OFD Münster, Verfügung v. 9.8.2010, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 16/2010

Durch Vorlage eines Freistellungsauftrages kann bei Kapitalerträgen i.S. des § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (u.a. Dividenden/Gewinnausschüttungen, Erträge aus Wandelanleihen etc.) nicht vom Kapitalertragsteuerabzug Abstand genommen werden. Der Schuldner der Kapitalerträge ist trotz des Freistellungsauftrages verpflichtet, den Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG), eine Kapitalertragsteueranmeldung elektronisch zu übermitteln (§ 45a Abs. 1 EStG) und die Kapitalertragsteuer ans FA abzuführen (§ 44 Abs. 1 Satz 5 EStG).

Anstelle der Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug tritt im Falle eines erteilten Freistellungsauftrages das Erstattungsverfahren nach § 44b Abs. 6 Satz 4 EStG im Rahmen der Kapitalertragsteueranmeldung, wenn die entsprechenden Wertpapiere durch ein Kreditinstitut verwahrt werden. Diese Erstattungsbeträge werden dabei der sog. Zahlstellen-Kapitalertragsteuer (Zeile 8 der Kapitalertragsteueranmeldung) zugeordnet.

Im Hinblick auf die regelmäßig im Mai ausgezahlten Genossenschaftsdividenden sind folgende Besonderheiten zu beachten:

Bei Genossenschaftsdividenden ist die einbehaltene Kapitalertragsteuer in dem Zeitpunkt anzumelden und abzuführen, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen. Dies hat zur Folge, dass die Genossenschaftsbank insoweit eine Tagesanmeldung elektronisch zu übermitteln und die Kapitalertragsteuer ans Betriebsstättenfinanzamt abzuführen hat. In der folgenden Monatskapitalertragsteueranmeldung (bis zum 10. des Folgemonats) erfolgt die Verrechnung der Erstattungsbeträge nach § 44b Abs. 6 Satz 4 EStG mit der Zahlstellenkapitalertragsteuer (Zeile 8 der Kapitalertragsteueranmeldung). Dies kann dazu führen, dass sich ein Erstattungsanspruch des Kreditinstituts gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt ergibt.

Beispiel:

Die Genossenschaftsbank A- Stadt zahlt Ihren Genossen am 20.05. eine Dividende i.H.v. 100,– EUR pro Genossenschaftsanteil. Die Gesamtdividende beträgt 50.000,– EUR. Für sämtliche Genossenschaftsmitglieder liegen noch nicht ausgeschöpfte Freistellungsaufträge vor. Die Genossenschaftsanteile werden durch die Genossenschaftsbank verwaltet.

Die Genossenschaftsbank hat eine Kapitalertragsteueranmeldung auf den 20.05. elektronisch zu übermitteln. Die Schuldnerkapitalertragsteuer (Zeile 9 der Kapitalertragsteueranmeldung) beträgt 12.500,– EUR. Der Solidaritätszuschlag beträgt 687,50 EUR.

In der Monatsanmeldung Mai, die die Genossenschaftsbank zum 10.06. elektronisch zu übermitteln hat, verrechnet die Bank den Erstattungsanspruch nach § 44b Abs. 6 Satz 4 EStG i.H.v. 12.500,– EUR Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag mit der Zahlstellenkapitalertragsteuer in Zeile 8 der Kapitalertragsteueranmeldung. Unterstellt, dass die Zahlstellenkapitalertragsteuer für den Monat Mai 10.000,– EUR beträgt, ergibt sich ein Kapitalertragsteuererstattungsanspruch i.H.v. 2.500,– EUR.

 

Normenkette

EStG § 44 Abs. 1

EStG § 44b Abs. 6 Satz 4

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