Leitsatz
Die Hinzurechnung von Mietzinsen zur Ermittlung des Gewerbeertrages (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) setzt voraus, dass sich jene Entgelte auf die Benutzung solcher unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beziehen, die im Eigentum eines anderen stehen. Die aus diesem Gesetzeswortlaut abzuleitende fiktionale Annahme von Anlagevermögen als Tatbestandsvoraussetzung muss den konkreten Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren (Senatsurteile vom 29. November 1972 I R 178/70, BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148; vom 30. März 1994 I R 123/93, BFHE 174, 554, BStBl II 1994, 810; vom 4. Juni 2014 I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289). Eine Geschäftstätigkeit als sog. Durchführungsgesellschaft schließt die Annahme von (fiktionalem) Anlagevermögen an den angemieteten Messeflächen aus.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG, § 247 Abs. 2 HGB
Sachverhalt
Die klagende GmbH war im Jahr 2008 (Streitjahr) u.a. als sog. Durchführungsgesellschaft für Auslandsmessebeteiligungen der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) bzw. des Freistaats Bayern tätig und organisierte die (amtlichen) Messebeteiligungen in deren Auftrag.
Zur Durchführung der Messebeteiligungen schloss die Klägerin im eigenen Namen sog. "Ausstellerverträge" mit den Veranstaltern der Messe ab. Das Entgelt für die Überlassung der Ausstellungsflächen wurde in allen Verträgen nach der Anzahl der Quadratmeter bemessen. Des Weiteren schloss die Klägerin im eigenen Namen Verträge mit den teilnehmenden Unternehmen über die "Zulassung" zum Gemeinschaftsstand ab; hierfür stellte sie den Beteiligungsbeitrag in Rechnung.
Im Rahmen des Auftragsverhältnisses rechnete die Klägerin ihre Aufwendungen für die Gemeinschaftsstände, soweit diese nicht über die Beteiligungsbeiträge mit den teilnehmenden Unternehmen abgedeckt wurden, mit ihren Auftraggebern (Bund oder Freistaat) ab.
Die Klägerin ermittelte für ihre Erklärung zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 2008 den Gewerbeertrag in der Weise, dass sie die von ihr für die Zurverfügungstellung der Messeflächen an die Messeveranstalter zu zahlenden Entgelte als Betriebsausgaben gewinnmindernd, die Zahlungen des Bundes bzw. des Freistaats Bayern aufgrund des Auftragsverhältnisses sowie der am Gemeinschaftsstand teilnehmenden Firmen (Beteiligungsbeiträge) gewinnerhöhend (Betriebseinnahmen) ansetzte.
Das FA rechnete die Aufwendungen der Klägerin für die entgeltliche Überlassung der Ausstellungsflächen auf den Auslandsmessen dem Gewinn zur Ermittlung des Gewerbeertrags hinzu. Die Klage war erfolglos (FG München, Urteil vom 8.6.2015, 7 K 3250/12, Haufe-Index 8515798, EFG 2015, 1835).
Entscheidung
Der BFH hob das vorinstanzliche Urteil auf und gab der Klage statt.
Hinweis
1. Es geht um eine äußerst praxisrelevante Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Ermittlung des Gewerbeertrags – konkret um die Hinzurechnung von Mietzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG), wobei die Antwort die Hinzurechnungssituation bei Mietzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG) ebenfalls betrifft.
2. Die Klägerin war als sog. Durchführungsgesellschaft tätig – dies ist ein Unternehmen, das zwischen Veranstalter und Aussteller geschaltet ist und die Gemeinschaftsausstellung im eigenen Namen organisiert (s. Abschn. 13b.10. Abs. 3 Satz 2 UStAE). Dabei folgte der BFH der Würdigung des FG, dass die von der Klägerin an die ausländischen Messeunternehmen geleisteten Entgelte als Miete (Mietverträge als vertragliche Grundlagen) anzusehen waren (Gewährung des Gebrauchs einer Fläche im Rahmen der Ausstellung als Hauptpflicht der Messeunternehmen; Berechnung der Entgelthöhe anhand der Größe der überlassenen Fläche; die organisatorischen und technischen Nebenleistungen dienten dazu, der Klägerin den vertragsgemäßen Gebrauch der Fläche im Rahmen der Veranstaltung zu ermöglichen).
3. Die Hinzurechnung setzt allerdings voraus, dass die Entgelte "für die Benutzung (solcher) unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (bezahlt werden), die im Eigentum eines anderen stehen". Nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen sind Anlagevermögen die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter. Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre. Diese Fiktion ist auf den Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG zurückzuführen, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln.
Diese Voraussetzung sah der BFH als nicht erfüllt an: Zwar standen die angemieteten Flächen im Eigentum Dritter. Wäre die Klägerin Eigentümerin der Ausstellungsfläche...