Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Der Handel mit GmbH-Geschäftsanteilen – hier: die Gründung von 11 GmbHs oder der Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen, die Ausstattung der Gesellschaften mit Güterfernverkehrsgenehmigungen und die anschließende Veräußerung dieser Beteiligungen – unterliegt der Gewerbesteuer.
Normenkette
§ 2 GewStG , § 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war in den Streitjahren als Mehrheitsgesellschafter an mehreren Speditionsgesellschaften beteiligt. In den Streitjahren gründete er mindestens 11 weitere GmbHs bzw. erwarb an solchen 100%-ige Beteiligungen. Nach Erteilung von Güterfernverkehrsgenehmigungen an diese Gesellschaften veräußerte er seine Geschäftsanteile mit Gewinn, den das FA ebenso wie das FG als gewerblich ansah und der Gewerbesteuer unterwarf.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat der Kläger mit den Geschäftsanteilen gewerblich gehandelt. Die Beteiligungen sollten nicht als privates Vermögen durch Erwirtschaften von Kapitalerträgen "genutzt" (vgl. § 14 Satz 3 AO), sondern möglichst kurzfristig – "händlertypisch" – umgeschlagen werden. Der Kläger habe die Beteiligungen nicht lediglich "durchgehandelt", sondern mit der Schaffung/Anschaffung von in die Rechtsform der GmbH gekleideten Unternehmen lebensfähige Betriebe organisiert und bestimmungsgemäß abgesetzt.
Damit habe er "produzentenähnlich" marktfähige Produkte, nämlich handelbare und zum Handel bestimmte Unternehmen geschaffen. Die das "Bild des Gewerbebetriebs" prägende unternehmerisch-wertschöpfende Leistung liege hier in der Bündelung der Erwerbschancen, die sich auf einem in den Streitjahren konzessionsrechtlich regulierten Markt mit einem Verbot auch des verdeckten Genehmigungshandels (§ 10 Abs. 4 des Güterkraftverkehrsgesetzes [GüKG] 1979) ergeben, und in der Ausstattung des Unternehmens mit Geschäftsbeziehungen.
Die danach gebotene Annahme eines gewerblichen "Handels mit Beteiligungen" führe zur Gewerbesteuerbarkeit der Gewinne aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligungen, weil insoweit keine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe vorliege (BFH, Urteile vom 29.8.1984, I R 154/81, BStBl II 1985, 160, und vom 1.7.1992 I R 5/92, BStBl II 1993, 131). Die Veräußerung aller Anteile an einer Kapitalgesellschaft komme nicht einer gewerbesteuerfreien Teilbetriebsveräußerung gleich (vgl. BFH, Urteil vom 2.2.1972, I R 217/69, BStBl II 1972, 470).
Denn eine solche Betriebsveräußerung oder -aufgabe setze den Entschluss des Gewerbetreibenden voraus, seine gewerbliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbstständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen. Weiterhin müsse er den Entschluss sodann in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit durch Veräußerung der Wirtschaftsgüter des Unternehmens an verschiedene Abnehmer oder Überführung in das Privatvermögen umsetzen.
Dabei gehörten Gewinne während oder nach einer Betriebsaufgabe aus der Veräußerung von zum Umlaufvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern – wie die zum "gewerblichen Beteiligungshandel" gehörenden GmbH-Geschäftsanteile – zum laufenden und damit gewerbesteuerbaren Gewinn (vgl. BFH, Urteile vom 9.9.1993, IV R 30/92, BStBl II 1994, 105; vom 25.1.1995, X R 76?77/92, BStBl II 1995, 388).
Hinweis
Der Erwerb und die spätere gewinnbringende Veräußerung selbst einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft können im Hinblick auf die gesetzliche Regelung über die Besteuerung der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei wesentlicher Beteiligung in § 17 EStG für sich allein eine gewerbliche Tätigkeit nicht begründen (BFH, Urteil vom 4.3.1980, VIII R 150/76, BStBl II 1980, 389). Das Halten einer solchen Beteiligung ist auch nicht deswegen als gewerblich zu behandeln, weil die Beteiligung Einflussmöglichkeiten auf die Kapitalgesellschaft vermittelt.
Nach der BFH-Rechtsprechung ist allerdings auch eine ihrer Art nach regelmäßig nicht gewerbliche Tätigkeit dann als gewerblich anzusehen, wenn sie im Einzelfall durch einen händlertypisch häufigen und kurzfristig marktmäßigen Umschlag handelbarer Wirtschaftsgüter oder Sachgesamtheiten gekennzeichnet ist. Zu den handelbaren Gegenständen in diesem Sinn gehören auch Unternehmen sowie Beteiligungen an Unternehmen. Liegt – wie im Streitfall – ein häufiger und marktmäßiger Umschlag derartiger Beteiligungen vor, entspricht dies nicht mehr dem typischen Fall einer Beteiligung i.S.d. § 17 EStG, so dass die insoweit erzielten Einkünfte nicht mehr nach dieser Vorschrift, sondern nach § 15 EStG der Besteuerung unterliegen.
Bei der Entscheidung darüber, ob der Handel mit Wirtschaftsgütern bzw. die Produktion von Wirtschaftsgütern gewerblich ist, müssen die artspezifischen Besonderheiten des gehandelten/produzierten Wirtschaftsguts wie etwa die Marktgängigkeit des gehandelten Objekts beachtet werden (BFH, Urteil vom 29.10.1998, XI R 80/97, BStBl II 1999, 448). Danach ist trotz der Häufigkeit des An- und Verkaufs von Wertpapieren, sofern keine "ungewöhnlichen Verhaltensweisen" vorliegen, regelmäßig "typische" Vermögensverwaltung gege...