Leitsatz
Eine als Gesellschaft bürgerlichen Rechts von mehreren selbstständig praktizierenden Ärzten errichtete Praxisgemeinschaft, die sich darauf beschränkt, die in den Einzelpraxen benötigten Einrichtungen zu beschaffen und zu unterhalten sowie die dafür anfallenden Kosten auf die Ärzte zu verteilen, ist wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht keine Mitunternehmerschaft und daher keine anspruchsberechtigte Gesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1991 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1991 , § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Mit Vorvertrag vom März 1991 schlossen sich die in der Klägerin vereinten Personen (sechs Zahnärzte) zur "gemeinsamen Nutzung von Funktionsräumen, Sozialräumen, Personal, apparativer und sonstiger Einrichtungen" zusammen, wobei jeder Gesellschafter seine Unabhängigkeit als niedergelassener Zahnarzt mit eigenem Patientenstamm und eigener Abrechnung beibehielt und jeder Zahnarzt selbst in Rechtsbeziehungen zu seinen Patienten trat.
Dieser Vorvertrag wurde durch den im Februar 1992 geschlossenen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer GbR (Praxisgemeinschaft) mit Wirkung vom 1.1.1992 abgelöst. Die Gesellschafter haben anteilig Investitionsbeiträge zu leisten. Sie sind an den angeschafften gemeinsamen Einrichtungen und an den laufenden Betriebskosten zu gleichen Anteilen beteiligt.
Die Klägerin beantragte für die Kalenderjahre 1991 und 1992 (Streitjahre) letztlich vergeblich die Gewährung einer Investitionszulage nach dem InvZulG 1991. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnungen der Klägerin enthalten auf der Einnahmenseite die von den Gesellschaftern zu erbringenden Umlagen und auf der Ausgabenseite die angefallenen gemeinschaftlichen betrieblichen Aufwendungen. Da die Umlagen in den Streitjahren höher festgelegt waren als die Ausgaben, hatte sich jeweils ein Überschuss ergeben, den das FA in seinen bestandskräftigen Feststellungsbescheiden vom 10.6.1994 entsprechend den Erklärungen der Klägerin zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Gewinne aus freiberuflicher Tätigkeit auf die Gesellschafter verteilte. In den Anlagen zu den Feststellungsbescheiden heißt es dazu: "Die Praxisgemeinschaft hat die im Kalenderjahr vereinnahmten Umlagen als Betriebseinnahmen behandelt, so dass sie der Beteiligte im Rahmen seiner Gewinnermittlung als Betriebsausgaben abziehen darf."
Klage und Revision blieben ohne Erfolg.
Entscheidung
Die Klägerin sei mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht anspruchsberechtigt. Das FA habe durch den Erlass von Gewinnfeststellungsbescheiden auch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, denn bei Erlass des Gewinnfeststellungsbescheids sei die Frist zur Beantragung der Investitionszulage bereits abgelaufen gewesen.
Hinweis
Während nach dem InvZulG 1999 Personengesellschaften und Gemeinschaften, die begünstigte Investitionen vornehmen, anspruchsberechtigt sind, waren nach den früheren Investitionszulagengesetzen nur Mitunternehmerschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigt. Eine Mitunternehmerschaft setzt unter anderem eine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Mangelt es hieran, können nur die einzelnen Gesellschafter, sofern sie die weiteren Voraussetzungen erfüllen, Investitionszulage beanspruchen.
Da der Antrag nach den früheren Investitionszulagengesetzen bis zum 30.9. des Folgejahres gestellt sein musste, hatte ein Irrtum über den Anspruchsberechtigten erhebliche Folgen. Stellte sich heraus, dass die falsche Person Investitionszulage beantragt hatte, war regelmäßig der 30.9. des Folgejahres verstrichen, so dass der Fehler nicht mehr korrigiert werden konnte. Wurde er erst durch eine Betriebsprüfung aufgedeckt, war zudem die Jahresfrist abgelaufen, so dass auch eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht kam. Der Antrag kann meist auch nicht in einen Antrag des eigentlich Berechtigten umgedeutet werden, weil es an den erforderlichen Unterschriften auf dem Antrag fehlt.
Schließen sich mehrere Unternehmer, z.B. Ärzte, in einer GbR zusammen, deren Zweck sich darauf beschränkt, Räume, Personal, apparative oder sonstige Einrichtungen zu nutzen, liegt mangels Einkünfteerzielungsabsicht keine Mitunternehmerschaft vor, wenn die einzelnen Unternehmer im Übrigen selbstständig mit eigenem Kundenkreis bleiben und nur sie, nicht aber die GbR, in Rechtsbeziehungen zu den Kunden tritt. Daran ändert auch nichts, wenn die GbR ihre Kosten mittels Umlage erhebt oder in Einzelfällen die von ihr angeschafften Wirtschaftsgüter zu einem über dem Buchwert liegenden Preis veräußert.
Bei Unklarheiten über den Anspruchsberechtigten kann ein Anspruchsverlust nur dadurch vermieden werden, dass sowohl für die Gesellschaft als auch für die einzelnen Gesellschafter ein Investitionszulagenantrag eingereicht wird. Erlässt das FA den Bescheid, in dem die Investitionszulage festgesetzt wird, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, muss darauf gedrungen werden, dass auch der ablehnende Bescheid vorläufig ergeht,...