den Servicebedarf schwerer kalkulierbar.

Zwar sind die Anwesenheitsquoten von Dienstag bis Donnerstag am höchsten, und auch in den Ferienzeiten sind erfahrungsgemäß geringere Anwesenheitsquoten abzuleiten, aber Krankheit, Dienstreisen oder plötzlicher persönlicher Abstimmungsbedarf erschweren die Planbarkeit für die Serviceunternehmen erheblich. Wenn weniger Flächen zur Verfügung stehen und diese intensiver genutzt werden, reicht es nicht aus, Besprechungsräume zweimal pro Woche zu reinigen. In manchen Wochen ist in dem genannten Beispiel zweimal täglich ein Service erforderlich, weil eine Kaffeetasse umgekippt ist oder die Markerstifte leer sind, in anderen Wochen fallen Besprechungen aus und der Service wird nicht benötigt. Kurzum: Bedarfsorientierte Serviceverträge stoßen bei im Voraus vereinbarten Intervallen von mehreren Jahren an ihre Grenzen. Hinzu kommt, dass sich die Grundbedürfnisse heute schneller ändern als noch in den 2000er Jahren.

Eine Antwort darauf sind Verträge, in denen ein Ergebnis vereinbart wird. Dieses ist im langfristigen Mittel gut kalkulierbar. Durch die Digitalisierung der Flächen und die Auswertung der Auslastung steht nun eine neutrale Datenbasis zur Verfügung, auf deren Grundlage der Leistungsbedarf auch während der Vertragslaufzeit angepasst werden kann. Ein Vorteil dieses Modells ist die flexiblere Planung der Dienstleistungen innerhalb des Arbeitstages. Dies erleichtert die Vollauslastung des Servicepersonals und erhöht die Servicequalität durch kürzere Reaktionszeiten.

Wandel zu New Work: Der Ausblick ist vielversprechend

Der Wandel von Old zu New Work ist in vollem Gange. In einigen Jahren werden Beobachter vielleicht auf die Zeit nach 2020 zurückblicken und den Übergang von Old zu New Work in Phasen einteilen. Die erste Phase wird dann vermutlich bis zum Jahr 2023 definiert werden, also bis zum Ende der Pandemie und dem Ende von "work from anywhere".

Auch wenn bereits ab 2021 viele Unternehmen vor allem in Innenstadtlagen Flächen angemietet haben, bleibt die Auslastung der Büroarbeitsplätze gering. Das Facility Management kann in den kommenden Jahren einen erheblichen Beitrag dazu leisten, durch effizientes Flächenmanagement Kosten zu senken und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Unternehmen zu leisten.

Voraussetzungen hierfür sind eine konsequente Digitalisierung der Immobilienflächen und eine Anpassung der FM-Modelle sowie die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Ein Blick in die Zukunft führt derzeit kaum an KI vorbei. Noch ist unklar, welchen Beitrag die derzeit viel diskutierte Künstliche Intelligenz bei der Analyse der Immobiliennutzung und an der Schnittstelle zu den Facility Services leisten wird. Sie hat das Potenzial, komplexe Analysen und Zusammenhänge ohne aufwändige Softwareprogrammierung zu erkennen und Handlungsempfehlungen zu geben. Auch hierfür ist die Digitalisierung der Immobiliennutzung eine wesentliche Voraussetzung. Vielleicht ist KI neben ESG der zweite wesentliche Treiber, der der digitalen Immobilie zum Durchbruch verhilft?

Dieser Beitrag stammt aus der aktuellen Ausgabe 03/2024 der Immobilienwirtschaft.


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