Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Dagegen ist der Bauende als wirtschaftlicher Eigentümer zu beurteilen, wenn er aufgrund eindeutiger im Voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft – unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers – innehat, weil ihm allein Substanz und Ertrag des Gebäudes für dessen voraussichtliche Nutzungsdauer zustehen. Dies ist der Fall, wenn er aufgrund einer gesicherten Rechtsposition bei grundsätzlicher Unkündbarkeit des Nutzungsvertrags das Wirtschaftsgut bis zu dessen wirtschaftlichem Verbrauch nutzen kann und der Eigentümer auf eine nur formale Eigentümerstellung beschränkt ist.
Substanz und Ertrag des Gebäudes sind dem Nutzungsberechtigten aber nicht nur in den Fällen zuzurechnen, in denen das Gebäude nach Ablauf der voraussichtlichen Nutzungsdauer wirtschaftlich verbraucht ist, sondern auch, wenn zwar die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes die Dauer der Nutzungsbefugnis überschreitet, der Nutzungsberechtigte, der die Kosten des Gebäudes getragen hat, aber für den Fall der Nutzungsbeendigung einen Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswerts des Gebäudes gegen den Grundstückseigentümer hat. Ein solcher Anspruch kann sich aus einer vertraglichen Vereinbarung oder aus dem Gesetz, insbesondere aus Bereicherungsrecht, ergeben. Wer auf einem fremden Grundstück in der Erwartung, er werde später Eigentümer des Grundstücks werden, ein Gebäude errichtet, hat einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB, wenn die Erwartung später enttäuscht wird. Der Anspruch auf Wertersatz richtet sich nicht auf Ersatz der einzelnen wirtschaftlichen Leistungen, sondern auf den Ersatz des Wertes, den das Gebäude als wirtschaftliche Einheit für den Bereicherten zu dem Zeitpunkt hat, in dem die Nutzung durch den Hersteller endet. Dieser gesetzliche Anspruch auf Wertersatz führt dazu, dass der zivilrechtliche Eigentümer insoweit über sein Eigentum wirtschaftlich nicht verfügen kann, weil er im Falle einer rechtlichen Verfügung dem Nutzungsberechtigten oder dessen Rechtsnachfolger Wertersatz zu leisten hätte. Substanz und Ertrag des Gebäudes stehen daher wirtschaftlich nicht dem zivilrechtlichen Eigentümer, sondern dem in Eigentumserwartung Bauenden zu. Einen gesetzlichen Anspruch auf vollen Wertersatz hat z. B. der Bauende, der in begründeter Erwartung künftigen Eigentumserwerbs eine Wohnung errichtet. Ein vertraglicher Anspruch auf Entschädigung nur i. H. d. "Verkehrswerts des Dauernutzungsrechts", nicht aber i. H. d. vollen Verkehrswerts, ist nicht ausreichend.
Derjenige, der im Einverständnis mit dem zivilrechtlichen Eigentümer auf eigene Rechnung und Gefahr auf einem fremden Grundstück ein Gebäude errichtet hat und der gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer einen Entschädigungsanspruch hat, kann zu jedem Zeitpunkt über den Wert des Gebäudes verfügen. Der Hersteller und nicht der zivilrechtliche Eigentümer trägt in diesem Fall das Risiko des Verlusts und der Wertminderung des Gebäudes und ihm allein kommen eventuelle Wertsteigerungen zugute. Diese Verfügungsmöglichkeit des Herstellers über die Substanz des Gebäudes rechtfertigt es, ihn als wirtschaftlichen Eigentümer anzusehen.
Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen folglich auseinander,
- wenn die Nutzungsdauer des Gebäudes kürzer ist als die vertragliche Miet- oder Pachtdauer oder
- wenn der Mieter nach Beendigung der Mietzeit die Erstattung des gemeinen Werts des Gebäudes verlangen kann.
Unter der Voraussetzung eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Wertersatz erkennt die Rechtsprechung bei Bauten auf fremdem Grund und Boden wirtschaftliches Eigentum auch ohne "eindeutige Vereinbarung" zwischen nahestehenden Personen an.
Steht das Gebäude auf fremdem Grund und Boden im wirtschaftlichen Eigentum des Mieters oder Pächters, kann er Abschreibungen vornehmen. Setzt der zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer das Gebäude zur Erzielung eigener Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ein, erfüllt er also selbst den Tatbestand der Einkunftserzielung, steht ihm die AfA auf die Herstellungs- oder Anschaffungskosten des Gebäudes zu. Seine AfA-Befugnis schließt insoweit die AfA-Befugnis anderer Personen aus.