Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 135
Dem Grunde nach zählen zu den Vertriebskosten alle Aufwendungen, die mit Vorbereitung, Förderung, Durchführung und Überwachung des Absatzes der Produkte und Dienstleistungen verbunden sind. Sie fallen durchweg nach der Herstellung an. Im Einzelnen sind dies die i. d. R. dem Produkt direkt zuzurechnenden Vertriebseinzelkosten (z. B. Ausgaben für Spezialverpackung und ‐Transport, Provisionen) und die Vertriebsgemeinkosten (Ausgaben für Personal- und Sachkosten der Marketingabteilungen, einschließlich Akquisition, Vertrieb und Außendienst, Kosten der Marktforschung, Werbung und allgemeine Verkaufsförderung, Kosten der Absatzlogistik; administrative Auftragsbearbeitung, Auslieferungslager, Fuhrpark; absatzbezogene Fremdleistungen, absatzbezogene Lizenzgebühren und Konventionalstrafen, Garantieaufwand etc.).
Die Vertriebsgemeinkosten enthalten u. a. auch die planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Anlage- und des Umlaufvermögens (einschl. den dem Vertriebsbereich zuzuordnenden Kundenforderungen) nach § 253 Abs. 3 Sätze 5 f. und Abs. 4 HGB. Umstritten sind insbesondere Abschreibungen auf Beteiligungsbuchwerte an Tochterunternehmen, die ausschließlich Vertriebsfunktionen wahrnehmen; konkurrierend ist hier der Spezialpostenausweis des § 275 Abs. 3 Nr. 11 HGB (s. auch Rz. 137).
Ebenfalls sind die absatzwirtschaftlichen Verwaltungskosten in die Vertriebskosten einzubeziehen, da der Sonderausweis der Position Nr. 5 UKV nur "Allgemeine" Verwaltungskosten umfasst. Zinsaufwendungen sind jedoch gesondert unter Position Nr. 12 UKV zu erfassen, Umsatzsteuern und sonstige direkt mit dem Umsatz verbundene Steuern sind direkt von Position Nr. 1 abzusetzen (§ 277 Abs. 1 HGB). Dagegen können auf den Vertriebsbereich entfallende Betriebssteuern (z. B. Grundsteuer auf die durch den Vertrieb genutzten Gebäude sowie Kfz-Steuern für die dem Vertriebsbereich zugeordneten Fahrzeuge) unter den Vertriebskosten oder unter den sonstigen Steuern ausgewiesen werden.
Rz. 136
Der Höhe nach sind hier alle "Vertriebskosten" der Periode anzusetzen, ohne dass ein Bezug auf die in der Periode abgesetzten Leistungen erforderlich ist; eine Einbeziehung in die Herstellungskosten kommt bilanziell ohnehin nicht in Betracht (§ 255 Abs. 2 Satz 4 HGB).
Ebenso wie bei den Herstellungskosten handelt es sich bei den Vertriebskosten nicht um Kosten im Sinne der Kostenrechnung; zutreffender wäre es somit von "Vertriebsaufwendungen" zu sprechen (vgl. Rz. 131).
Rz. 137
Bei Durchführung des Vertriebs durch eigene dazu bestimmte Tochtergesellschaften sind die den Vertriebsgesellschaften hierfür gewährten Entgelte unter Position Nr. 4 UKV auszuweisen; ein darüber hinausgehender vom Gesellschafterunternehmen zu übernehmender Verlust ist grundsätzlich unter Position Nr. 11a UKV auszuweisen. Falls der zu übernehmende Verlust jedoch ausschließlich Vertriebskostencharakter hat, ist auch ein Sonderausweis unter Position Nr. 4 UKV möglich.
Soweit in den Vertriebskosten außerplanmäßige Abschreibungen auf das Anlagevermögen nach § 253 Abs. 3 Sätze 5 f. HGB enthalten sind, besteht gemäß § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB eine separate Ausweispflicht in der GuV-Rechnung oder im Anhang.