Leitsatz
1. Bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung wird für die Zuordnung eines gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsguts zum Anlage- oder Umlaufvermögen das Eigentum des Mieters oder Pächters voraussetzungslos fingiert. Entsprechend ist auch die Dauer des fiktiv angenommenen Eigentums auf die tatsächliche Dauer des jeweiligen Miet- und Pachtverhältnisses zu begrenzen.
2. Die Fiktion des Eigentums bedingt nicht die Annahme, dass die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht lediglich für einen vorübergehenden Zeitraum erworben sein können. Aus der Fiktion des Eigentums folgt damit nicht zwangsläufig die Fiktion von Anlagevermögen.
3. Die auf Basis des fiktiv angenommenen Eigentums vorzunehmende Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen muss den konkreten Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren.
4. Das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters erfordert typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter, sondern eine zeitlich begrenzte Nutzung von Wirtschaftsgütern, deren Produkteigenschaften kurzfristig an sich wandelnde Markterfordernisse angepasst werden können.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, organisiert Pauschalreisen. Dazu schloss sie mit anderen Leistungsträgern im In- und Ausland Verträge über typische Reisevorleistungen, insbesondere Übernachtungen, Personenbeförderungen, Verpflegungen, Betreuungen und Zielgebietsaktivitäten. Teilweise wurden ihr ganze Hotels, bestimmte Hotelzimmer oder Hotelzimmerkontingente für bestimmte Zeiträume zur Verfügung gestellt. Geregelt wurden auch Zusatzleistungen wie die Benutzung von Liegestühlen, Sauna, Swimmingpool, Tennisplatz und Ausflugsangebote.
Eine die Gewerbesteuer 2008 umfassende Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass die in den Reisevorleistungen enthaltenen Miet- und Pachtzinsen für die beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter der Hinzurechnung unterlägen. Es werde nicht insgesamt eine Hotelleistung eingekauft; vielmehr würden auch Hotelräume angemietet. Der Preis lasse sich aufteilen.
Die Klage hatte insoweit keinen Erfolg. Das FG entschied durch Zwischenurteil (FG Münster, Zwischenurteil vom 4.2.2016, 9 K 1472/13 G, Haufe-Index 9395747, EFG 2016, 925), dass Aufwendungen betreffend Verträge über Hotelzimmer mit Verpflegung eine Aufteilung erforderten. Die enthaltenen Miet- und Pachtzinsen seien hinzuzurechnen, selbst wenn für sie kein gesondertes Entgelt ausgewiesen worden sei.
Entscheidung
Der BFH hob das Zwischenurteil auf. Damit befindet sich das Klageverfahren (ohne Zurückverweisung) wieder in dem Stadium, das vor Erlass des Zwischenurteils bestanden hat.
Hinweis
Die Entscheidung hat die Tourismusbranche aufatmen lassen.
1. Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern sowie der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zwecks Ermittlung des Gewerbeertrags zu 5 % (bewegliche Wirtschaftsgüter) bzw. 12,5 % (unbewegliche Wirtschaftsgüter, im Streitjahr noch 16,25 %) hinzuzurechnen.
Die Hinzurechnung differenziert nicht nach dem Ort der Belegenheit der Wirtschaftsgüter. Sie betrifft daher auch Entgelte für eine Nutzungsüberlassung im Ausland, sofern die Wirtschaftsgüter nicht zu einer ausländischen Betriebsstätte gehören (z.B. im Ausland selbst betriebene Hotels).
2. Der BFH hat offengelassen, ob die Zahlungen der Klägerin für Reisevorleistungen überhaupt (teilweise) Mietzinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. d und Buchst. e GewStG waren oder ob es sich um Verträge eigener Art handelte, deren Entgelt nicht aufgeteilt werden konnte (Vermietung oder andere Leistungen). Darauf kam es nicht an, weil die Hinzurechnung voraussetzt, dass die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden, die hier streitigen Wirtschaftsgüter (insb. Hotelzimmer) aber kein Anlagevermögen der Klägerin darstellen.
Zur Frage, ob ein Mietzins auch dann "für die Benutzung" eines Wirtschaftsguts geleistet wird, wenn die Benutzung nicht dem Steuerpflichtigen selbst, hier also dem Reiseveranstalter, sondern einem Dritten (Reisender) zustehen soll, hat sich der BFH nicht geäußert.
3. Was zum Anlagevermögen oder Umlaufvermögen gehört, bestimmt sich nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen (§ 247 Abs. 2 HGB). Für die Hinzurechnung ist das Eigentum am Wirtschaftsgut zu fingieren, da gemietete Wirtschaftsgüter nicht zum Betriebsvermögen des Mieters gehören.
Die Frage, ob ein (fiktiv) im Eigentum des Steuerpflichtigen stehendes Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb, die subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, aber sich an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen...