Leitsatz

Eine Verlustfeststellung nach §10 d EStG kann auch nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides noch erfolgen, soweit sich dabei keine Abweichung zwischen den im Einkommensteuerbescheid zu Grunde gelegten Besteuerungsgrundlagen und dem entsprechenden Verlust in der nachträglichen Verlustfeststellung ergibt.

Die Feststellungsverjährung tritt solange nicht ein, wie der Verlust für künftige Einkommensteuerfestsetzungen oder Verlustfeststellungen von Bedeutung ist.

 

Sachverhalt

Die Ehegatten und Kläger machten in ihrer Steuererklärung 1999 einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften mit dem Vermerk "Vortrag auf 2000?" geltend. Der Verlust wurde im Einkommensteuerbescheid 1999, der lediglich einen Hinweis auf die Begrenzung der Verrechnung von Verlusten aus Spekulationsgeschäften (nur) mit Gewinnen aus Spekulationsgeschäften im Rahmen des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG 1999 enthielt, jedoch nicht berücksichtigt. Dementsprechend lehnte das Finanzamt den Verlustvortrag im Einkommensteuerbescheid 2000 mit Blick auf die fehlende Verlustfeststellung und den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid ab. Dem Antrag der Kläger, die Verlustfeststellung für 1999 nachzuholen, wurde nicht entsprochen. Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des Gerichts ist die Ablehnung des Finanzamts, die beantragte Verlustfeststellung für 1999 durchzuführen, rechtswidrig.

Die Notwendigkeit einer Verlustfeststellung ergebe sich aus § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG 1999 durch die Bezugnahme auf § 10 d EStG. Es habe zwar im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1999 keinen wirksamen - auch nicht konkludent gestellten - Antrag auf Verlustfeststellung gegeben, aber spätestens der nach Abgabe der Einkommensteuererklärung 2000 gestellte Antrag sei wirksam und insbesondere nicht verfristet erfolgt. Da das Feststellungsverfahren sich nach den §§ 179 ff. AO und § 181 Abs. 5 AO richte, sei eine Feststellung grundsätzlich möglich solange die Festsetzungsfrist für das Verlustverrechnungsjahr noch nicht abgelaufen sei. Auch wenn es sich sowohl bei dem Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustabzug nach §10 d EStG als auch bei der gesonderten Feststellung der vor- und rücktragfähigen Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht um einen Grundlagenbescheid handele, gebe es dennoch erhebliche Unterschiede zwischen den beiden.

Bei dem Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustabzug nach § 10 d EStG bestehe durch den Bezug des Feststellungsbescheides auf den negativen Gesamtbetrag der Einkünfte des Einkommensteuerbescheides ein Korrespondenzverhältnis zwischen diesen beiden Bescheiden. Der Feststellungsbescheid sei nach § 10 d Abs. 4 EStG auch zu erlassen oder zu ändern, wenn der maßgebliche Steuerbescheid erlassen bzw. geändert würde oder wenn es bei geänderten Besteuerungsgrundlagen nur mangels steuerlicher Auswirkung nicht zu einem geänderten Steuerbescheid käme. Voraussetzung für den Erlass eines erstmaligen Feststellungsbescheides z.B. im Einspruchsverfahren sei allerdings, dass der zu Grunde liegende - bisher ohne Verlust ergangene - Steuerbescheid noch geändert werden könne, damit Fehler in einem bestandskräftigen Steuerbescheid nicht durch eine spätere Verlustfeststellung und damit verbundene Berücksichtigung in einem anderen Veranlagungszeitraum korrigiert würden.

Diese Gefahr, dass die Bestandskraft unterlaufen werden könnte, zeige sich indes nicht bei der gesonderten Feststellung des Verlustes aus privaten Veräußerungsgeschäften, da der Verlust dem Einkommensteuerbescheid selbst gar nicht zu entnehmen sei. Im Urteilsfall hatte das Finanzamt den Verlust sogar gänzlich außen vor gelassen. Eine nachträgliche Feststellung könne somit auch nicht von den im Steuerbescheid berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen abweichen.

Mit der Einführung der gesonderten Verlustfeststellung für verbleibende Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften ab 1999 sollte nach Auffassung des Gerichts lediglich der zeitlich unbegrenzte Verlustvortrag praktikabel gemacht werden. Zudem sei das Finanzamt eigentlich von Amts wegen verpflichtet gewesen, die Feststellung durchzuführen und dürfe diese pflichtwidrige Unterlassung nicht den Klägern anlasten.

 

Hinweis

Das Gericht hat die Revision zugelassen.

Zur gesonderten Feststellung von privaten Veräußerungsverlusten nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides ist ein weiteres Verfahren beim BFH anhängig unter dem Aktenzeichen IX R 21/ 04 (Vorinstanz: FG München, Urteil v. 20.04.04, 12 K 4579/ 02). Dem Verfahren liegt der Sachverhalt zu Grunde, dass ein Steuerbescheid mit einem unter der Freigrenze liegenden Gewinn bestandskräftig geworden ist, obwohl der Kläger eigentlich insgesamt einen Verlust erzielt hatte. Dieser Verlust sollte nun über den Erlass eines Feststellungsbescheides Berücksichtigung finden.

In gleich gelagerten Fällen empfiehlt es sich, den Steuerbescheid mit einem Einspruch offen zu halten.

 

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FG Rheinland-Pfalz,...

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