Erwirbt ein Unternehmen eine Sachgesamtheit von Vermögensgegenständen und Schulden gegen Zahlung eines Gesamtkaufpreises, so muss – wie oben dargestellt – der Unterschiedsbetrag, um den der Gesamtkaufpreis für die Sachgesamtheit den Zeitwert der erworbenen Vermögensgegenstände und Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt, als Geschäfts- oder Firmenwert in der Handelsbilanz ausgewiesen werden. Gleiches gilt grundsätzlich für die Steuerbilanz.
Sind bei der Kaufpreisaufteilung für einzelne Vermögensgegenstände und Schulden in der Handels- und Steuerbilanz jeweils unterschiedliche Werte anzusetzen, so können latente Steuern entstehen, denn die daraus entstehenden Differenzen sind bei der Bemessung latenter Steuern zu berücksichtigen. Nach herrschender Meinung sollen die im Zuge eines Asset Deals entstandenen latenten Steuern auf unterschiedliche Wertansätze einzelner Vermögensgegenstände und Schulden in der Handels- und Steuerbilanz abweichend von § 274 Abs. 2 S. 3 HGB ausnahmsweise erfolgsneutral gebildet werden.
Nach Grottel/Larenz sind "bei einem Asset Deal [...] auf Ansatz- und Bewertungsunterschiede in Handelsbilanz (HB) und Steuerbilanz (StB) [...] latente Steuern zu bilden und mit der Residualgröße (GFW) zu verrechnen."
In Zuge der buchhalterischen Abbildung eines Geschäfts- oder Firmenwerts muss daher unterschieden werden zwischen solchen Bewertungsdifferenzen zwischen dem handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung eines Geschäfts- oder Firmenwerts (Zugangszeitpunkt) und solchen Bewertungsdifferenzen zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Wertansatz, die im Zuge der planmäßigen Abschreibung eines Geschäfts- oder Firmenwerts über die jeweilige Nutzungsdauer entstehen (Folgebewertung):
- Infolge der Bewertungsunterschiede zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Wertansatz einzelner erworbener Vermögensgegenstände und Schulden zum Zugangszeitpunkt sowie der Verrechnung eventueller latenter Steuern mit dem Geschäfts- oder Firmenwert ergibt sich ggf. auch eine Differenz zwischen dem Wertansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts in der Handels- und Steuerbilanz im Zugangszeitpunkt.
- Weiterhin können Wertunterschiede zwischen dem Wertansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts in der Handels- und Steuerbilanz auch im Zuge der Folgebewertung entstehen.
Ob auf diese unterschiedlichen Arten von Differenzen zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Wertansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts latente Steuern in der Handelsbilanz zu bilden sind und wie diese buchhalterisch abzubilden sind, wird im Folgenden dargestellt.
8.1 Latente Steuern aufgrund einer unterschiedlichen Bewertung des GoF in der Handels- und Steuerbilanz zum Zugangszeitpunkt
Im obigen Praxisbeispiel ergibt sich im Zuge des Erwerbs einer Sachgesamtheit durch die Huber GmbH sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz jeweils ein Geschäfts- oder Firmenwert in gleicher Höhe. Ursächlich hierfür ist, dass die erworbenen Vermögensgegenstände und Schulden in beiden Rechenwerken gleich hoch bewertet werden.
Die Frage nach der Erfassung latenter Steuern
- aufgrund von Bewertungsunterschieden zwischen einzelnen erworbenen Vermögensgegenständen und Schulden sowie
- aufgrund einer unterschiedlichen Bewertung eines Geschäfts- oder Firmenwerts in der Steuerbilanz einerseits und der Handelsbilanz andererseits
stellt sich im Praxis-Beispiel nicht.
Im Zuge von "Asset Deals" kann sich jedoch im Einzelfall jedoch eine abweichende Bewertung einzelner Vermögensgegenstände und Schulden ergeben, wie z. B. bei Pensionsverpflichtungen, die für die Handelsbilanz nach § 253 HGB bewertet werden und für die Steuerbilanz nach § 6a EStG. Auch der Ansatz von Drohverlustrückstellungen in der Handelsbilanz, die steuerlich nicht zu berücksichtigen sind, kann eine Abweichung begründen.
Durch die unterschiedlich hohen Wertansätze einzelner Vermögensgegenstände und Schulden in beiden Rechenwerken und der Berücksichtigung latenter Steuern auf diese Bewertungsunterschiede in der Handelsbilanz, ergeben sich ggf. auch unterschiedlich hohe Geschäfts- oder Firmenwerte in der Handels- und Steuerbilanz zum Zugangszeitpunkt. Daher stellt sich die Frage, ob auf die Differenz zwischen dem handelsrechtlichen und steuerlichen Wert eines Geschäfts- oder Firmenwerts zum Zugangszeitpunkt latente Steuern berechnet werden müssen. Da diese latenten Steuern wiederum die Verteilung des Gesamtkaufpreises für die Sachgesamtheit auf die erworbenen Vermögensgegenstände und Schulden sowie der zu berücksichtigenden latenten Steuern beeinflusst, muss die Ermittlung der latenten Steuern auf die Wertdifferenz des handelsrechtlichen und steuerlichen Geschäfts- oder Firmenwerts im Zugangszeitpunkt mit Hilfe eines Iterationsverfahrens erfolgen. Im Zuge der ...