7.1 Bei Zahnärzten wird für die Hintergrundmusik keine GEMA fällig
Mit dem Urteil vom 15.3.2012 hatte sich der EuGH mit der Frage zu befassen, ob die Wiedergabe von Tonträgern in Zahnarztpraxen dem Vergütungsanspruch des Tonträgerherstellers unterliegt. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Musikwiedergabe bei Zahnärzten keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Unionsrechts sei. Denn die Patientenzahl sei recht klein und der Zahnarzt lasse die Musik auch nicht zu Erwerbszwecken laufen. In einer Zahnarztpraxis sei einziger Zweck die Zahnbehandlung. Die Wiedergabe von Tonträgern gehöre aber nicht zur Zahnbehandlung.
Dem ist der BGH mit Urteil vom 18.6.2015 gefolgt. Er hat entschieden, dass die Wiedergabe von Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen (im entschiedenen Fall Radio) keine vergütungspflichtige öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechtsgesetzes sei. Es handele sich dabei nicht um eine Wiedergabe gegenüber einer unbestimmten Zahl potenzieller und auch recht vieler Adressaten, was nach der Rechtsprechung des EuGH zur Annahme einer vergütungspflichtigen öffentlichen Wiedergabe aber erforderlich sei.
Bei seinem Urteil bezog sich der BGH auf die Rechtsprechung des EuGH und betonte, an diese gebunden zu sein.
7.2 Bei Rehazentren mit mehreren musikbeschallten Warteräumen wird GEMA fällig
Allerdings hat der EuGH mit Urteil vom 31.5.2016 die GEMA-Pflicht bei einem Rehabilitationszentrum mit 2 Wartezimmern bejaht.
Nach diesem Urteil entscheidet die Begriffsdefinition "öffentliche Wiedergabe" über die Gebührenpflicht. Nach dem EuGH-Urteil liegt eine öffentliche Wiedergabe nur dann vor, wenn sie gegenüber einer unbestimmten Zahl von möglichen Adressaten erfolgt. Eine allzu kleine oder unbedeutende Zahl von Personen ist damit ausgeschlossen.
Im Fall eines Rehabilitationszentrums mit 2 Wartezimmern, in denen parallel auf 2 Fernsehern Musik-TV abgespielt wurde, hat der EuGH eine GEMA-Pflicht festgestellt. Maßgeblich dafür waren die Gesamtgröße der Wartebereiche sowie die öffentliche Zugänglichkeit.
7.3 Bei Physiotherapiepraxen keine GEMA-Gebühr fällig
In der Mehrzahl der Fälle wird auch weiterhin in Physiotherapiepraxen keine Gebühr für die Wiedergabe im Wartezimmer anfallen. Die Anzahl von Personen, die im Wartezimmer Platz finden, wird die Annahme einer öffentlichen Wiedergabe regelmäßig nicht rechtfertigen. Insbesondere in termingebundenen Praxen ist ein öffentlicher Zugang nicht gegeben.
7.4 Hotelbetreiber muss keine GEMA-Abgabe für die bloße Bereitstellung von Fernsehgeräten in Hotelzimmern leisten
Der BGH hat in seinem Urteil aus dem Jahr 2015 darüber entschieden, dass die Klage der GEMA gegen eine Hotelbesitzerin, welche 21 Zimmer ihres Hotels mit Fernsehgeräten mit Zimmerantenne ausgestattet hatte, keine Aussicht auf Erfolg hatte und wies die Klage deshalb ab. Seine Begründung: die bloße Bereitstellung der Fernsehgeräte, mit der die Hotelgäste über die Zimmerantenne Fernsehsendungen sehen können, stelle keine Verletzung der Urheberrechte dar. Es handelt sich um keine öffentliche Wiedergabe gem. § 15 Abs. 3 UrhG, denn eine öffentliche Wiedergabe setzt eine Handlung, also eine Übertragung geschützter Werke durch den Nutzer voraus. Die bloße Bereitstellung von Gegenständen, die die Wiedergabe ermöglichen bzw. bewirken, stellt keine Wiedergabe in diesem Sinne dar.
Im Unterschied dazu fallen GEMA-Gebühren wiederrum an, wenn der Hotelbetreiber die Sendersignale von Fernsehprogrammen über eine Verteileranlage an die Fernsehgeräte in den Hotelzimmern weiterleitet. Hierin wird eine Wiedergabehandlung gesehen, die die Gebührenpflicht auslöst.
7.5 Wenn Krankenhäuser Radiogeräte stellen, wird die GEMA-Gebühr fällig
Der BGH entschied in diesem Urteilsfall, dass ein Krankenhaus, welches seinen Patienten Radioempfangsgeräte zur Verfügung stellt, um Radiosender kostenlos zu hören, Urhebergebühren an die GEMA zu zahlen hat.
Der BGH verneint die Übertragung der gegenteiligen Rechtsprechung für Radiosendungen im Wartezimmer von Arztpraxen. Sein Urteil begründete der BGH damit, dass die Verbreitung von Radiosendern über die krankenhauseigene Kabelanlage in die Patientenzimmer eine lizenzpflichtige öffentliche Wiedergabe i. S. d. GEMA sei. Der BGH untermauert seine Ansicht mit der Rechtsprechung des EuGH, nach dessen Ansicht eine Wiedergabe vorliegt, wenn jemand absichtlich und ohne gezielt tätig zu werden einem Dritten Zugang zum geschützten Werk verschafft, den der Dritte ohne sein Tätigwerden nicht erhalten hätte.