Umsätze sind nach Maßgabe der Erfüllung der Leistungsverpflichtungen zu realisieren (IFRS 15.31). Hierbei ist gemäß IFRS 15.38 – wie im HGB – zwischen zeitpunktbezogenen und zeitraumbezogenen Leistungen zu unterscheiden.
- Bei zeitpunktbezogenen Leistungen wird der Umsatz im Erfüllungszeitpunkt realisiert, bei Lieferung von Waren etwa mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums.
- Zeitraumbezogene Leistungen sind nach Leistungsfortschritt zu realisieren, wobei dieser häufig dem Zeitablauf entspricht, so etwa bei Lizenzierung einer Marke auf fünf Jahre oder bei einem Mobilfunkvertrag über 24 Monate. In anderen Fällen (so etwa bei den nachfolgend behandelten Fertigungsaufträgen) ist eine andere angemessene Methode zur Bestimmung des Leistungsfortschritts anzuwenden.
Vom HGB unterscheiden sich die Realisationsregeln des IFRS 15 vor allem dadurch, dass sie bestimmte Fertigungsaufträge nicht als Zeitpunkt-, sondern als Zeitraumleistungen betrachten, mit der Folge, dass Umsatz nicht erst bei Fertigstellung, sondern schon begleitend zum Fertigungsfortschritt auszuweisen ist. Betroffen sind nach IFRS 15.35(c) nur solche Fertigungsfälle, in denen das leistungserbringende Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine alternative Verkaufs- bzw. Verwendungsmöglichkeit für den in Herstellung befindlichen Vermögenswert hat. Zunächst ein Beispiel zu den rechtlichen Gründen:
Beispiel
Bauunternehmer B errichtet auf eigenem Grundstück ein Wohnhaus, um es in Form von Eigentumswohnungen zu veräußern. Schon vor Baubeginn veräußert er die Eigentumswohnung Nr. 6 im zweiten Stock links, Gartenseite, notariell an den Käufer K. Die Wohnung unterscheidet sich in Größe, Ausstattung, Raumaufteilung usw. nicht von den Wohnungen Nr. 4 und Nr. 2 im gleichen Gebäude. Gleichwohl ist sie kundenspezifisch i. S. v. IFRS 15.35(c), da der Kaufvertrag B zur Übereignung der konkret lokalisierten Wohnung Nr. 6 (zweiter Stock links, Gartenseite) verpflichtet, also B selbst dann aus rechtlichen Gründen gehindert ist, die Wohnung an einen anderen zu verkaufen, wenn er eine gleichwertig andere Wohnung anbietet.
Kein substanzielles rechtliches Hindernis liegt nach IFRS 15.B7 vor, wenn der versprochene Vermögenswert austauschbar ist, also an einen anderen gegeben werden könnte und ohne Vertragsbruch dem eigentlichen Kunden der gleichartige Vermögenswert geliefert werden könnte.
Aus tatsächlichen Gründen (practical limitations) scheidet eine alternative Nutzung nach IFRS 15.B8 aus, wenn der Vermögenswert nach spezifischen Vorgaben des Kunden erstellt wird und ohne signifikante ökonomische Einbußen (in der Form von Preisabschlägen oder kostenintensiven Anpassungsarbeiten) nicht an einen anderen Kunden verkauft werden könnte. Das erforderliche Signifikanzurteil ist naturgemäß ermessensbehaftet, wie folgendes Beispiel aus dem Schiffsbau zeigt:
Beispiel
Schiffsbauer F produziert für das Touristikunternehmen T ein Kreuzfahrtschiff nach spezifischen Kundenvorgaben.
Um die Erlöse aus einer zeitraumbezogenen Leistung den einzelnen Berichtsperioden zuordnen zu können, ist gemäß IFRS 15.39 zu jedem Bilanzstichtag (oder Stichtag einer Zwischenberichtsperiode) der Leistungsfortschritt bzw. Fertigstellungsgrad (progress towards complete satisfaction of that performance obligation) zu ermitteln. Für jede Leistungsverpflichtung ist eine einzige Methode anzuwenden. Diese ist auf ähnliche Leistungsverpflichtungen und unter ähnlichen Umständen konsistent anzuwenden (IFRS 15.40).
Zur Ermittlung des Leistungsfortschritts kommen Einsatz- und Leistungsverfahren, d. h. input- und outputorientierte Verfahren, in Betracht:
- Bei inputorientierten Verfahren wird der Fertigstellungsgrad durch das Verhältnis des bis zum Stichtag bereits erfolgten Faktoreinsatzes zum erwarteten gesamten Faktoreinsatz gemessen.
- Bei outputorientierten Verfahren wird hingegen der dem Kunden bereits durch Erfüllung der Leistungsverpflichtung zugeflossene Nutzen zum Gesamtnutzen (in Form von Gütern und sonstigen Leistungen) aus der Leistungsverpflichtung ins Verhältnis gesetzt.
Wichtigstes Inputverfahren ist die cost-to-cost-Methode. Sie bestimmt den Leistungsfortschritt nach dem Verhältnis der bis zum Stichtag angefallenen Auftragskosten zu den geschätzten gesamten Auftragskosten. Andere Inputverfahren bemessen den Faktoreinsatz nicht in Geld, sondern an einem Mengenmaßstab (geleistete Bemühungen bzw. efforts expended), also etwa bei lohnintensiver Tätigkeit an der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden (im Verhältnis zur geschätzten Gesamtzahl) oder bei anlageintensiver Tätigkeit an der Zahl der Maschinenstunden.
Outputverfahren können bei einem zu erbringenden Gesamtwerk (z. B. Brückenbau) auf physische Teilleistungen (z. B. Brückenpfeiler) oder auf vertraglich festgelegte milestones abstellen, bei einer Summe von nacheinander erbrachten Einzelleistungen (z. B. zehn Einfamilienhäuser) auf die Zahl der bereits fertiggestellten Einheiten (units produced).
Abb. 1 zeigt die Bandbreite der Methoden.
Abb...