Leitsatz
Veräußert der Organträger seine Alleinbeteiligung an der Organgesellschaft, die anschließend gem. § 2 Abs. 1 UmwStG 1995 rückwirkend auf den Erwerber verschmolzen wird, endet das (gewerbesteuerliche) Organschaftsverhältnis mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag. Fällt dieser Übertragungsstichtag nicht auf das Ende eines Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft, entsteht bei dieser für steuerliche Zwecke ein mit dem Verschmelzungsstichtag endendes Rumpfwirtschaftsjahr und damit ein abgekürzter Erhebungszeitraum. Der in diesem Zeitraum von der Organgesellschaft erzielte Gewerbeertrag ist dem bisherigen Organträger zuzurechnen.
Normenkette
§ 2 Abs. 2 Satz 2, § 14 Satz 3 GewStG, § 7 Abs. 4 Satz 3, § 14 Nrn. 1 und 2 KStG, § 2 Abs. 1 Satz 1, §§ 11 ff. UmwStG, § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine AG, war Rechtsnachfolgerin eines Kreditinstituts, der G-AG. An deren Grundkapital waren ursprünglich zwei weitere Kreditinstitute, die A-AG sowie die B-AG zu 75 % und zu 25 % beteiligt.
Mehrheitsgesellschafterin der A-AG war mit einer Beteiligung von 99,45 % die B-AG, deren Anteile wiederum zu 100 % von einem weiteren Kreditinstitut in der Rechtsform der AG (Beigeladene zu 1) gehalten wurden.
Die Beteiligten gehen davon aus, dass zwischen der G-AG als Organgesellschaft und der A-AG als unmittelbarem Organträger sowie der B-AG und der Beigeladenen zu 1 als mittelbare Organträger bis zum 31.12.1998 eine gewerbesteuerliche Organschaft bestand.
Im April 1999, dem Streitjahr, wurde die B-AG auf die Beigeladene zu 1 verschmolzen. Mit Vertrag vom 29.9.1999 veräußerte die A-AG ihre Anteile an der G-AG an die Beigeladene zu 1. Damit war die Letztere zu diesem Zeitpunkt alleinige Gesellschafterin der G-AG.
Mit Kaufvertrag vom 28.9.1999 veräußerte die Beigeladene zu 1 diese Beteiligung mit Wirkung zum 30.9.1999 an die Klägerin. Anschließend wurde die G-AG mit Verschmelzungsvertrag vom 13.12.1999 rückwirkend zum 30.4.1999 auf die Klägerin verschmolzen.
Die Eintragungen in die Handelsregister der beteiligten Unternehmen erfolgten am 7.2. und am 10.3.2000.
Das FA vertrat die Auffassung, dass der von der G-AG im Zeitraum vom 1.1.1999 bis zum 30.4.1999 erzielte Gewerbeertrag gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 KStG 1999 deren Rechtsnachfolgerin, der Klägerin, zuzurechnen sei, da das gewerbesteuerliche Organschaftsverhältnis der G-AG zur A-AG und zur B-AG bzw. zur Beigeladenen zu 1 infolge der Anteilsveräußerung zum 30.9.1999 im Streitjahr nicht ununterbrochen bestanden und deswegen am 31.12.1998 geendet habe.
Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich (EFG 2005. 1461).
Entscheidung
Die anschließende Revision des FA an den BFH demgegenüber nicht. Der BFH akzeptierte den salvierenden "Gestaltungstrick" und rechnete das Einkommen der AG IV, das bis zum 30.4.1999 angefallen war, dem bisherigen Organträger zu.
Hinweis
1. Dem zu beurteilenden Sachverhalt lag eigentlich ein veritabler Gestaltungsmissgriff (und drohender Haftungsfall?) zugrunde. Denn der Berater hatte bei Gestaltung einer unterjährigen Konzern-Umstrukturierung versäumt, das Wirtschaftsjahr einer Organgesellschaft beizeiten auf ein Rumpf-Wirtschaftsjahr umzustellen.
Zu den einzelnen Teilschritten der bei oberflächlicher Betrachtung doch recht komplizierten Geschehensabläufe:
- Der (mittelbare) Organträger (eine AG I) wurde im April im Zug einer sog. Up-stream-Verschmelzung auf deren Gesellschafter (die AG II) verschmolzen.
- Sodann – im September – veräußerte der (unmittelbare) Organträger (eine weitere AG III) die von ihm gehaltenen Anteile an der Organgesellschaft (auch eine AG IV) an die AG II als Obergesellschaft, die infolgedessen fortan alle Anteile an der AG IV hielt.
- Schließlich – zum 30.9. – veräußerte die AG II alle Anteile an der AG IV auf die Klägerin, auch sie eine AG V.
- Das alles hatte die unschöne Konsequenz, dass das Organschaftsverhältnis zwischen den Organträgergesellschaften einerseits und der AG IV als Organgesellschaft andererseits im Wirtschafts- = Kalenderjahr nicht ununterbrochen bestand, was wiederum in Kollision mit den entsprechenden gesetzlichen Anforderungen des § 14 KStG geriet und das FA mit entsprechenden Monita auf den Plan zu rufen drohte. Vermeiden lassen hätte sich das an sich nur mittels Schaffung eines Rumpf-Wirtschaftsjahrs der AG IV.
2. An dieser Gestaltungsstelle hatte der zunächst "säumige" Berater einen womöglich doch noch "findigen" Einfall, nämlich den, die AG IV mit Verschmelzungsvertrag vom 13.12. in Einklang mit den umwandlungsrechtlichen Vorschriften rückwirkend zum 30.4. desselben Jahrs auf die anteilserwerbende AG V zu verschmelzen. Das, so hoffte er, schaffe Abhilfe, weil die rückwirkende Verschmelzung ein "automatisches" Rumpf-Wirtschaftsjahr nach sich ziehe und damit das Organschaftsverhältnis zu der AG IV bis zum besagten 30.4. rette.
3. Der BFH hat diese Hoffnung bestätigt. Denn:
"Infolge dieser Rückwirkung hat die Steuerpflicht des übergehenden Unternehmens (...) mit dem Ablauf des ...