Leitsatz
1. Aufwendungen zur (im Ergebnis gescheiterten) Abwehr einer Rückforderung des Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück aufgrund eines Widerrufs der Schenkung nach § 530 BGB stellen weder (nachträgliche) Anschaffungskosten noch sofort abziehbare (Sonder‐)Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar.
2. Der Widerruf der Schenkung nach § 530 Abs. 1 BGB bzw. deren Widerruflichkeit stellen keine dingliche Belastung des geschenkten Gegenstands dar, deren Ablösung zu nachträglichen Anschaffungskosten führt.
3. Aufwendungen zur Abwehr einer Rückforderung des Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück stehen im Zusammenhang mit der Abwehr von Gefahren für das der Einkunftserzielung dienende Vermögen; ein für den Werbungskostenabzug erforderlicher Veranlassungszusammenhang mit der Erzielung von Vermietungseinkünften besteht nicht.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 7 EStG, § 255 Abs. 1 HGB, § 530 BGB
Sachverhalt
Seit 1971 vermieteten die Klägerin, ihre Mutter und ihr Bruder in ungeteilter Erbengemeinschaft ein zum Nachlass gehörendes Mietwohngrundstück. 1995 schied die Mutter durch jeweils hälftige Übertragung ihres Erbanteils auf die Klägerin und deren Bruder und unter Vorbehalt eines Quotennießbrauchs aus. 2008 widerrief die Mutter gegenüber der Klägerin die Schenkung des Erbanteils wegen groben Undanks und verlangte von der Klägerin dessen Rückübertragung. Dazu wurde die Klägerin vom Oberlandesgericht verurteilt. 2015 übertrug die Klägerin den Erbanteil zurück auf ihre Mutter. Im Streitjahr 2013 machte sie bei den gesondert festgestellten Vermietungseinkünften der Erbengemeinschaft ihre Rechtsanwalts- und Prozesskosten als Sonderwerbungskosten geltend. Da es sich um vergebliche Aufwendungen gehandelt habe, komme ein Abzug als AfA nicht in Betracht. FA und FG (FG München, Urteil vom 3.5.2019, 8 K 933/18, Haufe-Index 13151989, EFG 2019, 1301) lehnten dies ab.
Entscheidung
Der BFH hat auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die geltend gemachten Abwehrkosten sind schon dem Grunde nach nicht abziehbar. Sie betreffen die Vermögensebene, denn sie sind darauf gerichtet, den Verlust eines bereits vollständig erworbenen Vermögensgegenstands abzuwehren. Insofern steht der Erhalt des Vermögens im Vordergrund. Die Anfechtbarkeit der Schenkung schränkt auch nicht die Befugnisse des Eigentümers ein. Die Aufwendungen können deshalb auch nicht wie Ablösekosten abgezogen werden. Auf die Frage, ob vergeblich aufgewandte Anschaffungskosten stets in voller Höhe sofort abziehbar sind, kam es danach nicht mehr an.
Hinweis
Der Besprechungsfall betrifft die Grenze zwischen abzugsfähigen nachträglichen Anschaffungskosten und die Vermögenssphäre betreffenden und deshalb bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht abziehbaren Aufwendungen. Maßstab ist der Anschaffungskostenbegriff (§ 255 HGB) einerseits und das Veranlassungsprinzip andererseits (Werbungskostenbegriff). Das ausführlich begründete Urteil listet die bisher entschiedenen Fälle auf und ordnet sie ein.
1. Ablösung dinglicher Rechte. Steht einem Dritten ein dingliches Recht an einem Grundstück zu und löst der Eigentümer das dingliche Recht ab, sind die Ablösezahlungen nachträgliche Anschaffungskosten i.S.d. § 255 Abs. 1 HGB, wenn durch das dingliche Recht die Befugnisse des Eigentümers i.S.v. § 903 BGB, wozu u.a. auch das Recht auf Nutzung und Veräußerung des Vermögensgegenstands zählt, beschränkt waren und der Eigentümer durch die Ablösezahlung die Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse beseitigt und sich die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Grundstück verschafft. Das betrifft z.B. die Ablösung eines dinglichen Wohnungsrechts oder eines Nießbrauchs.
2. Abwehrkosten. Sie sind als Werbungskosten nur abziehbar, wenn das die (abzuwehrende) Gefahr auslösende Moment durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist (z.B. behördliche Untersagung der Vermietung oder Beschlagnahme für öffentliche Zwecke). Ist dagegen das (der Einkünfteerzielung dienende) Privatvermögen in seinem Bestand bedroht, fehlt der Zusammenhang. Die Aufwendungen betreffen dann die (nicht steuerbare) Vermögensebene. Darunter fallen etwa Aufwendungen zur Abwehr einer Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz, der Rückforderung des Schenkers wegen Bedürftigkeit oder eines Anspruchs nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz.
3. Prozesskosten teilen als Folgekosten die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.12.2019 – IX R 19/19