Leitsatz
Die personelle Verflechtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit einer GmbH ist auch dann gegeben, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer der GbR, der zugleich alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist, zwar von der GbR nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit ist, aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der GmbH aber bewirken kann, dass auf Seiten der GmbH nicht er selbst als deren Vertreter auftritt.
Normenkette
§ 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und Abs. 3 EStG, § 47 Abs. 1 und Abs. 4 GmbHG, § 181 BGB, § 41 AO
Sachverhalt
Die klagende GbR vermietet den privaten Grundbesitz ihrer Gesellschafter, einem Ehepaar und seinen drei Söhnen. Der allein zur Geschäftsführung und Vertretung der GbR berechtigte und verpflichtete Ehemann war zunächst mit 35 % und im Streitjahr mit 20 % beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag werden alle den Gesellschaftern durch Gesetz oder Vertrag zugewiesenen Entscheidungen mit 2/3 Mehrheit getroffen. Im September 1992 schloss die GbR einen Mietvertrag über gewerbliche Räume mit der Autohaus B (GmbH) ab, an der der Ehemann als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer zu 75 % beteiligt war. Das von der GbR für Zwecke der GmbH bebaute Grundstück wird von dieser zu 63 % genutzt und ist im Übrigen fremdvermietet. Den Mietvertrag unterschrieben für die GbR als Vermieterin neben dem Ehemann auch die anderen Gesellschafter, für die GmbH allein der Ehemann. Im Streitjahr übertrug der Ehemann seine GmbH-Anteile auf zwei seiner Söhne, die danach zu jeweils 50 % an der GmbH beteiligt sind.
Das FA ging davon aus, durch die Anteilsübertragung sei die bis dahin bestehende Betriebsaufspaltung zwischen der GbR und der GmbH beendet worden und ermittelte einen Aufgabegewinn, den es im Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb feststellte. Der Einspruch mit dem Begehren, mangels Betriebsaufspaltung keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb und damit auch keinen Aufgabegewinn, sondern solche aus Vermietung und Verpachtung festzustellen, blieb erfolglos. Das FG gab der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Revision des FA.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG zu Unrecht eine Betriebsaufspaltung und damit einen steuerbaren Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verneint. Im Streitfall seien die Klägerin und die GmbH insbesondere personell miteinander verflochten gewesen. Der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer habe die GbR aufgrund der auch für diese Gesellschaft nach § 710 BGB gegebenen Geschäftsführungsbefugnis beherrscht, weil er über die Überlassung des Grundstücks eigenverantwortlich habe entscheiden können und ihm die übertragene Geschäftsführungsbefugnis nur durch einen Beschluss mit 2/3-Mehrheit der Gesellschafter hätte entzogen werden können.
Hinweis
1. Eine GbR erzielt aus der Vermietung von Grundstücken Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 EStG, wenn sie (als Besitzunternehmen) mit einem Betriebsunternehmen (als Mieter) sachlich und personell verflochten ist. Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn das vermietete Wirtschaftsgut – wie im Streitfall das Grundstück – wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens ist. Die personelle Verflechtung setzt die Beteiligung von Personen voraus, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen und auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchsetzen können.
2. Ob der die personelle Verflechtung herstellende Geschäftsführer beider Gesellschaften nach § 181 BGB Insichgeschäfte (§ 181 BGB) nicht vornehmen darf (vgl. MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 714 Rd.Nr. 29), spielt für die Feststellung der personellen Verflechtung keine Rolle, weil sie lediglich die tatsächliche Möglichkeit voraussetzt, den Willen des Besitzunternehmens im Betriebsunternehmen durchzusetzen. So kann der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH – wie im Streitfall – einen Gesellschafterbeschluss nach § 47 Abs. 1 GmbHG herbeiführen, der eine Verletzung des § 181 BGB vermeidet (z.B. bei Vornahme des Geschäfts durch Gesellschafterbeschluss oder bei Bestellung eines Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten, der das anstehende Geschäft mit der Besitzgesellschaft vornimmt.
Ob in diesen Fällen gesellschaftsrechtlich das Stimmrecht des Gesellschafter-Geschäftsführers der GmbH ausgeschlossen ist, ist steuerrechtlich für die Frage der personellen Verflechtung unbeachtlich. So bestimmt § 41 Abs. 1 AO ausdrücklich, dass selbst zivilrechtlich unwirksame Rechtsgeschäfte für die Besteuerung erheblich sind, wenn die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis eintreten und bestehen lassen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.8.2006, IX R 52/04