OFD Karlsruhe, Verfügung v. 25.8.2004, S 7100
Nach dem Muster-Arbeitsgemeinschaftsvertrag der bauwirtschaftlichen Spitzenverbände werden die Geschäftsführungsaufgaben (technische Geschäftsführung, kaufmännische Geschäftsführung, Bauleitung) auf einzelne Gesellschafter übertragen. Für die Frage, wie die Übernahme der Geschäftsführungsaufgaben beim einzelnen Gesellschafter umsatzsteuerlich zu behandeln ist, gilt nach dem Ergebnis der Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder hierzu Folgendes (vgl. auch BMF-Schreiben vom 12.9.1988 an den Hauptverband des Deutschen Baugewerbes e.V.):
Die Geschäftsführertätigkeit eines Gesellschafters (im Folgenden: geschäftsführender Gesellschafter) einer Personengesellschaft, die sich darin erschöpft, die eigene gesellschaftsrechtliche Rechtsposition zu verwirklichen, ist keine Tätigkeit gegen Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs (BFH-Urteil vom 17.7.1980, BStBl 1980 II S. 622). Die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten kann nicht als entgeltliche Leistung angesehen werden. Vielmehr liegt in diesen Fällen ein nicht steuerbarer Gesellschafterbeitrag vor.
Im Gegensatz dazu ist ein Leistungsaustausch zwischen dem geschäftsführenden Gesellschafter und der Gesellschaft dann zu bejahen, wenn er eine Leistung gegen ein Sonderentgelt erbringt. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Leistung auf gesellschaftsrechtlicher Verpflichtung beruht oder nicht (vgl. Abschn. 6 Abs. 9 UStR). In diesen Fällen handelt der geschäftsführende Gesellschafter nicht zugleich für die Gesellschaft, sondern erbringt eine eigene umsatzsteuerbare Leistung.
Die Unterscheidung zwischen einer echten Geschäftsführungsaufgabe des geschäftsführenden Gesellschafters und den Tätigkeiten, in denen eine Leistung gegen Sonderentgelt erbracht wird, ist vom Einzelfall abhängig. In den §§ 7 bis 9 des Muster-Arbeitsgemeinschaftsvertrags werden im Einzelnen die Aufgaben aufgeführt, die der jeweilige Geschäftsführungsbereich umfasst. Es kann dahinstehen, ob in dieser Aufzählung Leistungen, die durch Sonderentgelt abgegolten werden, enthalten sind. Aus Vereinfachungsgründen sind die in den §§ 7 bis 9 des Muster-Arbeitsgemeinschaftsvertrags enthaltenen Tätigkeiten als nicht steuerbare Leistungen anzusehen.
Für den Vorsteuerabzug gilt Folgendes: Dem geschäftsführenden Gesellschafter steht der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus Bezügen zu, die er zur Durchführung der Geschäftsführung benötigt. Leistungen an den geschäftsführenden Gesellschafter werden für dessen Unternehmen ausgeführt. Das BFH-Urteil vom 17.7.1980 (a.a.O.) findet hier keine Anwendung, weil ihm ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Hauptaufgabe des geschäftsführenden Gesellschafters ist hier nicht – wie im Urteilsfall – die Wahrnehmung gesellschaftsrechtlicher Funktionen. Vielmehr dient die Geschäftsführungstätigkeit in der Arbeitsgemeinschaft den Zwecken des eigenen Unternehmens des geschäftsführenden Gesellschafters (vgl. BFH-Urteil vom 20.1.1988, BStBl 1988 II S. 557).
Diese Regelung ist erstmals ab 1.1.1989 anzuwenden. Sofern die Geschäftsführertätigkeit vor diesem Zeitpunkt umsatzsteuerlich anders behandelt worden ist, so ist dies nicht zu beanstanden.
Nach einer Erörterung auf Bundesebene gilt die vorstehende Regelung nicht nur bei reinen Bauarbeitsgemeinschaften, sondern auch bei vergleichbaren Arbeitsgemeinschaften – z.B. im Bereich Anlagenbau. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die zu beurteilenden Tätigkeiten dem Katalog der §§ 7 bis 9 des Muster-Arbeitsgemeinschaftsvertrags entsprechen.
Die geänderte Rspr. des BFH (Urteil vom 6.6.2002, BStBl 2002 II S. 36) gilt auch für Geschäftsführungsaufgaben bei Bauarbeitsgemeinschaften. Nach dem BMF-Schreiben vom 23.12.2003 (BStBl 2004 I S. 240) ist die geänderte Rspr. zwingend erst ab dem 1.4.2004 anzuwenden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1