Dr. Florian Kloster, Dr. Daniel Licht
Rz. 13
Ein einmal festgelegtes Geschäftsjahr kann nicht beliebig oder willkürlich geändert werden, da dies den Grundsätzen der Klarheit, Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit zuwiderlaufen würde. Zudem ist die Änderung des Geschäftsjahres auch mit einem Eingriff in das Gewinnbezugsrecht des Gesellschafters verbunden, da es durch die Bildung eines Rumpfgeschäftsjahres einerseits zu einer zeitlichen Verschiebung und andererseits (gerade auch bei Saisonbetrieben) zu einer Beschneidung oder Erhöhung des Gewinnbezugsrechts kommen kann. Davon abgesehen verursacht die Umstellung des Geschäftsjahres auch erhöhte Kosten z. B. für die Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen, das Abhalten der Hauptversammlung und die Durchführung der Abschlussprüfung. Demnach bedarf es zur Umstellung des Geschäftsjahrs einer Rechtfertigung durch rechtliche (z. B. bei Umwandlung oder Änderung der Konzernzugehörigkeit), wirtschaftliche (Herausbildung eines saisonalen Geschäfts) oder sonstige betriebliche Gründe (Anmeldung der Liquidation oder Insolvenz). Die Umstellung auf einen anderen 12-Monatszeitraum als den zuvor gewählten erzeugt zwangsläufig ein Rumpfgeschäftsjahr. Erfolgt während des Rumpfgeschäftsjahres eine erneute Umstellung, ist davon auszugehen, dass die erste Umstellung von vornherein nicht auf einen 12-Monatszeitraum ausgerichtet war. Die planerische Herbeiführung von 2 aufeinanderfolgenden Rumpfgeschäftsjahren beeinträchtigt die Einhaltung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung und ist daher grundsätzlich als unzulässig zu erachten. Bei der Umstellung des Geschäftsjahres darf folglich nur ein einziges Rumpfgeschäftsjahr entstehen. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten wiederum bei einer Rechtfertigung durch zwingende rechtliche oder wirtschaftliche Gründe. Z. B. rechtfertigt eine nach der Umstellung des Geschäftsjahres erforderlich werdende Auflösung die Erzeugung zweier aufeinanderfolgender Rumpfgeschäftsjahre. Kann der Kaufmann substantiiert darlegen, dass bei der ersten Umstellung eine solche auf einen 12-Monatszeitraum ernstlich beabsichtigt war und die nochmalige Umstellung aus triftigen Gründen erforderlich ist, müssen 2 aufeinanderfolgende Rumpfgeschäftsjahre zulässig sein. Aus steuerrechtlicher Sicht erfordert ein Wechsel bei im Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden vom Kalenderjahr auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr die Zustimmung des zuständigen Finanzamts. Darüber hinaus wird die Wahlfreiheit zur Festlegung des Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahres steuerrechtlich durch die Grenzen des § 42 AO begrenzt.
Rz. 14
Ist das Geschäftsjahr z. B. bei einer GmbH in der Satzung festgelegt, so fällt dessen Änderung unter die Bestimmungen des § 53 GmbHG, d. h. eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags kann nur durch Gesellschafterbeschluss erfolgen, der notariell zu beurkunden ist. Nach § 54 Abs. 3 GmbHG werden Satzungsänderungen erst mit Eintragung in das Handelsregister wirksam. Für die Frage, ob eine Satzungsänderung Rückwirkung erlangen kann, ist maßgeblich, ob sie Außenwirkung erlangt oder nur im Innenverhältnis gelten soll. Während nach h. M. Satzungsänderungen für das Innenverhältnis zulässig sind, ist eine Rückwirkung von Satzungsänderungen gegenüber Dritten wegen der Publizitätsfunktion des § 54 GmbHG nicht möglich. Deshalb kommt eine rückwirkende Änderung des Geschäftsjahres grundsätzlich nicht in Betracht, da sie Gläubigerinteressen berühren kann. Es besteht z. B. die Gefahr, dass hohe Gewinne der ersten Jahreshälfte mit Hilfe eines nachträglich gebildeten Rumpfgeschäftsjahres ausgeschüttet werden, was wegen nachfolgender hoher Verluste nicht möglich gewesen wäre.
Rz. 15
Ob die Änderung des Geschäftsjahres einer GmbH grundsätzlich nur durch Satzungsänderung möglich ist, ist streitig. Die ganz überwiegende Auffassung der Literatur geht davon aus und auch nach der hier vertretenen Ansicht macht die Umstellung des Geschäftsjahrs grundsätzlich eine Satzungsänderung erforderlich. Eine Ausnahme davon gilt lediglich bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, da am Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwingend auch ein neues Geschäftsjahr beginnt, sodass für den Zeitraum vom letzten regulären Bilanzstichtag bis zum Ablauf des Tages vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rumpf-Geschäftsjahr zu bilden ist (§ 155 Abs. 2 Satz 1 InsO). Nach Auffassung des OLG Stuttgart kann jedoch in der Satzung einer GmbH die Bestimmung des Geschäftsjahres der Geschäftsführung übertragen werden. Damit hätte der Gesellschaftsvertrag selbst – für jedermann ersichtlich – die Organisation der Gesellschaft in dieser Frage geregelt und selbst die Verfassung der Gesellschaft so gestaltet, dass das Geschäftsjahr außerhalb der Satzung geändert werden könnte. Dies ist jedoch aufgrund des Verstoßes gegen die Satzungsautonomie der Gesellschafter abzulehnen.