Leitsatz
Ist bei einer KGaA die nicht am Kapital beteiligte Komplementärin, eine GmbH & Co. KG (KG), zu 100 % an ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, einer GmbH, beteiligt, und sind in dieser GmbH sowohl Kommanditisten der KG als auch nicht an der KG beteiligte Personen Geschäftsführer, führt die Übertragung der Geschäftsführung der KGaA durch Anstellungsvertrag auf diese Personen (sog. Drittanstellung) nicht dazu, dass die dadurch ausgelösten Aufwendungen die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 4 GewStG bei der Gewerbeertragsermittlung der KGaA mindern, wenn der KG durch Satzung ein entsprechender Ersatzanspruch zusteht. Die Geschäftsführer der KGaA üben dann faktisch und wirtschaftlich ihre Tätigkeit für Rechnung der KG aus.
Normenkette
§ 8 Nr. 4, § 9 Nr. 2b GewStG, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine KGaA, ist im …gewerbe tätig und hält Mehrheitsbeteiligungen an anderen Firmen, teils als Organträger. Komplementärin der Klägerin ist die … GmbH & Co. KG (KG), die nicht am Kapital der Klägerin beteiligt ist. Den Großteil der Kommanditaktien hielt in den Jahren 2011 und 2012 (streitige Erhebungszeiträume) die ... GmbH, die restlichen Kommanditaktien hielten verschiedene (in erster Linie natürliche) Personen, u.a. K, R und H.
An der KG ist als persönlich haftende Gesellschafterin die S-GmbH ohne Kapitalanteil beteiligt. Die KG ist wiederum an der S-GmbH zu 100 % beteiligt. Geschäftsführer der S-GmbH waren in den streitigen Erhebungszeiträumen K, R und H und ab 2012 L.
In der Satzung der Klägerin ist u.a. Folgendes geregelt:
„§ 8 Persönlich haftender Gesellschafter, Konten, Anteil am Gewinn und Verlust
(1) Persönlich haftender Gesellschafter ist die [KG] mit Sitz in [Z, Inland].
(2) Der persönlich haftende Gesellschafter ist ohne Kapitalanteil an der Gesellschaft beteiligt …
§ 9 Aufwendungsersatz und Haftungsvergütung des persönlich haftenden Gesellschafters
(1) Dem persönlich haftenden Gesellschafter sind zu Lasten der Ergebnisrechnung alle Aufwendungen für die Geschäftsführung zu erstatten, soweit sie angemessen sind …
(2) Der Aufwendungsersatz erfasst alle Aufwendungen, die beim persönlich haftenden Gesellschafter im Zusammenhang mit der Geschäftsführung der Gesellschaft anfallen …
§ 11 Vertretung
Die Gesellschaft wird von dem persönlich haftenden Gesellschafter allein vertreten …
§ 12 Geschäftsführung
(1) Die Geschäftsführung obliegt dem persönlich haftenden Gesellschafter.
(2) Das Widerspruchsrecht der Kommanditaktionäre nach § 164 Satz 1, 2. Halbsatz HGB ist ausgeschlossen …
(8) Dem Aufsichtsrat steht hinsichtlich der personellen Zusammensetzung der Geschäftsführung des persönlich haftenden Gesellschafters ein Mitwirkungsrecht insoweit zu, als er von der Bestellung bzw. Abberufung von Mitgliedern der Geschäftsführung der Komplementär GmbH des persönlich haftenden Gesellschafters zu informieren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist.”
In den Anstellungsverträgen der Geschäftsführer K, R, H und L war unter Nr. 2.3 des jeweiligen Anstellungsvertrages vereinbart:
„2. Grundpflichten, Zuständigkeit
...
2.3. Herr [...] führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages der [S GmbH], der [KG] und der [Klägerin] und der erlassenen Geschäftsordnung …”
Die Geschäftsführer bezogen für ihre Geschäftsführertätigkeit Sondervergütungen sowohl in Form von gewinnunabhängigen Gehältern als auch von gewinnabhängigen Tantiemen.
In den streitigen Erhebungszeiträumen wurden die Geschäftsführervergütungen nach § 8 Nr. 4 GewStG zunächst i.H.v. … EUR (2011) und … EUR (2012) dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet.
Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass sich die Zurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG auf sämtliche Vergütungen an die persönlich haftende Gesellschafterin erstrecken müsse. Dabei spiele es keine Rolle, ob die mit der Geschäftsführung betrauten Personen selbst an der geschäftsführenden KG beteiligt seien oder nicht. Die Hinzurechnungsbeträge berechnete der Prüfer wie folgt (in EUR): […]
Das FA folgte dem und erließ am 14.1.2016 gegenüber der Klägerin geänderte Bescheide über den GewSt-Messbetrag für 2011 und 2012. Der Bescheid für 2012 wurde aus nicht streitbefangenen Gründen am 3.11.2016 erneut geändert.
Dagegen hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, die das FG als unbegründet abgewiesen hat (FG München, Urteil vom 20.2.2020, 13 K 1151/17, Haufe-Index 13802315, EFG 2020, 788).
Entscheidung
Auch die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg. Der BFH hat sie aus Gründen, die den Praxis-Hinweisen entnommen werden können, zurückgewiesen.
Hinweis
1. Die Entscheidung befasst sich mit einer in der Praxis durchaus gebräuchlichen Gestaltung, mit der bei einer KGaA die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 4 GewStGvermieden werden soll. Dieses Ziel soll durch eine sog. Drittanstellung erreicht werden. Der BFH ist dem entgegengetreten und hat entschieden, dass auch bei dieser sog. Drittanstellung die Hinzurechnung vorzunehmen ist.
2. Die ...