Zur rückwirkenden Änderung des Geschäftsjahres einer GmbH
Eine GmbH hatte in ihrer Satzung das Kalenderjahr als Geschäftsjahr festgelegt. Mit Beschluss der Gesellschafter aus August 2020 sollte das Geschäftsjahr auf den Zeitraum vom 01.10.-30.9. geändert werden. Der Geschäftsführer meldete die Änderung im Januar des darauffolgenden Jahres (2021) zum Handelsregister an. Das Registergericht wies dies zurück und führte insbesondere an, dass die Dauer des Rumpfgeschäftsjahres unklar und zudem eine rückwirkende Änderung des Geschäftsjahres unzulässig sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Gesellschaft war erfolgreich.
Die Entscheidung des OLG Jena v. 21.7.2021 (2 W 244/21)
Nach Ansicht des OLG Jena lag weder eine unzulässige Rückwirkung vor, noch bestünden hinsichtlich des Rumpfgeschäftsjahres Unklarheiten. Es sei ausreichend, wenn die Änderung (i) während des neuen Rumpfgeschäftsjahres (bis 30.09) und (ii) vor Beginn des neuen Geschäftsjahres (d.h. hier vor dem 01.10.2021) erfolge. Da aus dem Handelsregister das Datum der Eintragung und damit der Wirksamkeit der Änderung (vgl. § 54 Abs. 4 GmbHG) zu entnehmen sei, werde der Rechtsverkehr auch hinreichend geschützt.
Praxishinweis
Da das Gesetz das Geschäftsjahr nicht zwingend vorgibt, können die Gesellschafter dieses in der Satzung frei festlegen, wobei ein Geschäftsjahr stets 12 Monate aufweisen muss. Notwendig sind satzungsmäßige Bestimmungen zum Geschäftsjahr aber nicht. Enthält die Satzung keine Regelung, ist automatisch das Kalenderjahr das Geschäftsjahr. Wollen die Gesellschafter aber ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr festlegen, müssen sie dies ausdrücklich regeln. In der Praxis werden individuelle Zeiträume oftmals durch branchenspezifische Umstände bedingt (etwa wegen der Ferien im Hotel-/Gastrogewerbe und im produzierenden Gewerbe oder auch bei Eingliederung in eine Konzernstruktur).
Die Entscheidung des OLG Jena bestätigt, dass die Änderung eines satzungsmäßig festgelegten Geschäftsjahres eine Satzungsänderung ist und als solche einzutragen ist. Für die Praxis bedeutet dies u.a.:
- Eine rückwirkende Änderung des Geschäftsjahres nach dessen Ablauf ist unzulässig.
- Folge: Entsteht durch die Änderung ein Rumpfgeschäftsjahr, muss die Eintragung vor dessen Ablauf erfolgen.
- Prüfung steuerlicher Belange vor Änderung des Geschäftsjahres.
Offen bleibt der Sonderfall, ob die Änderung des Geschäftsjahres auch dann einer eintragungspflichtigen Satzungsänderung bedarf, wenn die Satzung selbst keine Regelung zum Geschäftsjahr enthält und damit das Kalenderjahr gilt. Das KG Berlin hatte dies in einer Entscheidung aus dem Jahr 1925 verneint. In der Literatur wird jedoch mehrheitlich vertreten, dass auch in diesem Fall eine anzumeldende Satzungsänderung notwendig sei.
Weitere News zum Thema:
Aufhebung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen
Was gilt, wenn durch Gesellschafterbeschluss dauerhaft von der Satzung abgewichen wird?
Sitzverlegung einer aufgelösten GmbH
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Risiko der Betriebsstättenbegründung durch mobiles Arbeiten im Ausland
18.11.2024
-
Handelsregistervollmachten – Anforderungen und Umgang bei Rückfragen des Handelsregisters
12.11.2024
-
Datenschutzbehörden müssen nicht zwingend Sanktionen verhängen
07.11.2024
-
Typisch stille Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Unterschiede zwischen GmbH und AG
06.11.2024
-
Bundesnetzagentur wird nationale Marktüberwachungsbehörde bei der KI-Aufsicht
05.11.2024
-
Neue Bundesverordnung zur „Cookie-Einwilligung“
31.10.2024
-
Zahl der Datenschutz-Bußgeldverfahren steigt
24.10.2024
-
Untersuchungs- und Rügeobliegenheit im B2B-Bereich
23.10.2024
-
Fernmeldegeheimnis gilt nicht für private E-Mails und Telefonate am Arbeitsplatz
17.10.2024
-
Wirecard: Geschädigte Aktionäre sind keine nachrangigen Gläubiger!
16.10.2024