Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Wird ein Gebäude in der Absicht erworben, es als Gebäude zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu nutzen, und entschließt sich der Steuerpflichtige erst nach dem Erwerb, das Gebäude abzureißen, so sind im Jahr des Abbruchs die verbliebenen, bislang noch nicht abgeschriebenen Anschaffungskosten des Gebäudes (aufgrund einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG) im Wege einer AfaA und die Abbruchkosten als Werbungskosten abzusetzen. Beides ist dabei einheitlich zu beurteilen. Der Fall muss steuerrechtlich ebenso beurteilt werden wie der Abbruch eines objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes, das der Steuerpflichtige auf einem ihm bereits gehörenden Grundstück errichtet hat. Denn in beiden Fällen bewirkt der Steuerpflichtige durch den Abbruch, dass die Nutzung des abgerissenen Gebäudes durch Vermietung oder Verpachtung beendet ist und dass der restliche Wert des Gebäudes vernichtet wird. Der Entschluss des Steuerpflichtigen, ein Gebäude abzubrechen, bringt in diesen Fällen die Tatsache seines wirtschaftlichen Verbrauchs zum Ausdruck, und zwar ohne dass es darauf ankommt, ob an die Stelle des abgebrochenen Gebäudes ein dem gleichen Zweck gewidmeter Neubau tritt. Auch Aufwendungen für den Abbruch einer verbrauchten Garage – einschließlich der Rest-AfA – stellen sofort abzugsfähige Werbungskosten dar.
Motiv des Abbruchs
Die Finanzämter haben nicht zu prüfen, ob die Entscheidung des Steuerpflichtigen zum Gebäudeabriss wirtschaftlich oder technisch sinnvoll ist, ob sie notwendig oder für ihn sogar nachteilig war.
Im Fall eines Gebäudeerwerbs ohne Abbruchabsicht sind nach ständiger Rechtsprechung die Abbruchkosten und die AfaA als Werbungskosten abziehbar, auch wenn das abgerissene Gebäude objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbraucht ist. Das Motiv des Steuerpflichtigen für den Abbruch ist in diesem Fall grundsätzlich ohne Bedeutung.
Steht fest, dass der tragende Grund für den Abriss des Gebäudes, z. B. eine Vielzahl nachgewiesener Baumängel und daraus folgend der wirtschaftliche Verbrauch des Gebäudes, in der Zeit der Vermietung und somit vor der Aufgabe der Vermietungsabsicht entstanden ist, wird ein darauf gegründeter Abbruch als durch die Vermietung veranlasst angesehen, selbst wenn anstelle des abgerissenen Gebäudes ein zur Eigennutzung bestimmter Neubau errichtet wird. Die künftige Eigennutzungsabsicht führt danach nicht zu einer Überlagerung des durch die frühere Vermietung veranlassten Abbruchs. Der Abzug von AfaA gem. § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG sowie der Abbruchkosten als Werbungskosten – beide sind einheitlich zu beurteilen – scheidet aber dann aus, wenn sie ganz überwiegend durch eine nachfolgende Veräußerung des Grundstücks oder die geplante Selbstnutzung des Neubaus veranlasst sind.
Diente das abgerissene Gebäude zuvor eigenen Wohnzwecken oder wurde es nicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt, stehen bei der anschließenden Errichtung eines neuen Gebäudes die Abbruchkosten und der Gebäuderestwert des abgebrochenen Gebäudes ausschließlich im Zusammenhang mit der Errichtung des Neubaus und stellen folglich Herstellungskosten des neuen Gebäudes dar.
Die Kosten für den Abriss eines zuvor vermieteten Gebäudes sowie der Gebäuderestwert sind als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung immer dann abziehbar, wenn der Grund für den Abriss, z. B. die Vielzahl der im Einzelnen festgestellten Baumängel und dessen sich daraus ergebender wirtschaftlicher Verbrauch, in der Zeit der Vermietung durch die Steuerpflichtigen und damit vor Aufgabe der Vermietungsabsicht entstanden sind. In diesem Fall hat auch die anschließende Errichtung eines privat genutzten Gebäudes keinen Einfluss auf den Werbungskostenabzug.
Während der Vermietungszeit eingetretene Schäden eines Gebäudes können jedoch im Einzelfall nicht als maßgeblicher Grund für den Abriss eines Gebäudes anzusehen sein, wenn das Gebäude bereits vor der Vermietungszeit erhebliche bauliche Mängel aufwies.
Wurde das Geäude vor dem Abriss zeitweise vollständig fremdvermietet und zeitweise teilweise selbst genutzt, ist nach Auffassung des FG Münster die Berücksichtigung von anteilig als Werbungkosten abziehbaren Abbruchkosten sowie des Restwerts des Gebäudes als Werbungskosten nach Maßgabe der zeit- und flächenmäßigen Nutzung für die gesamte Nutzungsdauer des Objekts zu ermitteln; liegt der ermittelte Anteil der privaten Veranlassung unter 10 %, soll dies steuerlich unerheblich sein.