Auch beim Verzicht auf die Erfassung latenter Steuern auf die Differenz zwischen dem handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts zum Zugangszeitpunkt können dennoch im Rahmen der Folgebewertung latente Steuern entstehen. Denn im Zuge der Folgebewertung (d. h. nach der erstmaligen Erfassung eines Geschäfts- oder Firmenwerts) können temporäre Differenzen zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Wert eines Geschäfts- oder Firmenwerts entstehen, die zur Bildung latenter Steuern führen.

Ein häufiger Grund für das Entstehen temporärer Differenzen im Zuge der Folgebewertung ist die Anwendung unterschiedlicher Nutzungsdauern in der Handels- und Steuerbilanz für die Abschreibung eines Geschäfts- oder Firmenwerts. Steuerlich ist hierfür – wie oben dargelegt – zwingend die lineare Abschreibungsmethode i. V. m. einer Nutzungsdauer von 15 Jahren anzuwenden. Sofern handelsrechtlich für die lineare Abschreibung ein Nutzungszeitraum von weniger oder mehr als 15 Jahren zugrunde zu legen ist, fallen die Wertansätze in der Handels- und Steuerbilanz auseinander. Dies kann zum Entstehen latenter Steuern nach § 274 HGB führen:

  • Aktive latente Steuern können beispielsweise entstehen, wenn der Wertansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts in der Handelsbilanz geringer ist als der steuerliche Wert. Im Falle der linearen Abschreibung eines Geschäfts- oder Firmenwerts kann diese Konstellation entstehen, wenn die handelsrechtliche Nutzungsdauer kürzer geschätzt wurde als die steuerliche Nutzungsdauer von 15 Jahren.
  • Passive latente Steuern können beispielsweise entstehen, wenn der Wertansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts in der Handelsbilanz höher ist als der steuerliche Wert. Im Fall der linearen Abschreibung eines Geschäfts- oder Firmenwerts kann diese Konstellation entstehen, wenn die handelsrechtliche Nutzungsdauer länger geschätzt wurde als die steuerliche Nutzungsdauer von 15 Jahren.

Ein weiterer Grund für das Entstehen temporärer Differenzen im Zuge der Folgebewertung kann die Anwendung unterschiedlicher Abschreibungsmethoden in beiden Rechenwerken sein. Zur Abschreibung eines Geschäfts- und Firmenwerts ist steuerlich – wie oben dargelegt – zwingend die lineare Abschreibungsmethode anzuwenden. Sofern handelsrechtlich eine andere Abschreibungsmethode als die lineare Abschreibung angewendet wird, fallen die Wertansätze in der Handels- und Steuerbilanz ggf. auseinander. Ein Beispiel hierfür wäre die Anwendung der geometrisch-degressiven Abschreibung in der Handelsbilanz bei gleichzeitiger Anwendung der linearen Abschreibung in der Steuerbilanz.

Hinsichtlich der buchhalterischen Behandlung von im Zuge der Folgebewertung eines Geschäfts- oder Firmenwerts entstehenden Differenzen sind 2 Fälle zu unterscheiden:

  • Bestand zum Zugangszeitpunkt keine Differenz zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Wert eines Geschäfts- oder Firmenwert, so ist die gesamte Differenz bei der Bemessung latenter Steuern zu berücksichtigen. Diese Konstellation liegt dem obigen Praxisbeispiel zugrunde, bei dem die Differenz zwischen dem handelsrechtlichen und steuerlichem Wert eines Geschäfts- oder Firmenwerts ausschließlich durch die unterschiedlichen Nutzungsdauern für die Abschreibung in der Handelsbilanz einerseits und der Steuerbilanz andererseits entstehen.
  • Bestand bereits zum Zugangszeitpunkt des Geschäfts- oder Firmenwerts eine Differenz zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Wertansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts, auf die – unter Berufung auf die oben dargestellte Mehrheitsmeinung – keine latenten Steuern gebildet wurden, so dürfen auch im Zuge der Folgebewertung auf diese Differenz keine latenten Steuern gebildet werden. Daher muss zur Berechnung der latenten Steuern auf den Geschäfts- oder Firmenwert im Rahmen der Folgebewertung, der handelsrechtliche Wert des Geschäfts- oder Firmenwert zum Zugangszeitpunkt aufgeteilt werden in einen dem steuerlichen Wert entsprechenden Anteil und einen zweiten Anteil, dem kein steuerlicher Geschäfts- oder Firmenwert gegenübersteht. Latente Steuern sind nur für den dem steuerlichen Wert im Zugangszeitpunkt entsprechenden Anteil zu bilden.[1]
 
Praxis-Beispiel

Unterschiedliche Bewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts in der Handels- und Steuerbilanz im Zuge eines Asset Deals

Es gelten die Ausgangsdaten des obigen Praxis-Beispiels. D.h., die Huber GmbH erwirbt das Einzelunternehmen Müller zum 1.1.01 durch Erwerb der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden zum Gesamtkaufpreis von 435.000 EUR (Asset Deal).

Die folgende Tabelle zeigt die zu übernehmenden Vermögensgegenstände und Schulden des Einzelunternehmens Müller jeweils zum Buchwert (der Bilanz von Einzelunternehmer Müller) und dem Zeitwert zum Zeitpunkt des Erwerbs für die Handelsbilanz und die Steuerbilanz:

 
Konto Buchwert (EUR) Zeitwert Handelsbilanz (EUR) Zeitwert Steuerbilanz (EUR)
Soll Haben Soll Haben Soll Haben
0027/0135 Software 0   10.000   10.000  
0050/0200 Grundstücke , grundstü...

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