Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 20
Im Unterschied zum Vorgängerstandard IAS 1 gibt IFRS 18 branchenübergreifend eine Struktur für die Untergliederung der GuV-Rechnung nach Kategorien vor. Nach IFRS 18.47 sind sämtliche in der IFRS-GuV-Rechnung abzubildenden Erträge und Aufwendungen in einer der folgenden 5 Kategorien zu erfassen:
- die operative bzw. betriebliche Kategorie,
- die investive Kategorie,
- die Finanzierungskategorie,
- die Ertragsteuern und
- die aufgegebenen Geschäftsbereiche.
Rz. 20a
Die operative bzw. betriebliche Kategorie wird in IFRS 18.52 negativ abgegrenzt. Wegen bereits mehrerer unternommener, letztlich jedoch nicht erfolgreicher Versuche "betriebliche Aktivitäten" bzw. das "Ergebnis der Betriebstätigkeit" branchenübergreifend zu definieren und der Tatsache, dass Unternehmen mehrere Hauptgeschäftstätigkeiten (insbes. sog. spezifizierte Hauptgeschäftstätigkeiten) haben können, verzichtet IFRS 18.52 auf eine (Positiv-)Definition der Hauptgeschäftstätigkeiten; aus diesem Grund wird die betriebliche Kategorie als Residualkategorie abgegrenzt. Dementsprechend sind der betrieblichen Kategorie alle Erträge und Aufwendungen zuzuordnen, die weder in der investiven Kategorie, der Finanzierungskategorie zu erfassen noch unter den Steuern und den aufgegebenen Geschäftsbereichen auszuweisen sind. Allerdings ist eine Einbeziehung von Gewinnen und Verlusten aus Erträgen und Aufwendungen aus den at equity bewerteten Beteiligungen an Gemeinschaftsunternehmen und assoziierten Unternehmen (im separaten Einzelabschluss zusätzlich auch Tochterunternehmen bei Wahl dieser Bewertungsmethode) in das betriebliche Ergebnis nicht möglich, selbst wenn diese Beteiligungen eng mit der Betriebstätigkeit verbunden sind. In der betrieblichen Kategorie – wie auch in den anderen Kategorien der GuV-Rechnung – sind alle dieser Kategorie zuzuordnenden Erträge und Aufwendungen zu erfassen, unabhängig davon, ob diese möglicherweise volatil oder voraussichtlich nicht wiederkehrend sind.
Im Zusammenhang mit der Abgrenzung der spezifizierten (angegebenen) Hauptgeschäftstätigkeiten ist insbesondere auch zu prüfen, ob die berichterstattende Einheit als eine ihrer Hauptgeschäftstätigkeit
- die Investition in bestimmte Vermögenswerte oder
- die Bereitstellung von Finanzierungen an Kunden
zum Gegenstand hat. Beispielsweise könnten Versicherungsunternehmen neben dem Versicherungsgeschäft (d. h. Übernahme von Risiken der Kunden gegen Entgelt) auch die Investition in bestimmte Vermögenswerte als eine angegebene Hauptgeschäftstätigkeit ausüben. Gleiches gilt auch für Kreditinstitute. Weiterhin können auch Immobiliengesellschaften und Investmentgesellschaften i. S. des IFRS 10 die Investition in bestimmte Vermögenswerte als angegebene Hauptgeschäftstätigkeit haben.
Neben den Kreditinstituten, welche im Regelfall die Bereitstellung von Finanzierungen an Kunden als eine Hauptgeschäftstätigkeit ausüben, können aber auch Produktionsunternehmen, welche ihren Kunden zur Ermöglichung des Erwerbs ihrer produzierten Güter Finanzierungen bereitstellen (z. B. Automobilhersteller mit Kreditinstitut, welche Finanzierungen der Automobilkäufe anbietet), als eine angegebene Hauptgeschäftstätigkeit die Bereitstellung von Finanzierungen an Kunden haben. Gleiches gilt auch für Leasinggeber, die im Rahmen von Finanzierungs-Leasingverträgen ihren Kunden (den Leasingnehmern) Finanzierungen gewähren.
Die Feststellung, ob eine berichterstattende Einheit einer oder mehreren Hauptgeschäftstätigkeiten nachgeht, ist jeweils auf Ebene der berichterstattenden Einheit zu treffen; dementsprechend ist für die Konzern-GuV-Rechnung die Entscheidung über das Vorliegen einer oder mehrerer Hauptgeschäftstätigkeiten auf Ebene des Konzerns zu treffen.
Indikatoren für das Vorliegen der angegebenen Hauptgeschäftstätigkeiten sind die externe Finanzkommunikation in Bezug auf die Erklärung der Unternehmensperformance, die interne Steuerung und Bewertung der Entwicklung der Geschäftseinheiten sowie die Bildung eines extern berichtspflichtigen Segments i. S. von IFRS 8.
Sofern die berichterstattende Einheit entweder die Investition in bestimmte Vermögenswerte oder die Bereitstellung von Finanzierungen an Kunden als eine ihrer Hauptgeschäftstätigkeit ausübt, so sind die damit verbundenen Erträge und Aufwendungen grundsätzlich in der betrieblichen Kategorie auszuweisen.
Rz. 20b
Der investiven Kategorie sind solche Vermögenswerte zuzuordnen, welche eigenständig und weitestgehend unabhängig von den anderen Ressourcen der berichterstattenden Einheit sind. Die hieraus erwirtschafteten Rückflüsse können dabei entweder positiv oder negativ sein. Hierzu gehören nach IFRS 18.53 grundsätzlich
- Beteiligungen an assoziierten Unternehmen, Gemeinschaftsunternehmen und nichtkonsolidierten Tochterunternehmen,
- Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente und
- sonstige Vermögenswerte, falls diese eigenständig und weitgehend unabhängig von anderen Ressourcen der berichterstattenden Einheit Rückflüsse erwirt...