Corporate Political Responsibility in der Nachhaltigkeitsstrategie
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In einer Zeit wachsender gesellschaftlicher Herausforderungen stehen Unternehmen zunehmend in der Verantwortung, sich nicht nur wirtschaftlich nachhaltig aufzustellen, sondern auch aktiv zur Stabilität und Weiterentwicklung der Demokratie beizutragen. Corporate Political Responsibility (CPR) beschreibt die bewusste Auseinandersetzung von Unternehmen mit politischen Themen und deren Einfluss auf demokratische Prozesse. Dabei geht es nicht um Wahlempfehlungen für Parteien oder Lobbyismus, der in den Unternehmen bei Public Affairs (PA) angesiedelt ist. Bei PA geht es um Partikularinteressen eines Unternehmens, bei CPR um eine gesellschaftliche positive Entwicklung, durch die das Unternehmen mittelbar partizipiert.
Das Handlungsfeld dient dazu, den gesellschaftlichen Rahmen stabil zu halten, den wir brauchen, um unser Wirtschaften zu ermöglichen. Demokratische Prozesse der Willensbildung, der europäische Wirtschaftsraum und die Union mit der gemeinsamen Währung sowie eine Art von Freizügigkeit, die es uns erlaubt, unseren Fachkräftemangel auch mit Zuwanderung zu beheben. CPR ist nicht nur ein moralisches Gebot, sondern auch ein strategischer Hebel für Unternehmen, um langfristig stabile Rahmenbedingungen für ihr eigenes wirtschaftliches Handeln zu sichern.
Bedeutung von CPR in der Unternehmensstrategie
Corporate Political Responsibility erweitert die klassische Corporate Social Responsibility (CSR) um die politische Dimension und stellt sicher, dass Unternehmen eine proaktive Rolle im gesellschaftlichen Diskurs über Demokratie und soziale Gerechtigkeit übernehmen. Unternehmen haben durch ihre Reichweite, ihre wirtschaftliche Kraft, ihre Verbindung zu den Mitarbeitenden und zu der Region, in der sie ansässig sind, eine besondere Verantwortung und Möglichkeit, demokratische Werte zu fördern und gegen deren Erosion anzugehen.
Die Integration von CPR in die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens bietet diese Vorteile:
- Basis absichern: Freier Handel in Europa und in der Welt sowie die Gewinnung von Fachkräften auch jenseits der deutschen Grenzen ist für viele Unternehmen jeder Größenklasse existentiell.
- Reputation und Vertrauen: Unternehmen, die sich klar für demokratische Werte positionieren, gewinnen das Vertrauen von Kund:innen, Mitarbeitenden und Investor:innen.
- Risikominimierung: Die aktive Auseinandersetzung mit politischen Themen hilft Unternehmen, regulatorische Risiken zu identifizieren und strategisch darauf zu reagieren.
- Wettbewerbsvorteile: Unternehmen, die eine starke demokratische Haltung zeigen, können sich von Wettbewerbern abheben und Talente anziehen.
- Gesellschaftlicher Mehrwert: Die Förderung demokratischer Werte stärkt den sozialen Zusammenhalt und trägt zu einem stabilen wirtschaftlichen Umfeld bei.
CPR und die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs)
Corporate Political Responsibility trägt wesentlich zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen bei. Besonders relevant sind:
SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen): Unternehmen, die sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen, stärken Institutionen und fördern ein gerechtes Wirtschaftsumfeld.
SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum): Durch faire und transparente Unternehmenspraktiken unterstützen Unternehmen stabile Arbeitsbedingungen und eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.
SDG 10 (Weniger Ungleichheiten): Unternehmen können sich für inklusive politische Prozesse einsetzen und so soziale Ungleichheiten abbauen.
Unternehmensengagement zur Förderung der Demokratie
Unternehmen können sich auf vielfältige Weise für die Demokratie engagieren:
- Business Council for Democracy (BC4D): Eine Initiative, die Unternehmen dabei unterstützt, digitale Kompetenzen und demokratische Werte zu fördern. Unternehmen können durch Workshops und Kooperationen ihre Mitarbeitenden in Themen wie Fake-News-Resilienz und Meinungsvielfalt schulen.
- Charta der Vielfalt: Eine Initiative zur Förderung von Vielfalt und Inklusion in der Arbeitswelt. Unternehmen und Institutionen verpflichten sich durch die Unterzeichnung, ein wertschätzendes und vorurteilsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle Mitarbeitenden – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung – ihre Potenziale entfalten können.
- Positionierung und Kommunikation: Klare Statements für demokratische Grundwerte. Teilnahme an Initiativen und Kampagnen, zum Beispiel „GoVote" oder „Zusammenland". Partnerschaften mit Organisationen zur politischen Bildung. Entwicklung einer internen Kommunikationsstrategie zur Förderung demokratischer Werte.
- Engagement auf Unternehmensebene: Bereitstellung von Ressourcen für Demokratieprojekte (zum Beispiel Sachspenden, finanzielle Unterstützung). Freistellung von Mitarbeitenden zur Wahrnehmung von ehrenamtlichen Wahlhelfer-Tätigkeiten.
Herausforderungen und Chancen von CPR
Die Umsetzung von CPR stellt Unternehmen vor verschiedene Herausforderungen:
- Unternehmenskultur: Um sich hier zu engagieren, braucht es eine Unternehmenskultur, in der Werte und Haltungen definiert und den Mitarbeitenden bekannt sind.
- Authentizität bewahren: Engagement für demokratische Werte sollte in der Unternehmens-DNA verankert sein und nicht als kurzfristiges PR-Instrument dienen.
- Polarisierung vermeiden: Unternehmen müssen darauf achten, eine positive, konstruktive Sprache zu verwenden, um nicht als parteiisch wahrgenommen zu werden.
- Messbarkeit: Die Erfolgsmessung politischer Verantwortung kann herausfordernd sein, Unternehmen sollten dennoch KPIs entwickeln, um Fortschritte zu verfolgen.
Wissenschaftliche Perspektiven auf CPR
Studien zeigen, dass Unternehmen, die sich politisch engagieren, langfristig bessere Beziehungen zu Stakeholdern aufbauen und wirtschaftlich erfolgreicher sind. Wissenschaftler:innen betonen:
- Legitimationsfaktor: Unternehmen können durch CPR gesellschaftliche Akzeptanz und die „License to Operate" langfristig sichern.
- Risikoreduktion: Unternehmen, die aktiv Demokratie und Menschenrechte unterstützen, minimieren geopolitische Risiken und regulatorische Unsicherheiten.
- Wirtschaftliche Nachhaltigkeit: Forschung zeigt, dass Unternehmen mit starker sozialer Verantwortung resilienter gegen Krisen sind und einen positiven Einfluss auf Mitarbeiterbindung und Kundentreue haben.
Best Practices in Deutschland
Zahlreiche deutsche Unternehmen haben sich jüngst deutlich gegen Rechtsextremismus positioniert und sich für die Stärkung der Demokratie ausgesprochen. Hier einige prominente Beispiele:
Große Konzerne
- Volkswagen: Der Konzern war Mitinitiator einer großen Demonstration für Demokratie in Wolfsburg. Konzernchef Oliver Blume trat persönlich als Redner auf.
- Siemens: CEO Christian Bruch warnte, dass Abschottung und Extremismus dem deutschen Export schaden.
- BMW: CEO Oliver Zipse betonte die Bedeutung der EU für den Unternehmenserfolg.
- BASF: Vorstandsvorsitzender Martin Brudermüller stellte klar, dass es bei BASF keinen Platz für Fremdenfeindlichkeit gibt.
- Beiersdorf: CEO Vincent Warnery sprach sich gegen Hass und Diskriminierung aus.
Weitere Unternehmen und Initiativen
Eine Allianz aus über 30 großen deutschen Unternehmen startete die Kampagne „Wir stehen für Werte" gegen Extremismus. Mit dabei Bosch, Thyssenkrupp, RWE und die Deutsche Bank.
- Jenoptik: Hat sich in der Initiative „Weltoffenes Thüringen” engagiert und positioniert sich auch in der Pressearbeit deutlich.
- Reinhold Würth: Hat sich für die Würth-Gruppe in ganzseitigen Anzeigen in den überregionalen Zeitungen öffentlich positioniert
- dm-drogerie markt: Ermöglicht Mitarbeitenden, sich als Wahlhelfer:innen freistellen zu lassen und rechnet diese Zeit als Arbeitszeit an.
- Lufthansa und DHL: Kampagnen, die die Bedeutung der Europawahl betonen und demokratische Werte stärken.
- Siemens: Engagiert sich mit Initiativen zur politischen Bildung und unterstützt gemeinnützige Projekte zur Demokratieförderung.
Fazit
Corporate Political Responsibility ist ein entscheidendes Element der modernen Nachhaltigkeitsstrategie. Unternehmen, die sich aktiv für demokratische Werte einsetzen, leisten nicht nur einen Beitrag zur Gesellschaft, sondern sichern auch ihre eigene Zukunftsfähigkeit. Jetzt ist die Zeit für Unternehmen, sich zu positionieren und gemeinsam für eine offene, gerechte und nachhaltige Gesellschaft einzustehen.
Handlungsempfehlung: Beginnen Sie mit kleinen, konkreten Maßnahmen, integrieren Sie CPR in bestehende Nachhaltigkeitsstrategien und nutzen Sie das Potenzial der eigenen Unternehmenskultur, um demokratische Werte aktiv zu leben.
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