FinMin Schleswig-Holstein, Erlaß v. 22.1.2018, VI 309 - S 0170 - 115
Im o.g. Verfahren war streitig, ob die von einem Karnevalsverein traditionell am Karnevalssamstag veranstaltete Kostümparty "Nacht der Nächte" (Näheres dazu siehe Urteil) als unmittelbare Förderung des traditionellen Brauchtums in der Form des Karnevals zu qualifizieren ist und daher einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO begründen kann.
Das beklagte Finanzamt sah die Veranstaltung "Nacht der Nächte" als gemischte Veranstaltung mit überwiegendem Charakter einer Tanzveranstaltung an und behandelte sie als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
Das Finanzgericht gab dagegen der Klage des Vereins statt.
Mit dem o.g. Urteil hat der BFH das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 20.8.2015 aufgehoben und die Klage des Vereins vollumfänglich abgewiesen.
Der BFH sieht keine der Voraussetzungen des § 65 AO als erfüllt an:
Zu § 65 Nr. 1 AO:
Die "Nacht der Nächte" habe in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient, die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu verwirklichen. Nicht jede von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführte gesellige Veranstaltung, die durch Kostümierung der Teilnehmer, musikalische und tänzerische Darbietungen sowie ausgelassenes Feiern geprägt sei, werde daher vom Begriff des traditionellen Brauchtums in Gestalt des Karnevals umfasst (Rn. 17 des BFH-Urteils).
Zu § 65 Nr. 2 AO:
Lt. BFH ist nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt eine Kostümparty, bei der die Darbietungen, die nicht im engeren Sinne karnevalistischer Art sind, einen wesentlichen Anteil ausmachten, das unentbehrliche und einzige Mittel zur unmittelbaren Förderung des Karnevals in seiner historischen Form sein könnte. Ein Zweckbetrieb liege nicht vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur einen finanziellen Beitrag zur gemeinnützigen Tätigkeit leiste und deshalb abstrakt gesehen eine Zweckerreichung auch ohne diesen Geschäftsbetrieb denkbar wäre (Rn. 18 des BFH-Urteils).
Zu § 65 Nr. 3 AO:
Das Finanzgericht habe selbst festgestellt, dass der Kläger in Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten kommerziellen Anbietern vergleichbarer Veranstaltungen trete. Der Wettbewerbsgedanke trete entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten zurück, weil der Wettbewerb bei Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke des Klägers vorliegend nicht unvermeidbar gewesen sei (Rn. 20, 21 des BFH-Urteils).
Einspruchsverfahren, in denen sich Stpfl. auf das anhängige Revisionsverfahren berufen haben, können wieder aufgenommen werden.
Normenkette
AO 1977 § 65