Green New Work

Nachhaltigkeit und New Work sind zwei große Trends im Personalwesen. Arne Prieß plädiert dafür, die beiden unter dem Stichwort „Green New Work“ zusammenzuführen. Wie dies gelingt und wie Unternehmen dadurch nachhaltiger werden, zeigt er in diesem Beitrag.

In der zurückliegenden Zeit musste ich in Gesprächen zu Green Company Transformationen feststellen, dass zwar alle gedanklich und mit Worten schon die Notwendigkeit des Handelns anerkennen, die allermeisten es aber bei Lippenbekenntnissen belassen. Da ich als Managementberater gelernt habe, dass am Ende nur die Taten und Ergebnisse zählen, habe ich es mir angewöhnt, trickreich zu sein. Wenn ich mit einem Thema (noch) nicht durch das Hauptportal des Managements kommen kann, dann suche ich mir eine Hintertür. Und diese kann aktuell die Diskussion um eine New Work sein. Hier ist die Aufgeschlossenheit durch jahrelange Diskussionen in den Medien höher und es ist für alle Entscheider leichter nachzuvollziehen, dass man beispielsweise die für ein geplantes Wachstum notwendigen Human Resources in einem oft heiß umkämpften Bewerbermarkt nicht gewinnen kann, wenn man als Unternehmen eine „Old-Work-Arbeitsumgebung“ anbietet.

Wie bekommt man die Themen New Work und Green Company Transformation nun aber zusammen, wie argumentiert man die Notwendigkeit einer Green New Work?

Dazu habe ich eine einfache Argumentationskette entwickelt, die mit drei Argumenten einer tiefergehenden Diskussion standhält und für diejenigen überzeugend klang, bei denen ich sie vorbringen konnte.

Mein Appell lautet: Die New Work kann nur eine Green New Work sein!

Wer also im Unternehmen eine New Work anbieten will, sollte sie gleich green gestalten. Wer eine Green Company will, sollte sie gleich mit einem New-Work-Design gestalten. Im Doppelpack lohnt sich der Aufwand bei der Umsetzung von geeigneten Maßnahmen zum Erreichen der Ziele in jedem Fall umso mehr!

Hier nun meine drei Argumentationen – lasst euch überzeugen:

1. New Work ist ein Synonym für die Arbeitswelt der Zukunft!

Wenn man aber die Zukunft gestalten will, dann muss man auch die wichtigsten Trends für die Zukunft berücksichtigen. Und Umwelt- bzw. Klimaschutz ist sicher aktuell der wichtigste und medial präsenteste Trend von allen! Denn eine Zukunft auf dem Planeten A muss ökologisch sein, sonst brauchen wir einen Planeten B, und den gibt es bekanntlich (noch) nicht.

2. New Work ist, was Menschen wirklich wollen!

New Work ist nach dem Erfinder des Begriffs Frithjof Harold Bergmann eine Arbeitswelt, in der Menschen tun können, was sie wirklich in ihrer Arbeit tun wollen! Es geht also darum, eine Arbeitswelt zu gestalten, in der Menschen genau die Themen mitgestalten können, die sie wirklich von ihrem Innersten interessieren. Zieht man in diesem Zusammenhang Studien zurate, in denen Menschen nach ihren Wünschen in Bezug auf ihren Arbeitgeber gefragt werden, liest man zum Beispiel:

In einer Studie aus 2019 sagen 77 % der weltweit Befragten, dass Klimawandel von Unternehmen priorisiert werden sollte ( Studie des amerikanischen Cloud-Anbieters Salesforce). Auf Platz 1 stand „Sicherheit am Arbeitsplatz“ mit 81 %.

Auch wenn Sicherheit am Arbeitsplatz ein verständliches Bedürfnis ist und vermutlich in Zeiten der Corona-Pandemie noch einmal an Bedeutung gewonnen hat, sollten wir nicht vergessen, wie viel Unsicherheit die Horrorszenarien des Super-KAUs (= Klimakatastrophe, Artensterben und Umweltverschmutzung) auch am Arbeitsplatz verursachen können. Man stelle sich nur vor, wie unsicher sich die Mitarbeitenden bei der Serie von Tornados in den USA am späten Freitagabend des 10.12.2021 gefühlt haben. Der Gouverneur des Bundesstaates Kentucky Andy Beshear sagte auf einer Pressekonferenz: „Wir glauben, dass die Zahl der Toten 50 übertreffen und wahrscheinlich eher bei 70 bis 100 liegen wird.“ Der Sturm sei einer der „schlimmsten Tornados in der Geschichte Kentuckys“ ( vgl. diese Meldung).

In Illinois stürzte das Dach eines Verteilzentrums des Onlinehändlers Amazon teilweise ein. Man kann sich wohl nicht vorstellen, wie unsicher es sich anfühlt, wenn der Tornado das Dach des Lager- und Bürogebäudes einstürzen lässt, in dem man gerade seiner Arbeit nachgeht. Sicherheit am Arbeitsplatz muss also in Zeiten von Klimakatastrophen neu definiert werden.

In einer weiteren Studie, der sogenannten Königsteiner-Studie von 2020, gaben 62 % der Deutschen an, dass es ihnen wichtig ist, wie ihr Arbeitgeber zu Umweltfragen steht. Und für 52 % von ihnen gehört das Umweltbewusstsein zu den Top-3-Kriterien, wenn es um einen Jobwechsel geht ( Studie der Königsteiner Gruppe zu „Umweltbewusstsein bei deutschen Arbeitgebern“).

Unabhängig von vorliegenden Studien prognostiziere ich mal mutig, dass noch viel mehr Menschen mit klarem Verstand ein konsequentes Umweltbewusstsein auch in der Arbeitswelt fordern werden, wenn erst Hitze und Dürre spürbar werden oder der Wasserpegel bei Überflutungen regelmäßig „bis zum Hals steht“. Diese Menschen werden sich ihre New Work bei den Arbeitgebern suchen, die es richtig, weil ökologisch nachhaltig angehen.

3. New Work wird eine digitalisierte Welt sein!

Der Megatrend der Digitalisierung verbindet sich hier mit dem Trend nach einer New Work und der ökologischen Nachhaltigkeit. Und das ist auch gut so, denn die Digitalisierung der Arbeitswelt macht diese nicht nur modern und damit „new“, sie kann auch viele ökologische Probleme lösen!

Aus diesem Grund schlage ich vor, diese drei Trends unter einem Dach voranzutreiben. Wenn ein Unternehmen also eine laufende Initiative zur Digitalisierung hat, dann sollte diese die Themen New Work und Green Company Transformation unter diesem Dach gleich systematisch mit angehen. So kommt am Ende eine sinnvolle Verschmelzung von ohnehin vernetzten Themen zustande. Wenn man solche Megatrends jeweils einzeln angeht, dann bekommen die Mitarbeitenden das Gefühl, dass man auf zu vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzt und das Tagesgeschäft vor lauter Initiativen keinen Raum mehr findet.

Green-New-Work-Modell

Mit meinen drei verkürzt vorgetragenen Argumenten hoffe ich, euch dafür gewonnen zu haben, dass nur eine Green New Work wirklich new sein kann! Deshalb lasst uns mit dem Begriff Green New Work diese Erkenntnis auch begrifflich fest in den Köpfen aller etablieren, die über New Work nachdenken. Ich habe dazu sogar ein Logo entworfen, um den neuen Begriff auch visuell zu verankern.

Als kleine Hilfestellung für die Entwicklung eines Green-New-Work-Designs in Unternehmen möchte ich Leitfragen für einen Workshop vorschlagen, bei dem mit einer repräsentativen Gruppe aus dem Unternehmen folgende vier Fragen abgearbeitet und dann aus den erarbeiteten Erkenntnissen das zum Unternehmen passende Green New Work Design abgeleitet werden kann. Dieses kann dann Ausgangspunkt für eine Green-New-Work-Initiative sein.

Leitfragen für die Erarbeitung des Green New Work Designs

Fragenbereich

Fragen

Beispiele

Trigger

Welche Trigger (Trends und ökonomische Ziele) muss man wie managen (und welche sollte bzw. kann man abwehren)?

  • Trends wie Umwelt-/Klimaschutz, Digitalisierung, Agilität, New Work, Robotik, Co-Working, soziale Medien, demografischer Wandel, Fachkräftemangel
  • Ökonomische Ziele, wie sie durch Rationalisierung, Automatisierung, Outsourcing, CO2-Bilanz-Kosten, „atmende Vertragskonstellationen“ (Beschäftigte, Leiharbeitnehmer und Freelancer

Wünsche der Mitarbeitenden

Welche Wünsche kann man
wie erfüllen?

Work-Life-Blending, mobiles und Remote-Arbeiten, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, ökologischer Arbeitgeber, Berufsstatuswechsel. Wie kann man Vorteile und Risiken in den Griff bekommen?

Resultierende Rahmenbedingungen

Welche aus den Triggern und Wünschen resultierenden Rahmenbedingungen (zum Beispiel für Arbeitsort, -zeit, -methoden, -instrumente und Infrastruktur) muss/kann man wie managen?

VUCA (die Welt ist volatil, unsicher, komplex und mit Ambiguitäten, also Widersprüchlichkeiten, gespickt), transparentes verfügbares Wissen, 24/7-Erreichbarkeit, Klimaschutzauflagen, diverse Zusammenarbeit, Hybrid-Office-Modelle, cyber-physische Systeme, digitale Arbeitsmittel

New Work Skills

Wer muss sich welche Skills aneignen und wie kann die HR-Organisation dabei unterstützen?

Agiles (Projekt-)Management, Digital Overload Management – Zeitmanagement 4.0, ökologisches Arbeiten und Leben, technische Anwenderkompetenzen, Ambiguitätstoleranz

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Dieser Artikel ist ein Ausschnitt aus dem Buch Green Company Transformation, das 2022 bei Haufe erschienen ist. Hier geht es zum Buch.


Schlagworte zum Thema:  New Work, Ökologie, Klimaschutz