Leitsatz
Immobilienobjekte sind in der Regel nicht in einen gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen, wenn sie zu eigenen Wohnzwecken erworben werden.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erwarb und veräußerte in den Jahren 1988 bis 1993 insgesamt 7 Immobilien (3 Eigentumswohnungen und 2 unbebaute Grundstücke). Eine der Eigentumswohnungen hatte er unmittelbar nach deren Erwerb und Herrichtung mit seiner Familie bis zur Veräußerung zu eigenen Wohnzwecken genutzt. 1994 verzog der Kläger nach Spanien.
Das FA nahm hinsichtlich sämtlicher 7 Objekte einen gewerblichen Grundstückshandel an. Das FG bestätigte diese Auffassung. Die Revision des Klägers hatte (nur) insoweit Erfolg, als der BFH den bei der Veräußerung der selbst genutzten Eigentumswohnung erzielten Gewinn aus dem Gesamtergebnis des gewerblichen Grundstückshandels ausschied.
Entscheidung
Zutreffend hätten FA und FG die 4 vom Kläger vermieteten Eigentumswohnungen und die beiden unbebauten Grundstücke in einen gewerblichen Grundstückshandel des Klägers einbezogen. Alle diese Objekte seien – mit einer Ausnahme – innerhalb von 5 Jahren nach ihren Anschaffungen veräußert worden.
Aber auch die nach zwischenzeitlicher unbefristeter Vermietung erst rd. 8 Jahre nach Anschaffung verkaufte Eigentumswohnung sei in den gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen. Die vom BFH gebildete Fünf-Jahres-Grenze sei nicht starr zu handhaben. Trotz Überschreitens dieser Grenze könnten es die besonderen Umstände des Einzelfalls gebieten, auch solche Veräußerungen beim gewerblichen Grundstückshandel zu erfassen, bei denen Errichtung und Verkauf zwischen 5 und 10 Jahre betrage. Solche besonderen Umstände seien im hier vorliegenden Fall zum einen die Anzahl der vom Kläger binnen 5 Jahren verkauften Objekte und zum anderen die Tatsache, dass sämtliche 6 Objekte innerhalb eines kurzen Zeitraums von weniger als 5 Jahren verkauft und die 6 Einzelveräußerungen dadurch verklammert worden seien.
Vom gewerblichen Grundstückshandel auszunehmen seien dagegen im Regelfall und auch hier die zu eigenen Wohnzwecken genutzten Objekte. Dies folge insbesondere aus der Erwägung, dass solche Objekte nach den Wertungen des EStG grundsätzlich zur ureigenen Privatsphäre gehörten.
Hinweis
Das Bemerkenswerte des vorliegenden Urteils liegt vor allem in der Aussage, dass vom Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilienobjekte im Regelfall nicht in einen gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen sind. Das Wohnen im eigenen Haus rechnet – so der BFH – nach den Wertungen des EStG grundsätzlich zur ureigenen Privatsphäre. Dem ist beizupflichten.
Eigen genutzte Wohnobjekte gehören in aller Regel – von besonders gelagerten, namentlich bei einer nur kürzerfristigen, vorübergehenden Eigennutzung in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 11.4.1989, VIII R 266/84, BStBl II 1989, 621) – zum notwendigen Privatvermögen und nicht zum (notwendigen oder gar auch nur zum gewillkürten) Betriebsvermögen. Diese Sichtweise liefert auch den tieferen Grund dafür, dass die Rechtsprechung des BFH die Zuordnung von selbst nur vorübergehend, über einen Zeitraum von weniger als fünf Jahren eigen genutzten Wohnobjekten – anders als bei vermieteten Objekten – zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels dann verneint, wenn der Steuerpflichtige den Verkauf mit offensichtlichen Sachzwängen – wie etwa beruflich bedingten örtlichen Veränderungen, dem Umzug in eine näher am Arbeitsplatz gelegene Wohnung, größerem Platzbedarf durch Familienzuwachs, Trennung der Eheleute oder anderen plausiblen Gründen – zu rechtfertigen vermag (vgl. BFH, Urteil vom 23.2.1994, X R 98/91, BFH/NV 1994, 627, unter 3.).
Zum Zweck der Selbstnutzung erworbene oder errichtete Wohnobjekte und mit dem Ziel der kurz- oder unbefristeten Vermietung angeschaffte oder hergestellte Immobilien können in Bezug auf die Frage einer bereits bei Erwerb oder Errichtung vorhandenen (bedingten) Veräußerungsabsicht auch deshalb nicht gleich behandelt werden, weil erstere jedenfalls regelmäßig zur Befriedigung der eigenen individuellen, mitunter repräsentativen Wohnbedürfnisse unter Außerachtlassung von Renditeerwägungen besonders ausgewählt sowie unter Umständen erheblichem Kostenaufwand hergerichtet und ausgestattet und dementsprechend der nicht nur vorübergehenden Eigennutzung gewidmet werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.10.2002, X R 74/99