Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Aus dem Spielbanktronc finanzierte Zahlungen an die Arbeitnehmer der Spielbank sind keine steuerfreien Trinkgelder i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG.
2. Der Begriff des Trinkgelds, der auch § 3 Nr. 51 EStG zugrunde liegt, setzt grundsätzlich ein Mindestmaß an persönlicher Beziehung zwischen Trinkgeldgeber und Trinkgeldnehmer voraus.
3. Wenn der Arbeitgeber selbst Gelder tatsächlich und von Rechts wegen an- und einnehmen, verwalten und buchungstechnisch erfassen muss, sind dies keine dem Arbeitnehmer von Dritten gegebenen Trinkgelder i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG.
Normenkette
Art. 31, Art. 70 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 GG, § 155 FGO, § 560 ZPO, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 51 EStG, § 11 SpBG
Sachverhalt
Der Kläger war bei der Spielbank Berlin, auf Grundlage des SpBG Berlin betrieben, als Kassierer (Croupier) im Bereich Automatenspiel beschäftigt. Er erhielt ein Festgehalt sowie auf tarifvertraglicher Grundlage einen Anteil am Troncaufkommen i.H.v. ca. 18 200 Euro. Das Troncaufkommen resultierte daraus, dass Spielbankbesucher Trinkgeld in Form von Jetons in die für diesen Zweck aufgestellten Behälter geben. Der Kläger begehrte bei seinem FA im Ergebnis erfolglos die Steuerfreiheit seines Troncanteils als steuerfreies Trinkgeld nach § 3 Nr. 51 EStG. Die dagegen erhobene Klage war zunächst erfolgreich (FG Berlin vom 12.06.2006, 9 K 9093/06, Haufe-Index 1548796, EFG 2006, 1405). Das FG beurteilte die Gelder aus dem Tronc als steuerfreie Trinkgelder.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und wies die Klage mit den aus Leitsatz und Praxis-Hinweisen ersichtlichen Erwägungen ab.
Hinweis
Der BFH bleibt bei seiner Rechtsprechung, dass Trinkgelder grundsätzlich zum Arbeitslohn i.S.d. § 19 EStG gehören, und präzisiert die Voraussetzungen für ein steuerfreies Trinkgeld i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG nach seinem Urteil vom 03.05.2007, VI R 37/05, BFH/NV 2007, 1580, BFH/PR 2007, 335 (Trinkgeldzahlungen im Konzernverbund) noch weiter.
1. Der Begriff Trinkgeld i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG ist durch ein wesentliches Merkmal bestimmt: Trinkgeld, so der BFH, setze insbesondere eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Trinkgeldgeber voraus, weil es eine typischerweise persönliche Zuwendung als honorierende Anerkennung seiner Mühe sei. Charakteristisch sei, dass in einem nicht unbedingt rechtlichen, jedenfalls aber tatsächlichen Sinn Geldfluss und honorierte Leistung korrespondierend einander gegenüberstünden. Veranlasst durch die Neufassung des § 3 Nr. 51 EStG durch das Gesetz zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern vom 08.08.2002 (BGBl I 2002, 3111), nach der nun Trinkgeld in unbegrenzter Höhe steuerfrei ist, führt der BFH aus, daran auch für § 3 Nr. 51 EStG in seiner Neufassung festzuhalten, nachdem er diese Frage im Urteil vom 03.05.2007, VI R 37/05, BFH/NV 2007, 1580, BFH-PR 2007, 335 für die Neuregelung noch offengelassen hatte. Trotz der neuen Tatbestandsmerkmale "anlässlich einer Arbeitsleistung", "freiwillig" und "zusätzlich zu dem Betrag ..., der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist" bleibe der Tatbestand bei der nur typologischen Umschreibung. Wenn daher polizei- und ordnungsrechtliche Regelungen der Spielbankgesetze (SpBG) es strikt untersagten, Trinkgelder anzunehmen und von Spielbankbesuchern dennoch geleistete Zuwendungen unmittelbar an den Arbeitgeber weiterzuleiten seien, fehle es an der trinkgeldtypischen persönlichen und unmittelbaren Leistungsbeziehung. Dann sei auch nicht von einem steuerfreien Trinkgeld i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG auszugehen. Dies begegne weder gleichheitsrechtlichen Bedenken noch sei dies mit Art. 31 GG unvereinbar.
2. Der BFH lehnte aus einem zweiten Grund ein steuerfreies Trinkgeld ab: Es sei nicht, wie in § 3 Nr. 51 EStG vorausgesetzt, "dem Arbeitnehmer von Dritten" gegeben. Wenn die Gelder, wie für den Spielbankenbereich gesetzlich zwingend geregelt (SpBG), dem Arbeitgeber zu überlassen seien, liege kein steuerfreies Trinkgeld vor. Denn die Arbeitnehmer erlangten dann am Tronc selbst kein Eigentum oder Rechte daran, darin gesammelte Gelder seien für sie fremde Gelder, nämlich solche der Spielbank als Arbeitgeber. Das Troncaufkommen erreiche mangels originären Anspruchs daran den Arbeitnehmer nie als Trinkgeld, sondern auf Grundlage der arbeits- und tarifvertraglich eingeräumten Ansprüche gegen den Arbeitgeber. Daher bestehe auch die Regelung im SpBG, nach der das Troncaufkommen zur Deckung der Personalkosten zu verwenden sei. Die Frage, ob bei konzernrechtlichen Strukturen das Tatbestandsmerkmal "Dritter" erfüllt sein kann, ließ der BFH in seinem Urteil vom 03.05.2007, VI R 37/05, BFH/NV 2007, 1580, BFH/PR 2007, 335 offen.
3. Die Fälle, in denen Gelder dem Arbeitgeber zu überlassen seien, müssten allerdings von denen der "Poolung von Einnahmen" unterschieden werden, bei denen Trinkgelder in eine gemeinsame Kasse eingeworfen werden, z.B. beim Friseur- oder Gaststättengewerbe. Dann werde das Trinkgeld den Arbeitnehmern in ihrer Gesamtheit gegeben, sodass sie entweder ori...