Leitsatz
1. Werden bislang zum Anlagevermögen eines (ruhenden) Gewerbebetriebs gehörende gewerblich genutzte Räume in Eigentumswohnungen umgebaut, um diese anschließend zu veräußern, so gehen sie zum Buchwert aus dem Betriebsvermögen des (ruhenden) Gewerbebetriebs in das Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels über.
2. Veräußert der Steuerpflichtige ein seit seiner Anschaffung oder Errichtung zu eigenen Wohnzwecken genutztes Immobilienobjekt und beruht diese Veräußerung auf offensichtlichen Sachzwängen (z.B. einer nicht vorhergesehenen finanziellen Notlage), so kann dieses Objekt in der Regel auch dann nicht in einen gewerblichen Grundstückshandel einbezogen werden, wenn die Zeitspanne zwischen Erwerb (Errichtung) und Verkauf weniger als fünf Jahre beträgt.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger, ein nichtselbstständig tätiger Richtmeister, erwarb im März 1985 das bebaute Grundstück A-Straße. Die Räume im Erdgeschoss baute er zu einer Gaststätte und Sauna aus. Die Wohnung im Obergeschoss richtete er für eigene Wohnzwecke her. Im bisher nicht ausgebauten Dachgeschoss schuf er zwei neue Wohnungen, die er vermietete.
Der Kläger nutzte die Erdgeschossräume zunächst zu eigenen gewerblichen Zwecken. Ab Mitte 1987 verpachtete er den Betrieb bis März 1990, ohne die Betriebsaufgabe zu erklären. 1990 baute er die bisher gewerblich genutzten Erdgeschossräume in zwei Wohnungen um. Da der Kläger in finanzielle Schwierigkeiten geraten war und nachdem er alle fünf Wohnungen in Wohnungseigentumseinheiten aufgeteilt hatte, veräußerte er die Wohnungen in der Zeit von Mai 1990 bis Januar 1991 mit Hilfe eines Maklers, den er bereits Mitte 1989 mit dem Verkauf des gesamten Grundstücks beauftragt hatte, an verschiedene Erwerber. Zudem veräußerte der Kläger 1995 ein von ihm Ende 1990 erworbenes und eigengenutztes Einfamilienhausgrundstück.
Das FA meinte, dass der Kläger keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Mit der Klage machte der Kläger geltend, er habe sich als gewerblicher Grundstückshändler betätigt und daraus einen Verlust erzielt. Das FG wies die Klage ab (EFG 2000, 930). Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
1. Zutreffend seien das FG und die Beteiligten davon ausgegangen, dass die beiden innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Fertigstellung veräußerten Dachgeschosswohnungen in einen gewerblichen Grundstückshandel des Klägers einzubeziehen seien. Dies gelte auch dann, wenn hieraus Verluste entstanden sein sollten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Objekte (ohne Gewinn) an Verwandte oder Bekannte veräußert oder verschenkt worden seien, habe das FG nicht festgestellt.
2. Das FG habe übersehen, dass die 1990 vorgenommene Umgestaltung der Gaststätten- und Saunaräume im Erdgeschoss in zwei Wohnungen zu einer Betriebsaufgabe geführt habe. Denn mit dieser Umgestaltung habe der Kläger unumkehrbare Verhältnisse geschaffen, welche die von der Rechtsprechung des BFH für das Fortbestehen des Verpächterwahlrechts (vgl. BFH, Urteil vom 13.11.1963, GrS 1/63 S, BStBl III 1964, 124) geforderte (abstrakte) Möglichkeit zur Weiterführung des Betriebs durch den Steuerpflichtigen (oder einen Rechtsnachfolger) ausschlössen. Bei Bejahung eines gewerblichen Grundstückshandels seien die beiden Erdgeschosswohnungen zum Buchwert aus dem Betriebsvermögen des ruhenden Gewerbebetriebs in das Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels überführt worden.
3. Zu Recht sei das FG davon ausgegangen, dass die vom Kläger selbstgenutzte Wohnung im Obergeschoss nicht in einen gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen sei. Das Wohnen im eigenen Haus rechne nach den Wertungen des EStG zur ureigenen Privatsphäre. Eigengenutzte Wohnobjekte gehörten deshalb in aller Regel zum notwendigen Privatvermögen.
4. Nach denselben Grundsätzen sei zu entscheiden, ob das Einfamilienhaus in einen gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen sei.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil beschäftigt sich zum einen mit der Frage, ob Immobilienobjekte dem Anlagevermögen eines Gewerbebetriebs (Gaststätte und Sauna) oder dem Umlaufvermögen eines zweiten Gewerbebetriebs (gewerblicher Grundstückshandel) desselben Steuerpflichtigen zuzuordnen sind und welche Rechtsfolgen der Übergang von dem einen in den anderen Betrieb auslöst. Mit einer solchen Zuordnungsfrage hatte sich der BFH, soweit ersichtlich, bislang nur einmal zu befassen (vgl. Urteil vom 21.6.2001, III R 27/98, BFH/NV 2001, 1641).
2. Zum anderen setzt sich das Besprechungsurteil ausführlich mit dem Problem auseinander, ob und inwieweit zu eigenen Wohnzwecken genutzte Objekte bei deren Veräußerung innerhalb einer Haltefrist bis zu zehn Jahren in einen gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen sind. Das Urteil klammert solche Objekte grundsätzlich aus dem gewerblichen Grundstückshandel aus.
Zum Zweck der Selbstnutzung erworbene oder errichtete Objekte und vermietete Objekte können schon deshalb nicht nach denselben Grun...