Leitsatz
1. Für den Fall, dass die als Kaufpreis bezeichnete Gegenleistung teilweise auch für andere Verpflichtungen des Veräußerers erbracht worden ist (hier: Verzicht auf Schadensersatzansprüche, Rücknahme von Klagen), die nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1 EStG erfüllen, ist der vereinbarte Kaufpreis insoweit aufzuteilen.
2. Für Zwecke der Aufteilung ist das veräußerte Wirtschaftsgut zu bewerten; übersteigt die Gegenleistung den Wert des veräußerten Wirtschaftsguts, spricht dies dafür, dass der übersteigende Teil der Gegenleistung nicht zum Veräußerungspreis gehört, sondern dass insoweit eine andere Verpflichtung entgolten oder ein Teil der Gegenleistung unentgeltlich zugewendet werden soll.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1 Satz 4, § 23 Abs. 3, § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, § 118 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Die Kläger beteiligten sich als Treugeber an verschiedenen geschlossenen Immobilienfonds. Die Immobilien im Fondsvermögen waren nicht voll werthaltig; die Fonds erwirtschafteten nicht die prospektierten Erträge.
Die Kläger klagten deshalb gegen den Initiator auf Rückabwicklung der Beteiligung und auf Schadenersatz. Die Prozesse wurden dadurch beendet, dass eine vom Initiator dazu gegründete GmbH den Klägern ein Rückkaufangebot unterbreitete, das sie annahmen.
Das FA ermittelte aus diesem Vorgang einen Veräußerungsgewinn. Die Kläger hielten dem entgegen, es handele sich um eine Rückabwicklung und das FA habe den Veräußerungsgewinn falsch berechnet. Die Klage war erfolglos.
Entscheidung
Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Es wird den "Kaufpreis" aufteilen müssen. Sollte danach ein Veräußerungsgewinn überhaupt noch in Betracht kommen, kann das FG für dessen Berechnung auf umfangreiche Hinweise des BFH zurückgreifen.
Hinweis
In drei im Wesentlichen gleich liegenden Fällen (vgl. auch BFH, Urteile vom 6.9.2016, IX R 44/14 – s. nachfolgend S. 76 – und IX R 45/14 – s. nachfolgend S. 77) hat der BFH erstmals über die steuerlichen Rechtsfolgen bei der Veräußerung von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds entschieden. Die jeweils gleichlautenden Entscheidungsgründe enthalten z.T. neue Aussagen zum Veräußerungsbegriff, zur Aufteilung eines einheitlichen "Kaufpreises" und – in den Hinweisen – zur Berechnung des Veräußerungsgewinns.
1. Nach der Rechtsprechung liegt eine Veräußerung trotz (Rück-)Übertragung des Kaufgegenstandes nicht vor, wenn das ursprüngliche Erwerbsgeschäft z.B. wegen Leistungsstörungen rückabgewickelt wird. Ist – wie in den Streitfällen – der mit der Beteiligung anteilig mittelbar erworbene Immobilienbesitz entgegen den Zusagen im Prospekt nicht werthaltig und dient der "Rückerwerb" des Anteils erkennbar auch dazu, den ursprünglichen Erwerber für diesen Mangel zu entschädigen, liegt es nahe, den Vorgang wirtschaftlich als Rückerwerb und damit nicht als Veräußerung anzusehen. Der BFH hat jedoch die gegenteilige Würdigung des FG bestätigt. Ausschlaggebend dafür war, dass der Erwerber, eine 100 %ige Tochtergesellschaft des Initiators, als juristische Person nicht so einfach hinweggedacht werden kann. Die Fonds bestanden fort. Zivilrechtlich ist der Anteil wirksam übertragen worden; der Erwerber ist neuer Anteilseigner und Gesellschafter des Fonds geworden. Dieses "Rechtskleid" ist dann auch der Besteuerung zugrunde zu legen.
2. Bestehen – wie im Besprechungsfall – Anhaltspunkte dafür, dass die als "Kaufpreis" vereinbarte Summe nicht allein den Gegenwert für den Kaufgegenstand darstellt, sondern dass sie auch für andere (nicht steuerbare) Leistungen erbracht worden ist, muss der Kaufpreis aufgeteilt werden. Davon gingen im Grundsatz auch alle Beteiligten aus.
Das FA nahm allerdings an, von der Aufteilung absehen zu können, weil die Zahlung wahlweise nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3 oder nach§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG steuerbar gewesen wäre.
Der BFH hat dies anders gesehen und herausgearbeitet, dass weder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung noch Einnahmen aus sonstiger Leistung oder als Ersatz für einen entgangenen Veräußerungsgewinn in Betracht kommen. Aufgrund der vom FG festgestellten Umstände hatte die Vereinbarung vielmehr den Zweck, die Anteilserwerber für den beim Erwerb der Anteile erlittenen Vermögensschaden zu entschädigen (FG München, Urteil vom 16.4.2015, 13 K 2956/11, Haufe-Index 8030580, EFG 2015, 1447). Eine solche Zahlung wäre aber nicht steuerbar.
3. Das Urteil des FG konnte deshalb keinen Bestand haben. Das FG wird nun den "Kaufpreis" aufteilen und hierzu die veräußerten Anteile bewerten müssen.
Damit wird steuerliches Neuland betreten. Der BFH hat deshalb umfangreiche Hinweise erteilt, wie das FG weiter verfahren soll. Bindend sind diese Hinweise nicht, denn sie tragen nicht die Begründung des Revisionsurteils (§ 126 Abs. 5). Sie lassen aber erkennen, wie der Senat entscheiden wird, wenn er Gelegenheit dazu hat.
Im Kern geht es um die Frage, ob es auf die Verh...