Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
2.1 Begriff und Regelungsinhalt
Das Erbbaurecht ist in zivilrechtlicher Hinsicht seinem Wesensgehalt nach ein befristetes Nutzungsrecht. Es umfasst zum einen die "verdinglichte" Befugnis des Erbbauberechtigten, das Grundstück fortwährend in bestimmter Weise zu nutzen, und zum anderen die damit korrespondierende "verdinglichte" Verpflichtung des Grundstückseigentümers, diese Nutzung fortwährend zu dulden. Damit steht das Erbbaurechtsverhältnis seinem Leistungsinhalt nach einem entgeltlichen, rein schuldrechtlichen Nutzungsverhältnis wie Miete oder Pacht nahe. Erbbauzinsen sind mithin – auch wenn sie in einem Einmalbetrag geleistet werden – keine Anschaffungskosten i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB für den Erwerb eines Wirtschaftsguts "Erbbaurecht", sondern allein das Entgelt für die Nutzung des Grundstücks.
Im Regelfall überlässt der erbbauverpflichtete Grundstückseigentümer das Grundstück entgeltlich auf eine bestimmte Zeit, z. B. 99 Jahre, mit der Maßgabe, dass der Erbbauberechtigte darauf mit eigenen Mitteln ein Gebäude errichtet oder erwirbt. Dadurch entstehen dem Erbbauberechtigten keine Anschaffungskosten für den Grund und Boden, sondern nur Herstellungskosten oder Anschaffungskosten für das Gebäude. Zwischen den Beteiligten des Erbbaurechtsverhältnisses kommt es wie bei jeder anderen Nutzungsüberlassung zu einem Leistungsaustausch. Der Erbbauverpflichtete muss für den vereinbarten Zeitraum das nach § 1 Abs. 1 ErbbauRG veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben, "dulden" und erbringt damit regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die durch den Erbbauzins entgolten werden, und zwar zivilrechtlich wie auch steuerrechtlich. Deshalb erfasst die Rechtsprechung Erbbauzinsen beim Grundstückseigentümer als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und nicht als Veräußerungsentgelt. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts dadurch, dass der Erbbauzins in einem Einmalbetrag geleistet wird. Der Erbbauzins ist auch dann kein Entgelt für die Nutzung der auf dem belasteten Grundstück bereits bei Begründung des Erbbaurechts befindlichen Gebäude, wenn der Erbbauzins sich an dem Ertragswert des Gebäudes orientiert und der Erwerber dieses Grundstücks für das Gebäude ein Entgelt gezahlt hat.
2.2 Steuerrechtliche Behandlung des Erbbauverpflichteten/Grundstückseigentümers
2.2.1 Zurechnung von Vermietungseinkünften
Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer als Inhaber (Eigentümer, sonstiger Nutzungsberechtigter, tatsächlich Nutzender) die maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter ("das Nutzungsobjekt") innehat und damit eine Vermietertätigkeit selbst (ggf. auch durch einen Vertreter oder Verwalter) ausübt.
2.2.2 Folgen der Bestellung des Erbbaurechts
Ein in Ausübung eines Erbbaurechts erstelltes Gebäude wird Bestandteil des Erbbaurechts. Ein auf einem Grundstück bereits bestehendes Gebäude wird bei Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht ebenfalls dessen Bestandteil. In beiden Fällen wird der Erbbauberechtigte zivilrechtlicher Eigentümer oder erlangt zumindest eine dem Eigentümer ähnliche Stellung. Für den Grundstückseigentümer kann der Verlust des wirtschaftlichen Eigentums am Gebäude in Zusammenhang mit der Bestellung des Erbbaurechts Werbungskosten sein, wenn der Eigentümer für den Verlust kein Entgelt erhält. Hat der Erbbaurechtsbesteller kein Entgelt für die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an dem Gebäude erhalten, kann er im Hinblick auf die Erzielung von Erbbauzinsen den Restbuchwert des Gebäudes wohl als Werbungskosten abziehen. Erhält der Grundstückseigentümer von dem Erbbauberechtigten ein Entgelt für den durch die Bestellung des Erbbaurechts eintretenden Verlust des Eigentums an dem Gebäude, so ist dieses Entgelt i. d. R. als Veräußerungserlös anzusehen, der nicht zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung führt.
2.2.3 Wegfall des Erbbaurechts und der Erbbauverpflichtung
Geht das vom Erbbauberechtigten errichtete Gebäude beim Erlöschen oder Heimfall des Erbbaurechts auf den Grundstückseigentümer über, kann dieser die an den Erbbauberechtigten zu zahlende Entschädigung als Anschaffungskosten des Gebäudes im Wege der AfA absetzen; Verzugszinsen wegen verspäteter Ausgleichszahlung für das Erlöschen eines Erbbaurechts stellen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar.
Falls keine Zahlung erfolgt, hat der Grundstückseigentümer die AfA des Erbbauberechtigten fortzuführen. Wenn das vom Erbbauberechtigten in Ausübung des Erbbaurechts errichtete Gebäude nach Beendigung des Erbbaurechts entsprechend den Bestimmungen des Erbbaurechtsvertrags entschädigungslos auf den Erbbauverpflichteten übergeht, führt dies beim Erbbauverpflichteten zu einer zusätzlichen...