Dr. Florian Kloster, Dr. Daniel Licht
4.4.1 Allgemeines
Rz. 92
Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG sind die Grundlagen für die Festsetzung der Einkommensteuer grundsätzlich nach dem Kalenderjahr zu ermitteln. Sofern das Einkommensteuerrecht jedoch abweichende Wirtschaftsjahre berücksichtigt, so insbesondere in § 4a Abs. 1 Satz 2 EStG, ist eine Regelung notwendig, die den Gewinn eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres einem bestimmten Kalenderjahr zurechnet. Diese Regelung findet sich in § 4a Abs. 2 EStG; sie stellt eine Ergänzung zu § 2 Abs. 7 EStG dar. § 4a Abs. 2 EStG sieht vor, dass der Gewinn bei Land- und Forstwirten sowie bei Gewerbetreibenden, deren Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht, wie folgt zu berücksichtigen ist:
- Bei Land- und Forstwirten ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres auf die entsprechenden Kalenderjahre aufzuteilen. Für Veräußerungsgewinne i. S. d. § 14 EStG gilt dies jedoch nicht; diese sind gesondert zu betrachten und in dem Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem sie entstanden sind (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG);
- bei Gewerbetreibenden gilt der Gewinn des Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG); hat ein Steuerpflichtiger ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr gewählt und wird sein Gewinn geschätzt (§ 162 AO), ist im Übrigen auch die Schätzung nach dem abweichenden Wirtschaftsjahr vorzunehmen.
§ 4a Abs. 2 EStG betrifft die zeitliche Zuordnung und hat keine Auswirkung auf die Höhe des Gewinns, sodass es sich im Grunde nicht um eine Gewinnermittlungsvorschrift handelt. Dadurch, dass aber die Bemessungsgrundlage des Veranlagungszeitraums (Kalenderjahr) betroffen ist, wäre es aus systematischer Sicht auch vertretbar gewesen, diese Vorschrift – wie früher – in § 2 EStG zu verorten. Obwohl in § 4a Abs. 2 EStG lediglich von Gewinnen die Rede ist, regelt die Norm im Allgemeinen die Zuordnung von Einkünften und damit auch die entsprechende Zuordnung von Verlusten. Hat ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe mit verschiedenen Wirtschaftsjahren, so ist über die Zuordnung jedes Gewinns gesondert zu entscheiden, wobei die entsprechenden Bilanzstichtage maßgeblich sind. Eine Personengesellschaft hat hingegen immer bloß einen (einheitlichen) Betrieb.
4.4.2 Gewinnzuordnung bei Land- und Forstwirten
4.4.2.1 Laufende Gewinne
Rz. 93
Nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG ist bei Land- und Forstwirten der Gewinn des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr beginnt, und auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr endet, entsprechend dem zeitlichen Anteil aufzuteilen. Für Land- und Forstwirte, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht (§ 8c Abs. 2 Satz 1 EStDV), ist § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG dagegen nicht von Relevanz, da eine Aufteilung in diesem Fall nicht erforderlich ist.
Abb. 4: (Gewinnzuteilung) LuF-Wirtschaftsjahr
Diese zeitanteilige Zuordnung des Gewinns des Wirtschaftsjahres auf die verschiedenen Kalenderjahre soll eine ausgeglichene Besteuerung aufeinanderfolgender guter und schlechter Jahre gewährleisten, um den häufig schwankenden Erträgen Rechnung zu tragen. Damit tritt ein Nivellierungseffekt ein, wobei das Ergebnis dem einer 2-jährigen Durchschnittsbesteuerung gleicht. Gleichwohl kann die hier angesprochene Gewinnaufteilung auch kritisch betrachtet werden. Denn mit der Festlegung des Wirtschaftsjahrs auf den Zeitraum vom 1.7. bis zum 30.6. sollen an sich die vorherrschenden Ernteverhältnisse und damit die tatsächlichen Lebensverhältnisse berücksichtigt werden. Wenn die lebenstatsächliche Wirtschaftsperiode aber vom 1.7. bis zum 30.6. läuft, ist es schwer nachzuvollziehen, weshalb der Gewinn jedes Wirtschaftsjahrs doch wieder auf die entsprechenden Kalenderjahre aufgeteilt werden soll. Für die zeitanteilige Zuordnung des Gewinns des Wirtschaftsjahres auf die verschiedenen Kalenderjahre kommt es auf die Art der Gewinnermittlung nicht an; demnach erfolgt eine solche Zuordnung nicht nur bei Buch führenden Land- und Forstwirten (Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich), sondern auch bei Betrieben, die ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) oder mittels Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln oder deren Gewinn nach § 162 AO geschätzt wird. In technischer Hinsicht ist zunächst der Gewinn des Wirtschaftsjahres zu ermitteln, der sodann auf die beteiligten Kalenderjahre zu verteilen ist, und zwar unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt innerhalb des betreffenden Wirtschaftsjahres welcher Gewinn(anteil) realisiert wurde. Nachdem der Gewinn sodann auf die einzelnen Kalenderjahre verteilt wurde kommt u. U. noch die Anwendung der Tarifermäßigung...