Leitsatz
Bringt eine natürliche Person ihren gesamten Anteil an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft zum Buchwert ein und veräußert diese einen miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteil innerhalb der Sperrfrist, so unterliegt der hierdurch ausgelöste Einbringungsgewinn II nicht der Gewerbesteuer, wenn auch die Einbringung zum gemeinen Wert nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.
Normenkette
§ 7 Sätze 1 und 2 GewStG, § 22 Abs. 1 UmwStG 2006
Sachverhalt
Bis zum 17.5.2010 waren an der A-KG als Komplementärin die C-GmbH (Komplementär-GmbH) und als Kommanditisten die Eheleute B mit je 25,5 % sowie die D-GmbH mit 49 % beteiligt. Die Kommanditisten waren zugleich Gesellschafter zweier Kapitalgesellschaften. So hielten die Eheleute B und die D-GmbH jeweils Anteile an der Komplementär-GmbH. An der E-GmbH waren die Kommanditisten mit nahezu identischen Quoten beteiligt. Die Beteiligungen gehörten zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten der A-KG.
Am 18.3.2010 hatten die Eheleute B bereits die F-GmbH gegründet, deren Geschäftsanteile sie zu gleichen Teilen hielten.
Am 17.5.2010 brachten die Eheleute B ihre Gesellschaftsanteile an der A-KG, der Komplementär-GmbH und der E-GmbH zum Zwischenwert gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile nach § 20 UmwStG in die F-GmbH ein.
Am selben Tag veräußerte die F-GmbH die eingebrachten Kommanditanteile an der A-KG sowie die eingebrachten Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH und der E-GmbH mit Wirkung zum 30.6.2010 an die D-GmbH.
Die Beteiligten gingen übereinstimmend davon aus, dass aufgrund der Veräußerung der Geschäftsanteile an der E-GmbH durch die F-GmbH gemäß § 22 Abs. 2 UmwStG ein Einbringungsgewinn II entstanden war.
Das FA erfasste diesen gemäß § 3 Nr. 40 EStG zu 60 % bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21.3.2018, 1 K 1/16, Haufe-Index 11650296, EFG 2018, 861).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA zurück und bestätigte das FG-Urteil als rechtsfehlerfrei. Wegen der Gründe wird auf die Praxis-Hinweise verwiesen.
Hinweis
1. Es handelt sich um die zeitgleich ergangene Parallelentscheidung des BFH zur Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns I (BFH, Urteil vom 11.7.2019, I R 26/18, BFH/NV 2020, 439, BFH/PR 2020, 128), die in der vorangegangenen Kommentierung erläutert wurde. Vorliegend geht es um den Einbringungsgewinn II (EGB II).
2. Wann ein Einbringungsgewinn I entsteht, kann den Praxis-Hinweisen der o.g. Kommentierung zu Urteil I R 26/18 entnommen werden.
Der Entstehung eines Einbringungsgewinns II liegt typischerweise ein Anteilstausch oder seltener, wie auch in der Besprechungsentscheidung, eine sog. Miteinbringung von Kapitalgesellschaftsanteilen zugrunde: Zu dem – im Rahmen der Sacheinlage zum Buchwert eingebrachten – Mitunternehmeranteil gehört ein Kapitalgesellschaftsanteil, z.B. bei einer GmbH & Co. KG die Beteiligung an der Komplementär-GmbH. Der Einbringungsgewinn II wird in einem solchen Fall ausgelöst, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist den miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteil veräußert (und der Gewinn aus der Veräußerung dieses Anteils im Einbringungszeitpunkt auch nicht dem Regime des § 8b Abs. 2 KStG unterlegen hätte).
3. Wie beim Einbringungsgewinn I ist die ertragsteuerliche Rechtslage klar. Unklar ist auch hier, ob der Einbringungsgewinn II bei einer Veräußerung des miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteils der Gewerbesteuer unterliegt.
Bei der Beantwortung dieser Frage kann auf die o.g. Kommentierung zu Urteil I R 26/18 verwiesen werden: Auch beim Einbringungsgewinn II geht es um die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsvorgangs.
Hat eine natürliche Person den Mitunternehmeranteil – inklusive des miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteils – vollständig eingebracht und wäre mit diesem Vorgang die Einstellung der gewerblichen Aktivitäten dieser Person verbunden gewesen, dann hätte die Aufdeckung der stillen Reserven keine gewerbesteuerliche Belastung nach sich gezogen (fehlende Gewerbesteuerbarkeit von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen nach ständiger Rechtsprechung). Es ist kein Grund ersichtlich, warum dies bei einer nachträglichen Auslösung des Einbringungs-/Veräußerungsgewinns anders sein sollte.
4. Das FA ging im Streitfall von einer Gewerbesteuerpflicht des EBG II aus. Es war der Auffassung, dass dieser selektiv lediglich die Veräußerung der miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile und nicht die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils erfasse. Besteuerungsrelevant sei damit ein Einzel-Wirtschaftsgut (Kapitalgesellschaftsbeteiligung), auch wenn dieses ursprünglich zu einer Sachgesamtheit (Mitunternehmeranteil) gehört habe. Da auch bei einer isolierten Veräußerung der zum Sonderbetriebsvermögen II gehörenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch einen Mitunternehmer Gewerbesteuer ausgelöst worden wäre (vgl. BFH, Ur...