Prof. Dr. Stefan Müller, Dr. Jens Reinke
Rz. 92
Mittelgroße und große GmbHs haben zusätzlich zum Jahresabschluss einen Lagebericht aufzustellen (§ 264 Abs. 1 HGB). Rechtsformspezifische Besonderheiten liegen nicht vor.
Rz. 93
Die EU hat neben anderen Regulierungen etwa zum Emissionshandel und zur nachhaltigen Finanzierung Ende Juni 2022 die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) inhaltlich abgestimmt und in die formal letzten Verabschiedungsprozesse gegeben. Mit der CSRD sollen die Mängel in den bestehenden Vorschriften zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen nach § 289b ff. HGB behoben werden, um einen nachhaltigere und bereits in gut zwei Dekaden klimaneutrale Wirtschaft zu erreichen.
Die Zielsetzung der CSRD ist sicherzustellen, dass Unternehmen Informationen zu Nachhaltigkeitsaspekten wie Umwelt, Soziales und Governance-Themen in ihren Lageberichten bereitstellen, die nach der Überzeugung von Kommission, Rat und Parlament der EU nötig sind für die Maßnahmen im Rahmen des European Green Deal. Dieser „zielt darauf ab, die Union in eine moderne, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Union umzuwandeln ohne Nettoemissionen von Treibhausgasen bis 2050. Er zielt auch darauf ab, das Naturkapital der Union zu erhalten und zu verbessern und die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bürger vor umweltbedingten Risiken und Auswirkungen zu schützen.“ Dafür ist Transparenz der wesentlichen nachhaltigkeitsrelevanten Aspekte für die Unternehmen selber (Verbesserung der Steuerung), die Stakeholder (Beeinflussung von Anlage-, Kauf-, Vertragsentscheidungen) und letztlich die gesamte Öffentlichkeit (Feststellung einer weiter nötigen Regulierung) zu schaffen.
Aus der Sicht der GmbH kommt es zu einer Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ab dem Geschäftsjahr 2025 für alle großen GmbH und alle Konzernabschlüsse. Für kleine und mittelgroße GmbH wird anerkannt, dass diese durch die verpflichtende Betrachtung der gesamten Lieferkette und Geschäftsbeziehungen der verpflichteten Unternehmen mittelbar betroffenen sein können. Daher soll es für diese Unternehmen während einer Übergangszeit bis 2028 von der Anwendung der Richtlinie ausgenommen sein. Konkret lautet der neu eingefügte § 19a Abs. 3 CSRD-E: „Für die ersten drei Jahre der Anwendung dieser Richtlinie kann für den Fall, dass nicht alle notwendigen Informationen über die Wertschöpfungskette verfügbar sind, auf diese verzichtet werden. Allerding muss erläutert werden, welche Anstrengungen unternommen wurden, um die Informationen zu erhalten, und begründet werden, warum diese Informationen nicht eingeholt werden konnten, und es sind die Pläne.“
Abzuwarten bleibt, ob der in der Einigung als Erleichterung für mittelbar betroffene GmbH hervorgehobene Übergangszeitraum bis 2028 wirklich eine Wirkung entfaltet. Es ist davon auszugehen, dass gerade auch unter dem Eindruck der sich intensivierenden „Green Washing“-Bekämpfung verpflichtete Unternehmen nur sehr ungerne lückenhaft mit Bezug auf § 19 Abs. 3 CSRD-E berichten wollen. In Konsequenz werden entweder KMU in der Lieferkette durch Unternehmen ersetzt, die die Daten liefern können bzw. müssen, oder sie müssen trotz der Erleichterung schon frühzeitiger selber die Daten generieren.
Unabhängig von der konkreten Verpflichtung und der leichten Verschiebung der Erstanwendung erscheint es angesichts der enormen Herausforderungen zur Generierung der geforderten Informationen unerlässlich, dass sich die GmbH mit dem Thema der Nachhaltigkeit und der Nachhaltigkeitsberichterstattung zeitnah auseinandersetzt, zumal auch Kreditinstitute zunehmend nach diesen Themen fragen und bereits teilweise die Kreditvergabeentscheidung davon abhängig machen: "Aber tatsächlich wird unsere Kreditvergabe auch davon abhängen, ob ein Kunde Fortschritte auf diesem Pfad zur Klimaneutralität macht. Wenn der Fortschrittsbericht nicht überzeugt, werden wir das Engagement beenden müssen.“