Jean Bramburger-Schwirkslies, Michele Schwirkslies
Mit BFH-Urteil vom 10.12.2020 hat der BFH zum Fall des FG Thüringen Stellung genommen. Grundsätzlich ist der BFH an das Ergebnis der tatsächlichen Würdigung des FG, ob eine einheitliche Leistung oder ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang vorliegt, gebunden. Nach der ständigen Rechtsprechung hat der BFH jedoch im Rahmen seiner revisionsrechtlichen Nachprüfung die Auslegung von Verträgen durch das FG nachzuprüfen. Die Nachprüfung betrifft dabei insbesondere, ob das FG die Auslegung bedeutsamer Begleitumstände und die Interessen der Beteiligten erforscht und entsprechend gewürdigt hat. Die Frage, ob eine einheitliche Leistung Hauptbestandteil oder dominierender Bestandteil ist, ist ein solcher Umstand.
Der BFH ist in seinem Urteil der Meinung, dass das FG verkannt hat, dass es für einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zwischen Mieter und Vermieter nicht darauf ankommt, dass auch andere (nicht Wohnungs- oder Büromieter dieses Komplexes) Zugang zu den vom Kläger angebotenen Stellplätzen hatten. Darüber hinaus hielt es der BFH für wesensimmanent, dass die Nebenleistung nicht ständig im Gefolge der Hauptleistung auftritt. Das heißt: Eine Hauptleistung kann auch ohne Nebenleistung erbracht werden, weshalb auch eine Wohnungsnutzung ohne Stellplatznutzung möglich ist.
Es spricht darüber hinaus auch nicht gegen das Vorliegen einer Nebenleistung, wenn Neben- und Hauptleistung auf unterschiedlichen Märkten angeboten und erbracht werden können. Im vorliegenden Fall entschied der BFH auf das Vorliegen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs und stützt sich hierbei auf die bereits ergangene EuGH-Rechtsprechung (Wohnung und Stellplatz wurden an dieselben Vertragsparteien vermietet). Sowohl die Wohnungs- als auch die Stellplatzvermietung sind damit steuerfrei zu beurteilen. In diesen Fällen rundet die Stellplatzvermietung die Wohnungsvermietung bei fahrzeugbesitzenden Mietern ab, so der BFH in seiner Urteilsbegründung.
Vorsicht vor unrichtigem oder unberechtigten Steuerausweis nach § 14c UStG
Sollte aufgrund des am 10.12.2020 entschiedenen BFH-Urteils bislang Umsatzsteuer offen in der Rechnung über die Vermietung von Stellplätzen ausgewiesen worden sein, liegen durch das Urteil nun Rechnungen im Sinne des § 14c UStG vor, weil die Leistungen umsatzsteuerfrei sind.
Die Rechnungen sollten überprüft und korrigiert werden.